28.12.2020

Die Wirklichkeit

Man kann ja nur auf die eine, die eigene Art denken. Selbst wenn man sich in die Gedanken eines anderen hineinversetzen mag, dann geht das auch nur durch den Filter der eigenen Denkweise.

Ständig sind wir bemüht, uns das uns umgebende Chaos, genannt die Wirklichkeit zu erklären, es zu verstehen. Das, was wir verstanden haben, gleichen wir mit anderen ab und freuen uns über jede größere Schnittmenge. Mitunter machen wir eine Erklärung oder Beschreibung der Wirklichkeit, die fast stimmig sein könnte, aber knapp daneben liegt. Entweder wir irren uns, oder, wenn wir uns absichtlich daneben legen, ist es ein Witz.

In diesem Jahr habe ich gelernt, dass Menschen Gedankengänge völlig ernst meinen können, die ich für einen Witz halte. Ich bin nicht der Einzige und insofern bin ich mir meiner geistigen Gesundheit noch sicher. Aber mir ist auch klar geworden, andere können einige meiner Gedanken ebenfalls für einen Witz halten, oder für absurd. Und sie müssen darin auch nicht die Einzigen sein. 

Im Laufe der Menschheitsgeschichte hat sich schon mancher absurde Gedanke durchgesetzt und ist zum Postulat erhoben worden. Die Geschichte der katholischen Kirche allein ist voll davon. Auch die gelegentlich zur Religion erhobenen Wissenschaften sind qua der eigenen Definition immer nur der auf den neuesten Stand gebrachte Irrtum. Wir sind eben ständig bemüht, das uns umgebende Chaos zu erklären und zu verstehen.

Keiner von uns ist im Besitz der letzten Wahrheit, jeder nur im Besitz der eigenen. Der Geist ist fähig, einen Zustand zu erzeugen, in dem wir glauben, alles verstanden zu haben. Die Weltformel, die große Erkenntnis, die Erleuchtung. Ich weiß nicht, ob es jedem einmal zuteil wird, aber ich weiß auch, dass ich damit nicht alleine bin. Und ich weiß auch, dass es vergeht. Wie alles.

In diesem Jahr habe ich einiges gelernt: Wie wichtig gemeinsame Schnittmengen sind: Familie, Freundschaften, vor allem die Liebe. Wie wichtig es ist, jene ernst zu nehmen, von denen man glaubt, sie machen nur einen Witz. Und die Gewissheit, dass wir es nie verstehen werden, diese Chaos um uns herum, das wir die Wirklichkeit nennen, aber wir es nie aufgeben dürfeen, zu versuchen.

25.12.2020

Tassen



Du hast ein Dach über dem Kopf und ein warmes Bett?
Du hast einen Kühlschrank und der ist ausreichend gefüllt?
Deine Stube ist geheizt und wenn du rausgehen möchtest, hast du warme Kleidung?
Dann geht es dir gut.

Du hast mindestens einen Menschen den du liebst und du wirst auch geliebt?
Dir geht es ziemlich gut.

Du bist gesund und deine Lieben sind es auch.
Dir geht es sehr gut.

Wenn dir jetzt noch etwas fehlt, dann sind das Tassen.
Dann hast du nicht mehr alles Tassen im Schrank.

26.11.2020

Krishnamurti über Meditation, das Coca Cola Mantra und die Gier.


Ich denke, wir sollten gemeinsam über die Frage der Meditation, die verschiedenen Formen des Yoga und die erschreckend hohe Zahl von Gruppen, die die unglaublichsten Dinge praktizieren, sprechen. (Gelächter)

Sie wissen, wenn man durch die ganze Welt reist, gibt es nicht nur die Bevölkerungsexplosion, die Umweltverschmutzung und das schwere Gewicht der Bürokratie, die Tyrannei, nicht nur der Politiker und Diktatoren, sondern auch die Tyrannei der Priester, der Gurus, derer, die sagen, sie hätten die Erleuchtung erlangt und so weiter. Wenn man all dies und die entsetzlichen Bedingungen - die Armut und die Hässlichkeit der Beziehung des Menschen zum Menschen - betrachtet, wird klar, dass es eine totale Revolution geben muss. Eine andere Art von Kultur muss entstehen. Die alte Kultur ist fast tot, und doch klammern wir uns an sie, und diejenigen, die jung sind, lehnen sich dagegen auf, haben aber leider weder einen Weg noch ein Mittel gefunden, um die wesentliche Eigenschaft des Menschen, nämlich den Geist, umzuwandeln. Und solange es keine tiefgreifende psychologische Revolution gibt, wird eine bloße Reformation an der Peripherie wenig Wirkung haben. Und diese Revolution, diese psychologische Revolution, die meiner Meinung nach die einzige Revolution ist, ist durch Meditation möglich.

Meditation ist die totale Freisetzung von Energie, und darüber werden wir heute Morgen gemeinsam sprechen. Nun, das Wort "Meditation", die Grundbedeutung dieses Wortes, ist zu „messen“. Die ganze westliche Welt basiert auf dieser Idee des Messens; und im Osten haben sie gesagt, Messen sei Maya, Illusion, und deshalb müssen wir das Unermessliche finden.

Die beiden gingen auseinander, kulturell, sozial, intellektuell und religiös. Und da die Meditation ein recht komplexes Problem ist, müssen wir ziemlich langsam daran herangehen und uns ihr aus verschiedenen Blickwinkeln nähern, wobei wir uns immer wieder vor Augen halten müssen, dass eine psychologische Revolution absolut notwendig ist, damit eine andere Art von Welt, eine andere Gesellschaft entstehen kann. Ich weiß nicht, wie stark Sie sich dabei fühlen. Wahrscheinlich würden die meisten von uns, die wir bürgerlich sind, die sich in unserem kleinen Einkommen, in unserer kleinen Familie und so weiter und so fort wohl fühlen, lieber so bleiben, wie wir sind, und nicht gestört werden, aber die Ereignisse, die Technologie und all die Dinge, die in der Welt geschehen, bewirken nach außen hin große Veränderungen. Aber innerlich bleiben die meisten von uns mehr oder weniger so, wie wir seit Jahrhunderten sind, und diese Revolution kann nur im Zentrum unseres Seins stattfinden. Und diese Revolution erfordert einen großen Überfluss an Energie. Und Meditation ist die Freisetzung dieser gesamten Energie. Wir werden darüber sprechen.

Sehen Sie, zunächst einmal, wie soll man diese Qualität von Energie haben, die ohne Reibung ist?

Wir kennen die mechanische Energie, die Reibung ist, mechanisch, und die Reibung, die in uns Energie erzeugt, durch Konflikt, durch Widerstand, durch Kontrolle und dem ganzen Rest davon.

Es gibt also zwei verschiedene Arten von Energien, die mechanische, die Reibung, aber gibt es irgendeine andere Art von Energie, die keinerlei Reibung hat und daher völlig frei und unermesslich ist?

Ich denke, Meditation ist die Entdeckung dessen, denn wenn man nicht über eine große Fülle von Energie verfügt, nicht nur physisch, sondern viel mehr psychologisch, intellektuell, werden unsere Handlungen niemals vollständig sein. Sie wird immer Reibung, Konflikt, Kampf erzeugen.


Wenn man sich also die verschiedenen Meditationsformen in der ganzen Welt ansieht, einschließlich Zen, die verschiedenen Formen des Yoga, die aus Indien mitgebracht wurden, und die verschiedenen kontemplativen Gruppen der Mönche und so weiter, dann gibt es, wenn man es sehr genau beobachtet, die Idee der Kontrolle, der Akzeptanz eines Systems und des Praktizierens einer Wortwiederholung, die Mantra genannt wird, und verschiedene Formen des Atmens, Hatha-Yoga und so weiter.

Entsorgen wir sie also zunächst einmal ganz und gar. Indem wir versuchen, nicht zu akzeptieren, was sie sagen, zu untersuchen, was sie selbst gesagt haben, die Wahrheit oder die Falschheit dessen zu sehen.

Zunächst einmal gibt es diese Wiederholung von Wörtern: diese Wörter, Sätze, Mantras, eine Reihe von Sätzen, die von einem Guru, einem Lehrer, einem Eingeweihten gegeben werden, der zehn Pfund, fünfzehn Pfund oder hundert Pfund zahlt, damit Sie einen eigenartigen Satz lernen, der von Ihnen heimlich wiederholt wird.

Wahrscheinlich haben das schon einige von Ihnen getan und wissen eine Menge darüber. Und das nennt man Mantra-Yoga. Aus Indien ist es in den Westen gebracht worden. Ich weiß nicht, warum Sie irgendeinen Cent, einen einzigen Penny bezahlen, um bestimmte Worte von jemandem zu wiederholen, der sagt: "Wenn Sie das tun, werden Sie Erleuchtung erlangen - oder Sie werden einen gewissen ruhigen Geist haben", und all das andere.

Sie wissen, wenn Sie eine Reihe von Wörtern ständig wiederholen, sei es das Ave Maria oder verschiedene Sanskrit-Wörter oder - was ist das neueste Getränk? - Coca Cola (Gelächter) - und wenn Sie das immer und immer und immer wieder wiederholen, wird Ihr Geist offensichtlich ziemlich langweilig, und Sie haben ein eigenartiges Gefühl der Einheit, der Ruhe, und Sie denken, das wird dazu beitragen, Klarheit zu schaffen.

Sie sehen die Absurdität des Ganzen: denn zunächst einmal, warum sollten Sie akzeptieren, was irgendjemand über irgendetwas sagt, über diese Dinge, einschließlich mir selbst? Warum sollten Sie irgendeine Autorität über die Bewegung des Lebens nach innen akzeptieren?

Wir lehnen Autorität nach außen ab - wenn Sie überhaupt intellektuell bewusst sind, politisch beobachten, andere Dinge, dann lehnen Sie sie ab. Aber anscheinend akzeptieren wir die Autorität von jemandem, der sagt: "Ich weiß; ich habe erreicht; ich habe erkannt".

Der Mann, der sagt, er hat, der Mann, der sagt, er weiß, der weiß es nicht. Nicht wahr? In dem Moment, wo Sie sagen, Sie wissen es, wissen Sie es nicht. Denn was ist es, das Sie wissen? Eine Erfahrung, die Sie gemacht haben, eine Art Vision, eine Art Erleuchtung - ich verwende das Wort "Erleuchtung" nicht gerne. Und wenn man das einmal erlebt hat, glaubt man, einen aussergewöhnlichen Zustand erreicht zu haben, eine aussergewöhnliche Vision, und das ist Vergangenheit, man kann nur etwas wissen, das vorbei und deshalb tot ist. Wenn also all diese Leute, diese Bande von Leuten, wie ich sie gerne nenne, vorbeikommen und sagen, sie haben erkannt, tun dies oder das, für so viel Geld, dann ist das natürlich so absurd. Das können wir also entsorgen.

Dann können wir auch über diese ganze Idee verfügen, ein System, eine Methode zu praktizieren. 
Wenn man eine Methode praktiziert, um Erleuchtung oder Glückseligkeit zu erlangen, einen ruhigen Geist zu haben oder einen Zustand der Ruhe zu erreichen, wenn man eine Methode praktiziert, was auch immer es ist, dann macht es den Geist offensichtlich mechanisch. Man wiederholt immer und immer wieder bestimmte Gesten, die Atmung, man kennt das alles - man wiederholt, übt Gewahrsein, was ziemlich absurd ist. Dann impliziert diese Praxis nicht nur die Unterdrückung der eigenen Bewegung, des eigenen Verständnisses, der Konformität und des endlosen Konflikts, der mit dem Praktizieren eines bestimmten Systems verbunden ist - und der Verstand passt sich gerne einem System an, weil er sich dann herauskristallisiert und es einfach ist, so zu leben. Stimmt's? Können wir also jetzt über alle Meditationssysteme verfügen?

Und was ist Meditation?
Ist es die Kontrolle des Denkens?
Und wenn das der Fall ist, wer ist dann der Kontrolleur des Denkens?
Die Kontrolle des Denkens ist das Denken selbst, nicht wahr?

Unsere gesamte Kultur, sowohl im Osten als auch im Westen, basiert auf Kontrolle - Kontrolle des Denkens und Konzentration, in der nur ein Gedanke bis zum Ende verfolgt werden kann.

Ich hoffe, dass wir einander begegnen? Sollen wir weitermachen?

Warum sollte man überhaupt kontrollieren? Kontrolle impliziert Nachahmung, Konformität. Kontrolle impliziert die Akzeptanz eines Musters als die Autorität, nach der man zu leben versucht - dieses Muster, das von der Gesellschaft, der Kultur, vom Priester, von jemandem vorgegeben wird, von dem man glaubt, er habe Wissen, Erleuchtung und so weiter. Und nach diesem Muster versucht man zu leben, indem man all seine eigenen Gefühle und Ideen unterdrückt und versucht, sich anzupassen. Es gibt also Konflikte, und Konflikte sind im Wesentlichen Energieverschwendung.

Konzentration, die so viele in der Meditation befürworten, ist also völlig falsch.


Akzeptieren Sie das alles oder hören Sie nur aus Langeweile zu?


Denn wir werden dieser Frage nachgehen, ob Denken ohne jede Form von Kontrolle funktionieren kann, wobei Kontrolle Unterdrückung, Konformität, Konflikt bedeutet. Ob Denken funktionieren kann, wenn es notwendig ist - im Wissen, in der Aktion - und ob es zu allen anderen Zeiten völlig still sein kann?

Können Sie meiner Frage folgen? 
Das ist die eigentliche Frage: ob der Verstand, der mit so vielen Aktivitäten des Denkens vollgestopft und deshalb unsicher ist und versucht, in dieser Verwirrung Klarheit zu finden, sich selbst zur Kontrolle zwingt, sich einer Idee anpasst und deshalb immer mehr Verwirrung in sich selbst hervorruft.

Ich möchte herausfinden, ob der Verstand ruhig sein kann und nur funktionieren, wenn es notwendig ist, im Wissen?

Verfolgen Sie meine Frage? Habe ich mich klar ausgedrückt?

Und Kontrolle ist offensichtlich eine große Energieverschwendung, weil sie Konflikte impliziert. Bitte, das ist wichtig zu verstehen, denn ich bin der Meinung, dass Meditation ein Freisetzen von Energie sein muss, bei dem es nicht die geringste Reibung gibt. Und wie soll ein Geist dies tun? Wie ist es, eine solche Energie zu haben, in der jede Form von Reibung zu einem Ende kommt? Es muss eine vollständige Selbsterkenntnis geben. Ich muss mich selbst vollständig kennen. Ist das möglich?

Das sagt kein Psychologe, Philosoph, Lehrer oder das von einer bestimmten Kultur vorgegebene Muster, sondern ich muss mich durch und durch kennen, sowohl auf der bewussten Ebene als auch auf den tieferen Ebenen, vollständig.

Wenn es also Wissen gibt, ein vollständiges Verstehen seiner selbst, dann gibt es das Ende des Konflikts, und das ist Meditation.


Wie soll ich mich nun selbst erkennen? Ich kann mich nur in Beziehungen kennen. Ich kann nur dann beobachten, oder die Beobachtung meiner selbst findet nur statt, wenn es die Antwort, die Reaktion, in der Beziehung gibt. Und so etwas wie Isolation gibt es nicht, obwohl der Geist sich ständig in all seinen Aktivitäten isoliert, eine Mauer um sich herum baut, um nicht verletzt zu werden, um kein Unbehagen, kein Unglück, keine Schwierigkeiten zu haben.

Er isoliert sich ständig in seiner Tätigkeit, in seiner egozentrischen Tätigkeit, und ich möchte mich selbst kennen, so wie ich wissen möchte, wie ich von hier aus in eine bestimmte Stadt gehen kann. Klar, indem ich alles beobachte, was mit mir selbst zu tun hat, meine Gefühle, meine Gedanken, meine Motive, bewusst oder unbewusst.

Wie ist das möglich? Wissen Sie, sich selbst zu kennen - die Griechen haben es gesagt, die Hindus haben es gesagt, die Buddhisten - "sich selbst kennen", aber anscheinend ist das eines der schwierigsten Dinge. Sich selbst zu kennen.

Und wir werden heute Morgen herausfinden, wie wir uns selbst betrachten können, denn wenn man sich selbst erst einmal vollständig kennt, verhindert diese Vollständigkeit jede Reibung, und daraus ergibt sich diese ganz andere Energiequalität.

Um herauszufinden, wie man sich selbst beobachtet, muss man also sehen, was wir mit Beobachten meinen. Wenn wir objektive Dinge wie Bäume, Wolken, die Dinge außerhalb von uns beobachten, gibt es nicht nur den Raum zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten - den physischen Raum - es gibt auch den Raum der Zeit.

Gibt es ihn nicht? Wenn Sie einen Baum anschauen - bitte hören Sie sich das an - wenn Sie einen Baum anschauen, gibt es nicht nur physische Distanz, sondern auch psychologische Distanz. Es gibt die Distanz zwischen Ihnen und dem Baum, die Distanz, die durch das Bild als Wissen geschaffen wird - das ist eine Eiche, eine Ulme - das Bild, und dieses Bild zwischen Ihnen und dem Baum trennt Sie.

Man wird nicht zum Baum, man identifiziert sich nicht mit dem Baum, aber wenn die Qualität des Geistes des Beobachters ohne Vorstellungskraft sein kann, ohne das Bild, das Vorstellungskraft ist, dann gibt es eine ganz andere Beziehung zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten. Nicht wahr?

Haben Sie das schon einmal gemacht, einen Baum ohne ein einziges Wort des Gefallens oder der Abneigung betrachtet, ohne ein einziges Bild, und haben Sie dann bemerkt, was sich abspielt? Dann sehen Sie den Baum zum ersten Mal so, wie er ist, und Sie sehen seine Schönheit, seine Farbe, seine Tiefe, wissen Sie, seine Vitalität. Das ist ziemlich einfach - einen Baum, eine andere Person zu beobachten, aber sich selbst so zu beobachten, also ohne den Beobachter zu beobachten - verfolgen Sie das alles?

Verfolgen Sie das alles?

Man muss also herausfinden, wer der Beobachter ist, was der Beobachter ist.

Ich will mich selbst beobachten, ich will mich so tief wie möglich kennen lernen. Und ich beobachte mich selbst. Und was ist der Beobachter, der beobachtet? Was ist die Natur dieses Beobachters, die Struktur dieses Beobachters? Dieser Beobachter ist die Vergangenheit, nicht wahr? Das vergangene Wissen, das, woran er sich erinnert, was er gesammelt, aufbewahrt hat, wobei die Vergangenheit die Kultur, die Konditionierung ist - das ist der Beobachter, der sagt, das ist richtig, das ist falsch, das muss sein, das darf nicht sein, das ist gut, das behalte ich und das ist schlecht, das darf ich nicht haben.

Der Beobachter ist also die Vergangenheit, und mit diesen Augen der Vergangenheit versuchen wir zu sehen, was wir sind. Dann sagen wir, das gefällt mir nicht, ich bin hässlich, oder, das behalte ich - folgen Sie?

All diese Diskriminierungen, Verurteilungen finden statt. Kann ich mich jetzt ohne die Augen der Vergangenheit anschauen? Gibt es dann einen Beobachter? Dann gibt es nur den Beobachteten, es gibt keinen Beobachter. Bitte sehen Sie sich das einfach an. Ich bin neidisch, oder ich esse zu viel, ich bin gierig, und die normale Reaktion ist, ich darf nicht zu viel essen, ich darf nicht gierig sein, ich muss unterdrücken, Sie kennen den ganzen Rest, der folgt.

Da ist also der Beobachter, der versucht, seine Gier, seinen Neid und den ganzen Rest zu kontrollieren. Wenn es nun ein Bewusstsein von Gier, von Ihrem Überessen oder was immer es ist, ohne den Beobachter gibt, was geschieht dann?

Folgen wir einander, tun wir diese Sache?

Oh, Herr! Nein? Ich überesse mich, meine Gier, ich bin sehr gierig. Kann ich diese Gier beobachten, ohne ihr einen Namen als Gier zu geben, denn in dem Moment, in dem ich ihr einen Namen gebe, habe ich sie bereits in meinem Gedächtnis verankert, als Gier, die sagt: Ich muss sie überwinden, ich muss sie kontrollieren.

Gibt es also eine Beobachtung der Gier ohne das Wort, ohne sie zu rechtfertigen, ohne sie zu verurteilen? Das heißt, kann ich das, was man Gier nennt, ohne jegliche Reaktion beobachten? Dies zu beobachten ist eine Form der Disziplin, nicht wahr? Nicht aufgezwungen durch ein bestimmtes Muster und daher Konformität, Unterdrückung und all das andere, sondern um irgendetwas zu beobachten, beobachte die Bewegungen, die in mir selbst sind: Gier, Neid, Überessen, Wut, Eifersucht, Angst, Rauchen, Trinken - folgst du? - die ganze Reihe von Handlungen, ohne zu verurteilen, zu rechtfertigen oder zu benennen, nur um zu beobachten. Dann werden Sie sehen, wenn Sie so beobachten, dass der Verstand keine Energie mehr verschwendet. Er ist sich dessen bewusst, und deshalb hat er Energie, um mit dem, was er beobachtet, umzugehen.

Alles klar? Schlaft ihr alle? (Gelächter)

Öffentlicher Vortrag in Raighat 1985 
(Aus dem Englischen übersetzt mit www.DeepL.com/Translator for Mac)

19.11.2020

DVD Zurückkehren zum Ursprung

 


Qigong aus dem Wudangshan (aus dem neuen TQJ)

„Loslassen ist ganz einfach“, heißt es:“Man öffnet die Faust.“ Und „So kann man auch den Körper öffnen: als Ganzes und in seinen Teilen“: Der Körper öffnet sich dabei wie eine Faust:“Von innen, von der Mitte.“ Eine neue DVD von Yürgen Oster, auf der er drei einfache Übungen vorstellt und erklärt:“Zurückkehren zum Ursprung“ heißen sie zusammen. Aufgebaut ist die DVD, wie sie alle aufgebaut sind: Die einzelne Übung wird gezeigt, dann werden Details erklärt und zum Schluss eine Vorführung von allen Drei zusammen.
Ein ernster Yürgen Oster ist zu sehen, der zunächst eine ebenso ernste Melanie anleitet, die die Übung vormacht. Etwas irritiert mich auf der gesamten DVD, dass er dabei ständig manche winzigen Details bei ihr korrigiert. Schön finde ich, dass er neben und hinter ihr steht, sie ein bisschen führt und manche Bewegungen mitmacht, sie betont, sie etwas größer zeigt, Kleinigkeiten korrigiert - es ist bisschen wie eine normale Unterrichtsstunde. Dann wird er etwas lebendiger, und man hört auch seinen netten Akzent: „So, jetzt geh’n wir was ins Detail.“ Dabei hätte ich mir allerdings gewünscht, die Übung auch mal von der Seite sehen zu können, und zweimal steht Yürgen Oster so hinter Melanie, dass man nicht sieht, was er macht. So einfach die erste Übung ist und so schnell sie bei mir auch energetisch einschlägt, rät Yürgen Oster dennoch; „oft üben, lange üben, ehe du weitermachst“. Manche Details seiner Erklärungen sind sehr hübsch: So wenn er gleich am Anfang bei der Grundhaltung sagt, die Gelenke würden geöffnet, als wenn man einen Stein ins Wasser würfe und sich die Wellen ausbreiten (das habe ich sofort für meinen Unterricht geklaut).* Oder wenn er beim Sinken das Bild eines Sandhaufen benutzt, wo der Sand nach unten fließt, wenn man unten was wegnimmt und man „sinken…lässt“. Gegen die Metapher eines „schlechte, verbrauchten Qi“ hatte ich immer schon etwas, und manche Details wie das Schließen der Hüften sind mir nicht genau genug erklärt, aber vieles andere, wie dass „die Bewegung der Hände in den Schultern beginnt“, ist für Anfänger eine schön präzise Anleitung. Die gesamte Übung am Stück macht Yürgen Oster dann allein vor, und das ist eine feine, konzentrierte Sache, langsam und im Fluss. (Georg Patzer)
Yürgen Oster:“Qigong der Wudang-Mönche“, Video-commerz GmbH 2019, 55 Min. € 34,95, ISBN 978-3-94751413-7

17.11.2020

The first sign of civilization



"Years ago, anthropologist Margaret Mead was asked by a student what she considered to be the first sign of civilization in a culture. The student expected Mead to talk about fishhooks or clay pots or grinding stones.But no. 
Mead said that the first sign of civilization in an ancient culture was a femur (thighbone) that had been broken and then healed. Mead explained that in the animal kingdom, if you break your leg, you die. You cannot run from danger, get to the river for a drink or hunt for food. You are meat for prowling beasts. No animal survives a broken leg long enough for the bone to heal.

A broken femur that has healed is evidence that someone has taken time to stay with the one who fell, has bound up the wound, has carried the person to safety and has tended the person through recovery. Helping someone else through difficulty is where civilization starts, Mead said."

We are at our best when we serve others. Be civilized."

- Ira Byock.

10.11.2020

Das leere Boot



Ein junger Zen-Mönch fragt seinen Meister, wie er seinen Ärger besänftigen kann.

„Stell Dir vor, es ist ein nebliger Tag. Du bist mit deinem Boot draussen auf dem See. Durch den Nebel kannst du kaum etwas erkennen. Bis plötzlich ein anderes Boot durch die Schwaden genau auf dich zukommt.

Du wirst zornig. Du denkst: Na so ein Idiot, ich habe erst gestern mein Boot neu angestrichen … und schon kracht das fremde Boot in deins hinein. Du kannst die frische Farbe, die du gestern so mühevoll aufgetragen hast, geradezu abblättern hören. Zorn!

Dann schaust du genauer hin und siehst: das andere Boot ist leer. Niemand drin. Niemand, der dich absichtlich gerammt hat.

Dein Zorn verfliegt. Du seufzt und denkst: Ach was soll’s, dann muss ich demnächst eben noch mal streichen.“

Der Zen-Meister fuhr fort: „So ist es mit allem im Leben und mit allen Menschen, denen du begegnest und über die du dich ärgerst: Es ist, als würden wir von einem leeren Boot gerammt.“

08.11.2020

Die nackte Wahrheit


Nach einer Gesxchichte aus dem 19. Jahrhundert trafen sich einmal die Wahrheit und die Lüge. Die Lüge sagte zur Wahrheit: "Was für ein schöner Tag heute. Die Wahrheit ist ans Licht gekommen." Es war wirklich ein richtig schöner Tag. Sie verbrachten viel Zeit zusammen, bis sie an einen Brunnen kamen Die Lüge sagte:"Wie gut das Wasser ist. Lass uns baden." Die Wahrheit berührte das Wasser vorsichtig. Es war wirklich gut. Deshalb zogen sie ihre Kleidung aus und schwammen. Aber plötzlich ging die Lüge aus dem Wasser, stahl die Kleidung der Wahrheit, zog sie an und lief weg. Als die Wahrheit aus dem Brunnen stieg, suchte sie überall nach ihren Kleidern und bat die Lüge, sie zurückzugeben. Währenddessen beobachtete die Welt die Wahrheit, wütenden und empört. Wie konnte sie es wagen, nackt aus dem Brunnen zu steigen? Deshalb versteckte sie sich in dem Brunnen. Es war ihr peinlich und sie war erschüttert. Seitdem reist die Lüge um die Welt, gekleidet als Wahrheit. Sie befriedigt immer die Bedürfnisse der Gesellschaft, weil die Welt die nackte Wahrheit nicht sehen will.

Eine Geschichte, mir erzählt von Elizabet Osterman


29.10.2020

Auf Gäste wartend bei Lampenlicht

Auf Gäste wartend bei Lampenlicht, Ma Lin (ca. 1194-1264), Sung Dynastie

Kennst du das, hast es schon mal erlebt? Du hast alles schön gemacht, die Wohnung aufgeräumt und geschmückt, lecker gekocht, dich selbst noch auf Vordermann gebracht und nun wartest du und die Gäste oder der eine Gast kommen nicht. Irgendwann nur eine sms oder ein kurzer Anruf, tut uns leid, es ist irgendwas. Irgendwas, weshalb alles umsonst war. Ein blödes Gefühl.

So ähnlich geht es uns Anbietern von Seminaren, von Kursen und Workshops.

Wir haben alles getan, damit unsere Angebote sicher waren. Haben die Teilnehmerzahlen reduziert, damit genug Abstand gewahrt wurde oder größere Räume gemietet. Wir haben gelüftet, Masken getragen, Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt. Und nun dürfen wir wieder nicht.

Viele von uns bieten Methoden an, die erwiesenermaßen der Gesundheit und der Prävention dienlich sind. Was besseres können wir doch gar nicht tun in dieser Situation.

Aber ihr dürft es alleine machen. Und deshalb macht es. Hört nicht auf zu praktizieren. Spielt eure Formen, euer Qigong, euer Taiji, euer Yoga oder was auch immer. Macht es wenn möglich an der frischen Luft, wenn nicht draußen, dann bei offenem Fenster. Macht es nicht nur einmal, macht es so oft wie möglich.

Bitte, vergesst eure Kursleiter*, Lehrer*, Meister* nicht. Zeigt ihnen, was sie euch bedeuten. Dankt ihnen. Unterstützt sie in dieser schweren Zeit.

Damit wir noch da sind, wenn wir wieder dürfen.

*die sehr oft weiblichen Geschlechts sind.

28.10.2020

Wanderung am Punta de Teno - Wüste, Wellen und Kakteen

 und ein paar Windräder. Aber von Anfang an. Wir sind mit dem Bus nach Buenavista del Norte gefahren und von dort weiter mit Bus nach Punta de Teno. Ich wusste nicht, dass ein Bus dort hin fährt. Für private PKW ist die Strecke normal geschlossen. Dort angekommen am westlichsten Punkt der Insel ist schon ein Erlebnis. Mit Blick auf La Gomera unter einer Wolkenhaube hast du links die Steilküste mit den Gigantes und nach rechts eine leere Ebene, an deren Rändern immer wieder mal die Gischt hochspritzt. Nach einer kurzen Fotosession vor der La Gomera Kulisse suchten wir unseren Weg, der immer wieder markiert ist und sich dann zwischen Steinen, Kakteen und kriechenden Sukkulenten verliert. Aber immer wieder lässt er sich finden, sind Pfade zu sehen mit Fußspuren oder Wegzeichen in Form gehäufter Steine. 

Es war windig, aber nicht kalt und es war immer wieder berauschend, welche Anblicke sich uns boten. In der Ferne sechs Windräder, denen wir uns näherten wie Don Quijote mit seinem Sancho Pansa. Aber wir wollten nicht gegen sie kämpfen; ich stellte mich davor und bewies, dass auch ich Wind machen kann. 


Wir verpassten allerdings, dort aufzusteigen Richtung Straße, sondern zogen weiter entlang der Küste, bis es mir doch etwas seltsam vorkam. Wir mussten ein paar hundert Meter zurück und aufwärts, dann kamen wir letztlich zur Straße. Der folgend sind wir wieder zurück zum Punta de Teno, zur Bushaltestelle. An der Straße liegt eine verlassene Plantage, unheimliche leere Gewächshäuser, deren Netze zerfetzt im Wind wehen. 

Das späte Licht gab der Landschaft noch mal einen besonderen Touch. Bilder in meiner Galerie.

27.10.2020

Über das Immunsystem

Immer wieder hört und liest man im Zusammenhang mit Corona/Covid 19, man brauche all diese Maßnahmen nicht, das einzig Wichtige wäre es, das Immunsystem zu stärken. Diese Aussage wird nicht nur von medizinischen Laien, sondern auch von Medizinern und Heilpraktikern verbreitet. Auch über Qigong und Taiji Quan wird oft gesagt, damit würde das Immunsystem verbessert. Ich habe mich deshalb einmal damit beschäftigt, was das Immunsystem ist, wie es sich entwickelt und was es leistet. Letztlich habe ich die Zusammenfassung vorwiegend einem Lemma der Wikipedia entnommen.

Als Grundlage für ein gesundes Immunsystem gelten eine ausgewogene Ernährung, die alle für den Organismus notwendigen Stoffe wie beispielsweise Mineralstoffe (besonders Eisen, Zink und Selen) und Vitamine enthält, ausreichend Schlaf und des Weiteren sollte lange andauernder (chronischer) Stress vermieden werden.


Stärkung oder Steigerung

Nahrungsergänzungsmitteln und Methoden aus dem Fitness- und Wellnessbereich und alternativmedizinische Heilmittel werden als Maßnahmen zur „Steigerung der Immunfunktion“ beworben, was dann in Einzelfällen mit Studien zu speziellen Funktionen des Immunsystems belegt werden soll.

Dennoch gibt es keine wissenschaftlich aussagekräftige Untersuchungen, inwieweit Saunieren, kalte Bäder bzw. kalte Duschen, Wassertreten, Yoga, Qigong oder bestimmte Lebensmittel einen Einfluss auf das Immunsystem haben. Falls das Immunsystem nicht von Geburt an oder durch Erkrankungen (z. B. HIV) bzw. bei einer Fehlernährung eingeschränkt arbeitet, liegen keine Evidenzen vor, wie man es „stärken“ bzw. seine Leistung verbessern könnte.


Das Immunsystem, wie baut es sich auf und was kann es leisten

Als Immunsystem wird das biologische Abwehrsystem höherer Lebewesen bezeichnet, das Gewebeschädigungen durch Krankheitserreger verhindert. Dieses körpereigene Abwehrsystem entfernt in den Körper eingedrungene Mikroorganismen, fremde Substanzen und ist außerdem in der Lage, fehlerhaft gewordene körpereigene Zellen zu zerstören. Das Immunsystem ist ein komplexes Netzwerk aus verschiedenen Organen, Zelltypen und Molekülen.

Das Immunsystem hat eine große Bedeutung für die körperliche Unversehrtheit von Lebewesen, denn praktisch alle Organismen sind ständig den Einflüssen der belebten Umwelt ausgesetzt; manche dieser Einflüsse stellen eine Bedrohung dar: Wenn schädliche Mikroorganismen in den Körper eindringen, kann dies zu Funktionsstörungen und Krankheiten führen. Typische Krankheitserreger sind Bakterien, Viren und Pilze, sowie einzellige (z. B. Protozoen wie Plasmodien) beziehungsweise mehrzellige Parasiten (z. B. Bandwürmer).

Auch Veränderungen im Inneren des Körpers können die Existenz eines Lebewesens bedrohen: Wenn normale Körperzellen im Laufe der Zeit ihre gesunde Funktion verlieren, dann sterben sie meist ab und müssen abgebaut werden (Nekrose) oder bauen sich dabei selbst ab (Apoptose). In seltenen Fällen können sie auch krankhaft entarten und zur Entstehung von Krebs führen.

Alle Lebewesen verfügen daher über Schutzfunktionen. Schon einfache Organismen besitzen solche Abwehrmechanismen, eine so genannte Angeborene Immunantwort. Diese entstand bereits sehr früh in der Stammesgeschichte der Lebewesen und wurde seitdem weitgehend unverändert beibehalten. Die Wirbeltiere entwickelten zusätzlich eine komplexe, anpassungsfähige, so genannte adaptive Immunabwehr, die sie noch effektiver vor Krankheitserregern schützt.

Aufbau
Das Immunsystem eines Neugeborenen ist noch unreif, es erhält aber bereits vor der Geburt mütterliche IgG-Antikörper über die Plazenta.

Da die transplacentalen Antikörper im Blut des Babys abgebaut werden, stellt sich innerhalb 3 bis 12 Monate nach Geburt ein IgG-Mangel im Serum ein; infolgedessen erhöht sich das Infektionsrisiko. Dagegen steigt der eigene IgM-Spiegel an und erhöht sich kontinuierlich, bis nach mehreren Jahren die Werte von Erwachsenen erreicht werden.
Das Immunsystem lernt „eigen“ von „fremd“ zu unterscheiden. Das Immunsystem erreicht bei Jugendlichen volle Funktionalität.

Mit fortschreitendem Lebensalter, etwa ab 60, steigert sich die Anfälligkeit des Menschen gegenüber Krankheiten und anderen Störungen wieder. Dies liegt vor allem daran, dass sich im Alter die Bildung von B- und T-Lymphozyten verringert.

Fehler und Überreaktionen

Wie bei allen biologischen Systemen können sich auch beim Immunsystem Fehler einschleichen. So kann das Immunsystem seine Fähigkeit verlieren, auf Erreger oder körpereigene Zellen angemessen zu reagieren: je nach Ursache der Störung kommt es entweder zu einer zu schwachen oder gar fehlenden Immunantwort oder zu einer zu starken, überschießenden Immunreaktion.
Fehlen einzelne Komponenten der Immunantwort oder funktionieren diese nicht mehr richtig, so kann das Immunsystem Krankheitserreger nicht mehr effektiv bekämpfen und selbst Erkrankungen, die normalerweise harmlos sind, können lebensbedrohliche Verläufe annehmen.
Nicht immer funktionieren die Schutzmechanismen der Selbsttoleranz fehlerfrei, so dass es zu gefährlichen Autoimmunkrankheiten kommen kann, bei denen das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift.
Die bekanntesten sind Diabetes (Typ 1), Arthritis und Allergien.


Ohne das Immunsystem wären wir nicht lebensfähig, Es bildet einen Schutz, aber es ist kein Allheilmittel. Eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf, viel frische Luft, Bewegung und eine positive Grundstimmung halten es stabil.

05.10.2020

Blick auf Masca und Umgebung, Blick zum Teide Runde Los Silos

Den Wanderweg haben wir bei Komoot gefunden. Wir sind mit dem Bus von Puerto de la Cruz nach Puerto der Erjos gefahren. Die Fahrt dauerte etwas über eine Stunde. Von der Haltestelle Puerto de Erjos sind wir ein Stück die Straße zurück gegangen und nach ungefähr 50 m links in den Wanderweg eingebogen, der in weiten Schwüngen abwärts führt. Es duftet nach Fenchel, der wild in der Umgebung wächst. An der ersten Gabelung geht man nach rechts bis zu einer weiteren Verzweigung. Hier kann man nun in beiden Richtungen einem gelb weiß markierten Wanderweg folgen. Wir haben den Weg Richtung Teno genommen. Wie sich herausstellte, war dies entgegen der Komoot Beschreibung. Aber Rundwege führen zum Ausgangspunkt zurück.

Wir befinden jetzt auf einem schönen Hohlweg, wie vorher wandern wir durch blühenden Fenchel. Der Tag ist nicht der schönste es ist neblig, bzw. sind wir in den Wolken aber es ist warm. Unser Ausgangspunkt befindet sich auf ungefähr 1000 m Höhe.

Es geht aufwärts und wir kommen in ein Waldstück, wo Moose und Flechten an den Bäumen hängen, wo es aussieht wie bei den Hobbits oder den Zwergen, den Elfen und den Feen.

Wir haben eine Höhe erreicht und überqueren einen kleinen Fahrweg um auf der anderen Seite in reinen Kiefernwald zu gelangen. Der weite Blick zeigt alles grün, wir wähnen uns in Kananda. 



Wir können einige hundert Meter auf einem ebenen Wanderweg durch den Kiefernwald gehen, der sich immer wieder öffnet und den Blick frei gibt auf Masca. Dann geht es einen steilen Felsweg hoch, ein Pfad für Ziegen, und oben, wir sind immer noch im Nebel bietet sich wieder eine neue Vegetation, eine neue Landschaft.

Wir sind dann zu den captanieblas gekommen, wo uns erklärt wird, wie die Vegetation die Feuchtigkeit aus den Wolken sammelt und hier werden mit Netzen ebenfalls die Wolken gemolken. Das Wasser wird in einer Rinne aufgefallen die dann ein Behälter läuft und dann wird das Wasser weitergeleitet. Wohin weiß ich nicht

Man ist weiter auf einem felsig gerölligen Weg. Weiße Flechten ummanteln altes Gehölz. Jetzt gilt es acht geben. Es gibt einen Abzweig von dem weiß gelb markierten Weg nach rechts. Der Weg ist eigentlich durch ein X markiert. Aber ab da darf man nicht mehr dem markierten Weg folgen, sonst kommt man ganz woanders hin.

Den weiß gelben Weg verlassend kommt man auf eine andere Strecke einen angenehmen Wanderweg für eine Weile. Man muss aufpassen, nach wenigen hundert Metern geht rechts ein schmaler Pfad ab. Es gibt dort ein Schild, dass diese Strecke für Fahrräder verboten sei. Den Weg muss man nehmen und es lohnt sich. Es ist wieder ein anderer Wald, wieder eine andere Landschaft, absolut empfehlenswert. Hat was von Urwald. Ein schmaler Pfad, dem man einfach folgen kann, bringt uns langsam nach unten in die Gegend der Charcas, kleine Weiher. Wir haben nichts davon sehen können. Entweder sind sie inzwischen schon verlandet oder zumindest dicht bewachsen. Aber ich muss daran erinner, dass wir immer noch durch die Wolken gewandert sind. Mitunter ging der Blick nicht weiter als fünfzig Meter.

Nun kommt man bald wieder auf den weiß gelb markierten Weg und an die Abzweigung, die wir anfangs Richtung Teno genommen hatten. So geht es nur noch wieder hoch zur Straße und zur Busstation. Wir hatten Glück, der nächste Bus kam in zwanzig Minuten.

25.09.2020

Ein gutes Stück deutscher Geschichte


Im alten Rathaus von Oberlahnstein ist außen eine Bild zu sehen, auf dem steht, dass die Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und der Pfalz 1400 in dieser Stadt König Wenzel von Luxemburg abgesetzt hätten.

An der seitlichen Wand steht folgendes geschrieben.

Die Chronik berichtet:

Die Kurfürsten hatten König Wenzel nach Oberlahnstein gebeten um die Gebrechen des Reiches abzustellen. Aber König Wenzel kam nicht, er blieb in Prag, wie das Schwein in seinem Stalle. So zogen am Freitag den 20. August 1400 die Kurfürsten, Grafen, Herzöge, Ritter und Abgesandte der Reichsstädte durch die Oberpforte zu einem Gestühl unweit der alten Liebfrauenkapelle. Dort verlas der Kurfürst zu Mainz das Urteil, das König Wenzel seines Amtes entsetzte. Aus vielen wichtigen Gründen und unerträglichen Gebrechen wegen entfernen u. setzen wir ab durch diesen Spruch den Herrn Wenzel - Römischen Reiches als unnützlich - träg u. für das Römische Reich Reich durchaus ungeschickt u. entbinden aller Fürsten, Edlen Herren und Knechte, Städter, Länder u. Volk, die dem Römischen Reich untertan sind, von jeder Wenzel im Namen des heiligen Reichs geleisteten Huldigungen u. jedem Eid u. ermahnen sie bei ihrem dem Reiche geschworenen Eide Wenzel nicht mehr zu gehorchen u. keine einem römischen König gebührende Leistung zu tun, sondern alles dem zu bewahren, welcher durch Gottes Gnade als nützlich u. geschickt zum König gewählt wird.

Am nächsten Tag zogen sie über den Rhein, wo sie in Rhens auf dem Königsstuhl den Ruprecht von der Pfalz zum neuen König kürten.

Die Geschicke der Stadt Rhens waren im ausgehenden Mittelalter in starkem Maße von der politisch-geographischen Lage an der Hauptverkehrsachse des alten Reiches bestimmt. Von den sieben Kurfürstentümern, die das Recht der Königswahl inne hatten, stießen vier bei Rhens zusammen:

Das Kurfürstentum Köln
Das Kurfürstentum Mainz
Das Kurfürstentum Trier
Die Kurpfalz

Es war also kein Zufall, dass die Kurfürsten Rhens häufig als Tagungsort aufsuchten.

Am 16. Juli 1338 trafen sich sechs der damals sieben Kurfürsten im Nussbaumgarten am Rhenser Rheinufer und gründeten den „Churverein zu Rhense“ der kurz darauf in Frankfurt am Main zum Reichsgesetz erhoben wurde.
Sie legten bei ihrem ersten Treffen u.a. folgende Rechtsgrundsätze fest:

Nur die Kurfürsten dürfen den deutschen König küren (= wählen) die Wahl erfolgt durch die Mehrheit, einer Bestätigung durch den Papst bedarf es nicht!

Damit sollte das Wahlrecht der Kurfürsten langfristig gesichert und jegliche Einmischung des Papsttums in die deutsche Königswahl ausgeschlossen werden.

Karl IV wurde 1346 als erster König in Rhens gewählt. Er forderte, mit dem Einverständnis der Kurfürsten, die Bürger von Rhens auf, am Rhein bei den Nussbäumen ein „steynen gestuel“ zu errichten und instand zu halten, wofür ihnen Zollfreiheit gewährt wurde.

So wurde 1380 im Nussbaumgarten ein achtseitiges Gewölbe errichtet, zu derem Dach von Westen eine Treppe führt und dort ist an den verbleibenden sieben Seiten für jeden der Kurfürsten eine Bank gemauert.
Mit diesem Königsstuhl, einem Groß-Thron für die Königswahl, entstand ein steinernes Zeugnis dieser Machtansprüche kurfürstlicher Reichspolitik im Spätmittelalter.

Nachdem die Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und der Kurpfalz in Lahnstein, auf der gegenüber von Rhens liegenden Rheinseite, den König Wenzel für seines Amtes unfähig erklärt und abgewählt hatten, wurde Ruprecht von der Pfalz 1400 als erster König auf dem Königsstuhl gewählt. Der letzte König, der dort seinen Treueeid leistete war Maximilian der I. im Jahr 1486. So diente der Stuhl knapp 100 Jahre seiner Bestimmung.

In den Wirren der napolitanischen Besatzung wurde der Königsstuhl 1795 weitgehend zerstört und 1842 endgültig abgetragen. 1842 erfolgte an alter Stelle der Wiederaufbau und 1929 wurde das Gestühl im Rahmen der damaligen Stadtentwicklung zum heutigen Standort oberhalb der Stadt verlegt.

16.09.2020

Etwas über Viren


Viren, kleiner und einfacher als Bakterien, sind selbst nicht lebendig. Allein sind sie völlig leblos und ungefährlich. Bringt man sie aber in eine geeignete Wirtszelle, sprühen sie plötzlich vor Eifer – sie werden lebendig. Man kennt etwa 5000 Virustypen, die uns insgesamt mehrere 100 Krankheiten bescheren, von Grippe und gewöhnlicher Erkältung bis hin zu heimtückischen Leiden wie Pocken, Tollwut, Gelbfieber, Ebola, Kinderlähmung und schließlich AIDS, das durch das menschliche Immunschwächevirus hervorgerufen wird.

Viren vermehren sich, indem sie das genetische Material einer lebenden Zelle unter ihre Kontrolle bringen und zur Herstellung neuer Viren nutzen. Sie pflanzen sich sehr schnell fort, befreien sich aus der Zelle und suchen nach neuen Zellen, die sie besiedeln können. Da sie selbst keine Lebewesen sind, können sie sich einen sehr einfachen Aufbau leisten. Viele von ihnen, so auch HIV, besitzen noch nicht einmal zehn Gene, die einfachsten Bakterien dagegen benötigen bereits mehrere 1000 derartige Einheiten. Außerdem sind sie winzig klein, sodass man sie nicht einmal mit einem herkömmlichen Lichtmikroskop sehen kann. Erst 1943, nachdem man das Elektronenmikroskop erfunden hatte, bekamen Wissenschaftler sie erstmals zu Gesicht. Dennoch können sie gewaltige Schäden anrichten. Allein an den Pocken starben im 20. Jahrhundert schätzungsweise 300 Millionen Menschen

Außerdem besitzen Viren die beunruhigende Fähigkeit, sich der Welt in immer neuer, verblüffender Form zu präsentieren und dann ebenso schnell wieder zu verschwinden, wie sie gekommen sind. So etwas ereignete sich 1916: Damals erkrankten Menschen in Europa und Amerika plötzlich an einer seltsamen Schlafsucht, die unter dem Namen Encephalitis lethargica bekannt wurde. Die Betroffenen schliefen einfach ein und wachten nicht mehr auf. Man konnte sie zwar mit viel Mühe wecken, damit sie etwas aßen oder die Toilette aufsuchten, und auf Fragen gaben sie auch sinnvolle Antworten – sie wussten, wer und wo sie waren –, aber sie verhielten sich stets völlig teilnahmslos.

Die Krankheit forderte innerhalb von 10 Jahren ungefähr fünf Millionen Opfer und verschwand dann wieder in aller Stille.

Aus Bill Bryson, Eine kurze Geschichte von fast allem

Er erzählt dann von der Schweinegrippe oder Großen Spanischen Grippe, die um 1918 weitaus mehr Menschenleben forderte, von dem Rätsel, wieso diese Grippe plötzlich und gleichzeitig an den verschiedensten Orten der Erde auftauchte. Und er gibt Beispiele von Fällen, in denen sich hoch infekttiöse Viren in einem Gebiet aufhalten und nicht darüber hinaus verbreiten.

Bei allem was wir bisher wissen sind Viren, mit ihrer einfachen Bauweise, für uns noch immer ein großes Rätsel.

15.09.2020

Von Cruz del Carmen nach Punta del Hidalgo


Diese Strecke bietet landschaftliche, pflanzliche und geologische Abwechslung.  Wir beginnen bei Cruz del Carmen im Lorbeerwald. Aber der Reihe nach. Ich bin mit dem Bus gefahren, von Puerto de la Cruz nach La Laguna und dort umgestiegen in den Bus nach Cruz del Carmen. Es gibt mehrere Linien, die dort vorbei fahren. Im Informations Center bekommt man gerne eine Karte für diese Wanderung in deutscher Sprache und ebenso eine ausführliche mündliche Beschreibung des Weges.

Der Einstieg ist rechts neben dem Restaurant und dort auch schon beschildert. Die Markierung für den ganzen Weg sind zwei weiße und gelbe Balken. Durch den Wald mit seinen großen Erika-Bäumen die bis drei Meter hoch werden können, alles behangen mit Flechten und Moos, führt ein bequemer, gut zu gehender Weg. Es ist je nach Witterung ein wenig spooky bis märchenhaft. Es geht lange Zeit abwärts und dann für wenige Minuten bergauf. Nach knapp einer halben Stunde verlässt man den Wald. Nun kommt der zweite Abschnitt. Es gibt einige Fincas, verstreut in der Landschaft und der Anbau hat sie geprägt. Die Hänge sind terrassiert, es werden Kartoffeln, Kürbis, Yamswurzeln und teilweise auch etwas getreide angebaut. Auch hier ist der Weg noch angenehm zu gehen. Teils etwas staubig, meist mit wenig Gefälle. Wir müssen auch ca. 5 Minuten an der Straße entlang gehen. Das ist nicht weiter schlimm, da es hier wenig Verkehr gibt. Dann finden wir wieder den markierten Weg und gleich einen fantastischen Blick auf den Roque de Taborno. Es geht so weiter durch die Nutzwirtschaft bis kurz vor Chinamada. Dort ändert sich die Landschaft und die Vegetation. Nun sind wir umgeben von Felsen und derben Sukkulenten. Kurz vor dem Ort habe ich eine Rast gemacht. Es gibt in Chinamada auch ein Restaurant mit gutem Ruf, doch ich wollte mich nicht lange aufhalten. 

Ab jetzt wird der Weg beschwerlich. Ein Schild macht uns weis, es seien 90 Minuten bis Punta del Hidalgo. Ich habe mehr als zwei Stunden gebraucht. Der Boden ist nun sehr felsig, uneben. Man muss bei jedem Schritt darauf achten, wohin man tritt. Der Fuß setzt nie flach auf. Die Bänder, Sehnen, kleinen Muskeln und das Bindegewebe werden herausgefordert. Mitunter wird der Weg zum Pfad neben dem es steil bergab geht. Diese Stück erfordert schon gesunde Beine, gutes Schuhwerk und ein sicheres Gehgefühl. Dafür wird man aber auch mit immer neuen, berauschenden Ausblicken verwöhnt. 

In Punte del Hidalgo angekommen, am Camino Final, ist dann auch gleich die Bushaltestelle. Mir war aber nach einem kräftigen, kalten Getränk und dafür musste ich noch eine Weile durch den Ort laufen.

Bilder in der Galerie

07.09.2020

Wanderung um Los Organos, oberhalb von Orotava


Diese wunderbare Wanderstrecke habe ich auf einem Blog gefunden. Anscheinend wurde sie schon vor längerem beschrieben, denn die Hinweise, die genannten Schilder oder die Markierungen stimmen nicht mehr mit der Gegenwart überein. Deshalb erzähle ich hier von meiner Wanderung um Los Organos im September 2020.

Zum Ausgangspunkt bin ich von Puerto de la Cruz mit dem Bus gefahren. Von der Endstation La Caldera mit dem Blick Richtung Meer geht der Weg rechts, an einer kleinen Waldgastätte vorbei, die aber geschlossen war. Ich habe hier früher schon mal eine sehr leckere Suppe, eine Potaje, bekommen. Nach ca. 200 Metern biegt die Straße stark nach rechts ab, unser Weg geht geradeaus auf einem breiten Forstweg, dem kleinen Holzschild „Los Organos“ folgend. Nach ungefähr fünf Minuten kommt eine Hütte, „Choza Perdo Gill“, ab wo ich dem Schild „Camino la Candelaria“ gefolgt bin. Der Weg wird nun schmaler, der Wald immer dichter. Nach einer knappen halben Stunde gesamter Gehzeit stößt der Weg auf einen breiteren Forstweg. 
Links steht eine kleine Steinsäule mit einem Metallschild, ohne Beschriftung. Wenige Meter rechts davon ist ein kleiner Einstieg zu einem Pfad, den ich genommen habe. Er schlängelt sich bergauf, eine ganze Weile, bis der Wald sich lichtet. Eine dreiviertel Stunde nach meinem Start erreichte ich eine Wegkreuzung. Von hier folgte ich nicht mehr dem Pilgerweg nach Candelaria sondern bog nach links Richtung Portillo del Topo. Hier ist der Organos Höhenweg. Ich war etwas enttäuscht, die schöne Felsengruppe nie sehen zu können. Nun war ich fast oberhalb davon. Umgeben von einem weiten Kiefernwald, der mir entspannenden Duft spendete. Der Pfad ist schmal, gelegentlich bieten Stahlseile Halt. Nach einiger Zeit bieten sich immer wieder phantastische Ausblicke über das Orotavatal, den Ozean bis rüber zur Nachbarinsel La Palma (die man nur bei klarem Wetter sieht). Auch eröffnen sich herrliche Blicke auf den majestätischen Kegel des Teide. Es geht vorwiegend bergauf, ungefähr zwei Stunden lang. Man kann sich nicht vertun, es gibt keine Abzweigungen. Als ich schon fürchtete, doch den Weg verpasst zu haben, kam das erlösende Schild. Geradeaus geht es nach Esperanza, links ab zur Casa del Agua, (2,2 km) und La Caldera (4,9 km) 
Gleich nach dem ich abgebogen bin macht eine weiß rote Markierung darauf aufmerksam, zwischen Felsen und Kiefer wieder nach links zu gehen. Nun geht es nur noch abwärts. Vorsicht ist geboten, der Weg ist holprig und die Schicht trockener Kiefernnadeln ist rutschig. Ich befinde mich nun auf dem Camino Natural von La Esperanza im Anaga quer über die Insel nach Arona im Süden, insgesamt 84 km Wegstrecke. Ist für die Zukunft geplant. Jetzt bin ich weiter bergab, rot-weiße Markierungen überzeugen, auf dem richtigen Weg zu sein. Nach ca. 2 Kilometern durch sich ständig verändernder Vegetation, auch wieder Baumheide mit Flechten, gelegentlich ein Lorbeer, stößt man auf einen breiten Weg, nach rechts Richtung La Caldera. Ich habe die Casa del Agua passiert, ein großes Steinhaus, welches aber kein Wasser spendierte. 
Meine Flasche war inzwischen leer. Deshalb entschloss ich mich, nach ca hundert Metern dem Hinweis weiter bergab nach Aguamansa (1,7 km) zu folgen, wissend, dass es dort Restaurants gibt. Ein Vorteil, wenn man mit dem Bus fährt, statt mit dem eigenen Auto. Man muss nicht unbedingt zum Ausgangspunkt zurück. Es lohnte sich auch schon wegen der wieder völlig anderen Vegetation. Auf einem breiteren Weg biegt man links ab. Ich machte den Fehler, weiter bergab zu gehen und musste dann in einem großen Bogen wieder hoch in den Ort, hatte dafür endlich einen wunderbaren Blick auf die Orgelpfeifen, Los Organos. 
Mehr Bilder in der Galerie.

25.08.2020

Wie Sport unser Gehirn verjüngt und Alterungsprozesse verzögert



Wissenschaftler der American Association for the Advancement of Science (AAAS) haben erforscht, dass alte, unbewegliche Mäuse durch eine Bluttransfusion körperlich aktiver Mäuse eine gesteigerte Gedächtnisleistung aufweisen. Das Blut der Mäuse wurde untersucht und miteinander verglichen. Dabei konnten 30 Proteine entdeckt werden, die für die positiven Wirkungen auf das Gedächtnis mitverantwortlich sein könnten.

Untersuchungen ergaben, dass sich durch regelmäßige körperliche Aktivität im Blut gewisse Substanzen bilden, die die Gehirnfunktionen positiv beeinflussen können. In der Leber werden bestimmte Proteine gebildet, die durch das Ausüben von Sport vermehrt im Blut ausgeschüttet werden. Eines davon ist das Enzym Gpld1, ein bisher eher unerforschtes Enzym. Dieses Leberprotein wird von körperlich aktiven Menschen im Vergleich zu weniger aktiven Menschen, zunehmend produziert. Dies trifft sowohl beim menschlichen Körper, als auch bei Mäusen zu.

Wie Joachim Czichos im Fachmagazin Science berichtet: "Ein künstlich erhöhter Blutspiegel dieses Proteins hatte in Versuchen mit Mäusen einen ähnlichen positiven Effekt auf bestimmte Hirnfunktionen wie ein mehrwöchiges Training im Laufrad: „…die Versuche zeigten, dass der erhöhte Blutspiegel vorwiegend im Hippocampus zu einer Neurogenese führte. Die neugebildeten Nervenzellen waren besser untereinander vernetzt, deshalb konnte man eine Verbesserung der Lern- und Merkfähigkeit beobachten.“ Auch beim Menschen wurde eine gesteigerte Hirnleistung festgestellt. 

Überblick über die Forschungsmethoden

Bei den Forschungen wurde den körperlich aktiven Tieren, die sieben Wochen ein Laufrad zur Verfügung hatten, Blutplasma entnommen und über den Zeitraum von drei Wochen acht mal weniger aktiven Tieren injiziert. Eine Verbesserung der Hirnleistungen wurde festgestellt.

Für die darauffolgenden Tests wurden genetisch veränderte Mäuse, die das Enzym Gpld1, eine so genannte Phospholipase, unverhältnismäßig produzieren, herangezogen.

Das Ergebnis der Forschungen zeigt:

Trotz steigendem Alter konnte bei den Versuchstieren selbst ohne Lauftraining eine zunehmende Neubildung von Neuronen festgestellt werden. Die neugebildeten Neuronen steigern die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung. Daraus resultierte eine zunehmende Verbesserung kognitiver Fähigkeiten und ein Leistungszuwachs.



Gefunden bei https://www.forschung-und-wissen.de
Quelle: Science, doi: 10.1126/science.aaw2622

19.08.2020

Die daoistischen Methoden der Kampfkünste

 ...erfüllen drei wesentliche Aspekte: 

1) Sie dienen der Selbstverteidigung

2) Sie dienen der Gesundheit

3) Sie dienen der Selbstkultivierung

 

Selbstverteidigung 


Das Leben ist das einzige, was wir wirklich besitzen. Es ist uns gegeben für eine begrenzte Zeit. Es liegt an jedem selbst, diese Zeit so gut wie möglich zu nutzen.

Einem körperlichen Angriff begegnen zu können ist wichtig für den Erhalt des Lebens, der Gesundheit und der Selbstkultivierung. Das Grundprinzip der daoistischen Kampfkünste ist nicht die Konfrontation, sondern das Weichen. Nicht dort zu sein, wo der Gegner ist. Das bedeutet zu erst, sich nicht wissentlich in Gefahr zu begeben, Situationen zu meiden, in denen man mit Angriffen rechnen muss. Nicht provozieren. Kommt es trotzdem zu einer körperlichen Auseinandersetzung, so gilt es, sein eigenes Leben und die eigene Gesundheit zu schützen. Ebenso den Gegner nicht zu verletzen oder gar zu töten, nur wenn es zum Erhalt des eigenen Lebens nicht zu vermeiden ist.Schlägen, Tritten und Hieben weicht man aus, lässt sie ins Leere laufen oder lenkt ihre Energie auf den Angreifer zurück. 

Es gibt allerdings auch Schulen, die sagen, man müsse möglichst schnell den ersten Treffer landen und damit sofort den Gegner ausschalten. Das schließt aber das vorher gesagte nicht aus.

 

 

Gesundheit

 

Das wertvollste Gut in unserem Leben ist die Gesundheit. Wir sollten alles tun, sie zu schützen und zu erhalten. Das chinesische Konzept der Lebenskraft Qi betrachtet den Menschen und seine Gesundheit von einer völlig anderen Perspektive als die westliche Medizin. Die Lebenspflege, in der Ernährung, Massage, Atemübungen, Meditation und Bewegungspraxis enthalten sind, richtet sich auf den energetischen Körper, von wo aus alle anderen Systeme, wie sie auch die westliche Medizin kennt (z.B. Knochen, Organe, Bindegewebe, Nerven etc.) versorgt werden. Qi verbindet aber nicht nur die körperlichen Systeme, es wirkt auch auf die emotionalen und geistigen Kräfte und deren Aktionen. Der Zustand unserer Lebenskraft Qi bedingt demnach sämtliche Funktionskreise unseres Wesens, all dessen was wir für das „Ich“ halten. Die Lebenspflege (Yangsheng 養生) sollte unsere vornehmste Aufgabe sein. 

 

Selbstkultivierung

 

Während es schon schwierig für die meisten Menschen ist, sich für den Erhalt ihrer Gesundheit einzusetzen, ist es noch schwerer, sich darüber hinaus zu kultivieren. Derzeit ist es eher en vogue, jenen zu applaudieren, die sich nicht kultivieren können, weil sie sich selbst nicht wahrnehmen. Jene, die völlig unkontrolliert ihren Trieben folgen, Bildung verabscheuen und damit noch ein Vermögen verdienen. Die Selbstkultivierung erfordert Disziplin. Nicht eine auferlegte. Wer den Weg gehen will, soll sich zuerst befreien von jeglicher Kontrolle, auch der eigenen. Kein „ich sollte, ich müsste, richtig wäre es…“

Die Disziplin muss ganz von innen kommen. So wie die Planeten und Gestirne ihre Bahnen einhalten. Es muss dem Wesen eigen sein. Ohne Frage, ohne Zweifel. Voller Vertrauen.

 

Mehr brauche ich dazu nicht sagen.

06.08.2020

Die nicht gehaltene Rede des Philosophen und Historiker Achille Mbembe zur Ruhrtriennale in Bochum

Veröffentlicht in der SZ am 04.08.2020 Foto: Heike Huslage-Koch 

Am 14. August sollte der Philosoph und Historiker Achille Mbembe die Ruhrtriennale in Bochum mit einem Vortrag eröffnen. Sein geplanter Auftritt löste eine große Debatte aus, nachdem der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, Mbembe wegen Passagen in seinem letzten auf Deutsch erschienenen Buch "Politik der Feindschaft" des Antisemitismus bezichtigte. Hunderte von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt, auch aus Israel, nahmen Mbembe gegen die Vorwürfe in Schutz. Da die Ruhrtriennale inzwischen wegen Corona abgesagt ist, kann Mbembe seine Rede nicht halten. Wir drucken sie hier in minimal bearbeiteter Form ab.

Die Ökonomie und das Leben

Covid-19 hat eine Reihe von Ahnungen bekräftigt, die viele seit einem halben Jahrhundert unablässig wiederholt haben, oft, ohne sich damit Gehör verschaffen zu können. Die erste betrifft den Status und die Position des Menschen im Universum: Wir sind nicht die einzigen Bewohner der Erde und stehen nicht über den anderen Lebewesen. Wir sind durchzogen von Interaktionen mit Mikroben, Viren, pflanzlichen, mineralischen, organischen Kräften. Wir werden zum Teil aus diesen anderen Lebewesen gebildet. Aber sie zersetzen uns auch, setzen uns neu zusammen. Sie formieren uns und deformieren uns, unsere Körper, unsere Umgebung, unsere Arten zu leben.
Damit zeigen sie nicht nur, wie komplex und fragil das Fundament ist, auf dem die menschliche Zivilisation beruht. Auch das Leben selbst ist in seiner Anarchie und all seinen Formen verletzbar, begonnen mit dem Körper, der es beherbergt, dem Atem, den es verströmt, und all dem Notwendigen, ohne das es verkümmert. Diese grundlegende Verletzlichkeit macht das Wesen der menschlichen Art aus, aber auch das aller anderen, die diesen Planeten bevölkern, den starke Kräfte unbewohnbar zu machen drohen.

Eine planetarische Struktur

All denen, die das vergaßen, hat die Epidemie das Chaos, die Gewalt und die Ungerechtigkeit vor Augen geführt, die die Welt strukturieren. Trotz einzelner Fortschritte bleibt der "ewige Friede", den Immanuel Kant beschwor, für viele Völker ein Trugbild. Immer noch ist es der Mechanismus des Kriegs, durch den die Souveränität und Unabhängigkeit vieler Völker geschützt werden. Man nennt ihn verschämt die "Balance of Power". Wir sind weit entfernt von einer internationalen, mit einem wirksamen Mandat ausgestatteten, solidarischen Ordnung, die die nationalen Souveränitäten transzendiert. Die Rückkehr zu nationaler Abschottung erlaubt hier keine Hoffnung.
Auf der anderen Seite knüpfen die Technologie, die Medien und das Finanzwesen - eine Konstellation physischer, natürlicher wie organischer und mechanischer Kräfte - ihre Maschen zwischen allen Regionen der Welt. Ohne Rücksicht auf staatliche Grenzen, oder indem sie sich paradoxerweise auf sie stützen, bildet sich über den ganzen Planeten eine Struktur aus, die sich von der offiziellen Kartografie stark unterscheidet.
Mit ihren Knoten und Interdependenzen ist sie kein Äquivalent zur "Globalisierung", zumindest nicht in dem Sinn, wie man diesen Begriff seit dem Ende der Sowjetunion versteht. Es handelt sich eher um ein zersprengtes Ganzes, ein Flechtwerk von Netzen, Fluten und Strömen, die sich fortlaufend neu formieren, in unterschiedlicher Geschwindigkeit und auf vielfältigen Ebenen.
Es ist das Ergebnis diverser Verflechtungen, angefangen mit den Territorien von Mensch und Natur und ihren jeweiligen Rändern. Es zeichnet ein Raster der Welt aus vielfältigen abgelegenen Zonen und einer Menge großer und kleiner Kerne. Keiner von ihnen ist für sich. Alle dienen, für den einen oder anderen Moment, als Relais für das schnelle Fließen aller möglicher Ströme.
Natürlich bewegt sich nicht alles im selben Rhythmus. Aber Mobilität und Geschwindigkeit in ihren vielfältigen Ausformungen - an Land, auf dem Meer, in der Luft, via Satellit und Kabel - bestimmen nun die planetare Existenz. In Bewegung sind nicht nur die Flüsse des Kapitals. Die Menschen, die Tiere, die Krankheitserreger und die Objekte bewegen sich ebenfalls. Die Mobilität erfasst alle Arten von Handelsgütern, Daten und Informationen.
Hier werden die Rohstoffe gefördert, am nächsten Ort veredelt. Noch weiter weg werden die einzelnen Teile zusammengebaut. Bei aller Diskontinuität aber sind die Abläufe oft die gleichen, vom rohesten Konkreten zur ätherischen Abstraktion. Nach und nach entstehen so über den ganzen Planeten hinweg gezogene Netze. Es liegt ein Moment von Chaos darin, wie diese in Erscheinung treten. Da sie nicht zu beherrschen sind, läuft ihre Entwicklung Gefahr, die Brutalität zu beschleunigen und in eine unheilbare Krise der Beziehungen zu münden zwischen der Menschheit, ihren Instrumenten und dem übrigen Lebendigen.

Blutverbot

Covid -19 hat eine der tragischen Grundlagen jeder politischen Ordnung in den Blick gerückt - jene, die wir am ehesten geneigt sind zu vergessen. Die Frage, welche Menschenleben geopfert werden können, um den Fortbestand der politischen Gemeinschaft zu sichern. Von wem, zu welchem Zeitpunkt, weshalb und unter welchen Bedingungen?
Es gibt keine Gesellschaft, die nicht in dieser oder jener Form auf dem Konzept des Blutverbots beruht, nach dem Blut nur unter bestimmten Bedingungen vergossen werden darf. Unabhängig von Herkunft, Religion oder Hautfarbe ist jede Gesellschaft in Wahrheit nicht aus einander ähnlichen Menschen gebildet, sondern aus unähnlichen. Das Blutverbot hat die Aufgabe, diese innere Teilung zu bannen und zu verhindern, dass die Mitglieder einer Gemeinschaft sich gegenseitig töten.
Allerdings unterscheiden sich die menschlichen Gemeinschaften darin, wie sie, wenn sie in ihrer Existenz bedroht sind, mit der Frage umgehen, wer für entbehrlich erklärt wird, damit der Lauf des Lebens nicht unterbrochen und die größte Zahl an Menschenleben geschont wird. Lässt sich ein solches Opfer vollziehen, ohne dass die inneren Konflikte verschärft werden, ohne dass die soziale und politische Einheit der Gruppe zerstört wird?
Epidemien, Hungersnöte, vor allem aber auch Kriege waren solche historischen Ereignisse, in denen verlangt wurde, einige Leben zu opfern, um die anderen zu schützen. Es waren Momente des zerstörerischen Chaos, die den unerbittlichen Einsatz von Gewalt verlangten. Es ging darum, den Feinden, die man beschuldigte, den Fortbestand der Gemeinschaft zu gefährden, den Tod zu bringen. Doch im Krieg, jenem allgemeinen Austausch des Todes, setzt sich derjenige, der den Feind angreift, der Gefahr aus, unter dessen Waffen zu fallen.
Seit dem 21. Jahrhundert verläuft die Zählung, das Wägen der Leben und die Identifikation potenziell zu Opfernder nach den Kriterien der Ökonomie. Karl Polanyi hat daran erinnert, dass die Wirtschaft und besonders der Handel nicht immer als friedlich galten. In der Vergangenheit "war die Organisation des Handels militärisch und kriegerisch. Der Handel war ein Hilfsmittel des Piraten, des Korsaren, der bewaffneten Karawane, des Jägers und Trappers, der degentragenden Kaufleute, der städtischen Bourgeoise in Waffen, der Abenteurer und Forscher, der Plantagenbesitzer und Konquistadoren, der Menschenjäger und Sklavenhändler und der Kolonialarmeen".
In unseren Tagen vollzieht sich das Wägen der Leben nicht nach Verschuldung, Gerechtigkeit und moralischer Verpflichtung, die die Zugehörigkeit des Einzelnen zur Gemeinschaft ausmacht. Sie vollzieht sich aufgrund einer Reihe von Kalkulationen. Diese Kalkulationen leiten sich alle ab von einer einzigen Überzeugung - dass die Gesellschaft keine Autonomie an sich mehr hat. Sie ist schlicht ein Appendix des Marktes geworden. Das ist das große Dogma und die große Herausforderung.
Demnach gelten Gewinn und Profit als vorrangig vor allen anderen menschlichen Motiven. Jeder Gewinn ist Ergebnis eines Verkaufs. Die Marktpreise beherrschen die Existenz. Mehr noch, jedes menschliche Leben ist ein Potenzial, eine Wahrscheinlichkeit, und die Berechnung des Werts eines Lebens ähnelt der Wahrscheinlichkeitsrechnung. In dieser Rechnung zählt allein das Moment der Effizienz. Leben existiert nur, wenn es verbraucht werden kann, und indem man akzeptiert, sich einiger Leben zu entledigen, kann das der Mehrheit erhalten werden.
Da das Anthropozän unseren Eintritt in ein neues virales und pathogenes Zeitalter bedeutet, droht die Frage, welche Körper die Gemeinschaft anstecken könnten und welcher Menschenleben man sich entledigen sollte, um die Mehrheit zu retten, in Zukunft zu einem wichtigen Thema der Politik zu werden.

Neo-Malthusianismus und Recht auf Zukunft

Angesichts des Zustands der Erde besteht die Gefahr, dass sich Ereignisse wie die Covid-19-Pandemie in naher Zukunft wiederholen. Die Ausweitung von Monokulturen, die Industrialisierung der Fleischproduktion, die Intensivierung der Kontakte der menschlichen mit anderen Arten und die Klimakatastrophe könnten dazu beitragen, dass bald weitere Pandemien auftreten. Da jede von ihnen letztlich die Möglichkeit unserer Vernichtung impliziert, werden sie große Ängste hervorrufen, begleitet von Aufwallungen der Irrationalität. Mehr noch, sie werden mehr denn je die Frage nach dem Recht auf Existenz aufwerfen, dem Recht auf Zukunft.
Dieses Recht auf Existenz wird immer weniger zu trennen sein von seinem Gegenpart: der Frage, wer die Ansteckung in sich trägt, wer also eliminiert werden kann, damit die Masse überlebt. Dass die scheinbar gesundheitspolitischen Entscheidungen letztlich das Überleben derer bedrohen, die unerwünscht sind, ist momentan das große Risiko. Dieses Risiko liegt den von der Ökonomie entliehenen Maßstäben ebenso zugrunde wie den neuen staatlichen Maßnahmen, die durch die Pandemie möglich wurden.
So notwendig sie auch sein mögen, so wenig sind die Technologien, die in der aktuellen Krise zum Einsatz kommen, sicher gegen diesen Missbrauch. Im Gegenteil: Im Namen der Seuchenprävention könnten sie gegen jeden Menschen angewendet werden, der als biologisches Risiko definiert wird.
Schon jetzt hat der Staat eine Reihe seiner Aufgaben delegiert. Sie werden mehr und mehr von Großkonzernen erledigt, vor allem im Bereich der künstlichen Intelligenz, der Quantentechnologie und der digitalen Überwachung.
Hier stellen sich viele Fragen, auf die es keine überzeugenden Antworten gibt. Wenn die Realität inzwischen nicht anders beschrieben oder repräsentiert werden kann als durch Zahlen und Codes, und wenn Codes und Zahlen mehr und mehr die Dimension einer Kosmogonie annehmen, wie soll man verhindern, dass die Logik, die das Wägen der Leben bestimmt, sich in eine eliminatorische, eine Logik der Auslöschung verwandelt? Hat man es im Zeitalter des grenzenlosen Berechnens mit Gewissheiten zu tun oder mit Wahrscheinlichkeiten, also Situationen mit ungewissem Ausgang? Was bedeutet immunologische Abwehrkraft, wenn Risiko das Gleiche ist wie die Quantifizierung des Zufalls? Was ist das für ein Staat, der sich, statt die Gesellschaft zu verteidigen, gegen seine Bevölkerung wendet?
In einigen Ländern hat man im Namen von Schutz und Fürsorge entschieden, die Bevölkerung einzusperren, um Ansteckungen zu vermeiden. Auf den ersten Blick ging es darum, Menschenleben zu retten und keines sinnlos einer Opferung auszusetzen.
In Wahrheit wurde dafür natürlich doch ein Preis fällig, für die Gesellschaft und den Einzelnen. Die Wirtschaft wurde zum großen Teil zurückgefahren, viele Firmen, in denen unter ausbeuterischen Bedingungen gearbeitet wird, produzierten aber nach wie vor. Warenlager, Rechenzentren, Massenfarmen, Fleischfabriken und andere Stätten des Massenkapitalismus waren weiter in Betrieb. Nicht alles kam zum Stillstand.
Viele wurden arbeitslos, haben ihr Einkommen verloren und damit letztlich ihr Leben. Die Staatshaushalte sind geplündert. Man sagt eine Rezession voraus. Es wurden Kredite ausgehandelt und ein Teil der Zukunft kommender Generationen mit Hypotheken belegt.

Es ist bekannt, dass es in den ärmsten Regionen der Erde keine Versicherung oder Unterstützung gibt, falls man vorübergehend oder länger in Elend und Armut fällt - eine Konstante im täglichen Kampf ums Überleben. Hier ist schon in gewöhnlichen Zeiten die Gleichheit vor dem Tod ein Mythos. Das Recht auf Existenz ist nichts wert, solange es nicht verbunden ist mit dem, was daraus folgt, dem Recht auf Versorgung mit dem Lebensnotwendigen. Um zu bekommen, was man braucht, muss man weite, unsichere Wege gehen, Genehmigungen einholen, verhandeln, manchmal auswandern, und, wenn es nicht anders geht, zu illegalen Mitteln greifen.
Nachschub, Verpflegung und Zugang zum Lebensnotwendigen erfordern Mobilität. Sie sind auch abhängig von der Fähigkeit, soziale Netze der Solidarität zu knüpfen, Verpflichtungen und Zugehörigkeiten zu mehren, das Provisorische in eine notwendige Ressource für die Permanenz umzuwandeln.
Ohne das Zusammentreffen der Körper, ihre Nähe, den Kontakt mit anderen Menschen, ohne die Menge ist der Kampf ums Überleben von Beginn an verloren. Man gewinnt ihn nicht in der physischen Isolation, sondern Körper an Körper. Angesichts dieser Bedingungen kommt die erzwungene Immobilität nicht nur einer Bestrafung gleich. Sie setzt auch einen großen Teil der Bevölkerung enormen Risiken aus. Niemand kümmert sich um die ärmsten Gruppen, gleichzeitig sind sie nicht mehr in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern.
Die verwundbarsten Teile der Bevölkerung sind unter dem Lockdown mit einer noch dramatischeren Alternative konfrontiert: Entweder sie befolgen die Anordnung, zu Hause zu bleiben, und verhungern oder sie pfeifen auf die Anordnungen und laufen Gefahr, sich anzustecken.
Nach dem Ende des Lockdowns heißen die Alternativen nicht mehr Virus oder Hunger, aber das Dilemma ist nicht minder groß. Man muss, gemäß der Logik des Markts, die Wirtschaft wieder hochfahren, koste es, was es wolle, notfalls auch zum Preis einiger Menschenleben. Nur ein winziger Teil der Bevölkerung wird am Virus sterben. Früher oder später, so die Überlegung, wäre dieser untätige und zur Arbeit nicht zu gebrauchende Teil der Bevölkerung ohnehin erwischt worden, wenn nicht vom Virus, dann von den Vorerkrankungen.
Der Versuch, diese Gruppe um jeden Preis am Leben zu halten, kommt nicht nur die Gesellschaft teuer. Ihr Überleben wäre mit noch mehr Menschenleben zu bezahlen. Denn der Ruin der Wirtschaft würde die Auflösung der Gesellschaft nach sich ziehen, solche Kosten wären untragbar. Es ist also nur konsequent, sie gleich sterben zu lassen.
Nach der kapitalistischen Logik hängen das Recht auf Existenz oder das Recht auf Grundversorgung letztlich nur von Spekulation und den Fluktuationen des Markts ab. Das Leben muss verdient werden, und man verdient nichts, wenn man nichts tut. Eines der Mittel, sein Leben zu verdienen, ist es, für Lohn zu arbeiten. Nur die haben wirklich das Recht auf Leben, die es selbst verdienen. Allerdings ist es eine Tatsache, dass heute viele, die das durchaus wollen, keine Arbeit finden. Den Broterwerb muss man sich im Feld des Zufalls und der Ungewissheit suchen.

Die Zeit der Entscheidung

Covid hat also verschiedene Formen menschlicher und sozialer Degradation hervortreten lassen und verschiedene Formen ökonomischer Abhängigkeit. In der Zeit des digitalen Kapitalismus genügt es nicht mehr, seine Arbeitskraft auf dem Markt anzubieten. Die Arbeit wird Gegenstand der Spekulation. Aber es gibt auf der Welt immer weniger bezahlte Arbeit.
Das ist vor allem in den Weltregionen der Fall, wo das Virus Gesellschaften heimsucht, die schon zuvor bedroht waren, weil sie vertrieben oder unterdrückt werden. Regierungen, die ihre Bürger im Stich lassen und aufgeben, sind dort die Regel. Dort finden die brutalsten - auch medizinischen - Experimente an der Kreuzung von Leben und Nicht-Leben statt. Dort funktioniert die Marktwirtschaft besonders oft, indem sie verbraucht, verschwendet und plattmacht.
Die Opferung läuft in diesem Kontext nicht unbedingt auf einen willkürlichen Mord hinaus. Aber sie hat nichts wie auch immer Sakrales. Sie zielt nicht darauf ab, sich mit der Anmut und Gnade eines Göttlichen zu versehen. Das Opfer verlangt, dass man zur Auszählung schreitet, dass man misst, die Leben wägt, und dass man sich derer entledigt, die offenbar nicht zählen. Heute gilt diese Politik des Plattmachens als Teil der normalen Ordnung, die man nicht mehr infrage stellt, so sehr versteht sie sich von selbst.
Die Frage ist, wann der Moment der Entscheidung kommen wird. Wann werden wir uns endlich klar darüber, dass ein solches Opfer sozial unerträglich ist? Wann kehren wir zu der Vorstellung zurück, dass das Leben das ist, was keinen Preis hat? Ohne einen Preis geht das Leben auf das zurück, was jenseits jeder Bemessung ist. Es kann weder gezählt noch gewogen werden. Es ist schlicht unkalkulierbar.

Aus dem Französischen von Fritz Göttler und Jörg Häntzschel.

19.05.2020

Verzweifelte und verwirrte Apokalyptiker


Ein Radfahrer im Sträflingskostüm fährt ein Schild „Demokratie jetzt“ spazieren. Barfüßige Hippies mit imposanten Dreadlocks spielen Hüpfekästchen. Ein sufistischer Derwisch dreht sich wirbelnd im Kreis. Ein Mütterchen in Multifunktionsjacke schwenkt erbost die Flagge des Deutschen Reichs. Eine Beseelte skandiert „Jesus rettet Leben – Bill Gates zerstört Leben!“ Zwei Männer, die aussehen, als würden sie sonst auf Mittelaltermärkten Poffertjes und selbstgemachten Himbeeressig verkaufen, halten heute anklagend das Grundgesetz in die Höhe.

Ein bizarrer Zug, der sich als Demonstration begreift und als „Hygiene-Spaziergang“ bezeichnet: Es geht gegen die Maßnahmen der Regierung im Kampf gegen Covid-19, es geht um Meinungsfreiheit, das Versammlungsrecht, aber auch um Impfpflicht, Mietwucher, Atommüll-Transporte und um die Solidarität mit Geflüchteten. Es geht um unterirdische Lager, in denen entführten Kindern das Serum Adrenochrom abgezapft werde, es geht um die Rechtschreibreform und um ein bedingungsloses Grundeinkommen. Es ist eher ein Karneval der Ideologien als eine Demonstration.

In Michael Endes Roman „Die Unendliche Geschichte“ stößt der Held Bastian Balthasar Bux im Reich Phantásien auf das heimatlose Volk der Schlamuffen. Die Schlamuffen sind bunte Wesen, die immer Spaß wollen, „in allerhand karierten, gestreiften, geringelten oder gepunkteten Plunder gekleidet, doch schien jedes Kleidungsstück entweder zu eng oder zu weit, zu groß oder zu klein und sozusagen auf gut Glück zusammengenäht.“ Keine Schlamuffe gleicht einer anderen, manche haben bunte Haare, manche haben Glatzen. Die Schlamuffen reden viel und bringen gedanklich alles durcheinander: „Habt Ihr das gehört? Habt Ihr das begriffen? Er ist unser Tolwäter! Er heißt Nastiban Baltebux! Nein, er heißt Buxian Wähltoter! Quatsch, er heißt Saratät Buxiwohl! Nein, Baldrian Hix! Schlux! Babeltran Totwähler! Nix! Flax! Trix!“ Vor allem aber glauben die Schlamuffen, dass sie alles dürfen und niemand ihnen etwas verbieten darf.

Aber nicht nur in der Literatur, auch in der Geschichte gab es immer wieder von der Logik Herausgeforderte und Verwirrte, die sich für Erleuchtete hielten – und sich mangels gesellschaftlicher Anerkennung zu Zügen und Prozessionen zusammenfanden, um in der Gemeinschaft anderer Verwirrter ihren disparaten Thesen Gewicht zu verleihen.

Als Papst Urban II. 1095 für den August 1096 zum Ersten Kreuzzug aufrief und allen Teilnehmern Straffreiheit und den Einzug ins Paradies zusicherte, konnte er nicht damit rechnen, dass bereits im April 1096 allerlei Gesindel nach Jerusalem aufbrach. Eine Armee aus bis zu 40.000 Kleinbauern, Frauen und Kindern, denen geweissagt worden war, das Ende der Welt stehe unmittelbar bevor. Dieser so genannte „Volkskreuzzug“ war allerdings weniger religiös motiviert, sondern eher eine willkommene Fluchtmöglichkeit für Gauner, Kriminelle und Halunken. Wie heute – wer teilnahm, war quasi nicht der Gesetzbarkeit unterworfen, im Sinne des Wortes immun und fühlte sich dadurch unantastbar. Das führte nicht nur zu schrecklichen Pogromen an der jüdischen Bevölkerung in Mainz, Worms und Speyer, sondern auch zu allerlei wirren Selbstermächtigungen: Phantasten, die den Heiligen Schweif eines Esels verehrten oder einer von Gott erleuchteten Gans folgten.

Etwa 300 Jahre später, in der Zeit der großen Pest-Pandemie zwischen 1346 und 1353, der etwa ein Drittel der damaligen Weltbevölkerung zum Opfer fiel, war social distancing der Aufschlag für eine merkwürdige Gegenbewegung: Zunächst „mied ein Bürger den anderen, dass fast kein Nachbar für den anderen sorgte und sich selbst Verwandte gar nicht oder nur selten und dann nur von weitem sahen“, wie Giovanni Boccaccio in seinem „Decamerone“ schrieb.
Dann jedoch entstanden religiöse Bewegungen, die bestehende Autoritäten in frage stellten, denn auch die standen der Pandemie letztlich hilflos gegenüber. In unmittelbarer Erwartung des Weltuntergangs zogen Flagellanten in Geisterzügen durch die Gegend, die die kirchliche Macht für obsolet erklärten.
Durch die Selbstgeißelung bliebe der Einzug ins Paradies nach dem Weltuntergang den Flagellanten vorbehalten, so deren Überzeugung. Der florentinische Geschichtsschreiber Matteo Villani berichtet angesichts der Pest von anderen Formen des Protests gegen die öffentlichen Verhaltensregeln:
„Die Menschen […] trieben es zügelloser und erbärmlicher als jemals zuvor. Sie ergaben sich dem Müßiggang, und ihre Zerrüttung führte sie in die Sünde der Völlerei, in Gelage, in Wirtshäuser, zu köstlichen Speisen und zum Glücksspiel. Bedenkenlos warfen sie sich der Lust in die Arme.“
Auch im Zuge der Schwarzen Pest kam es dann durch den Verlust weltlicher und kirchlicher Autorität zu Pogromen an der jüdischen Bevölkerung als vermeintlich Schuldige an der Katastrophe.

Nein, Geschichte wiederholt sich nicht, auch wenn die großen schwedischen Geschichtstheoretiker von ABBA in ihrem Opus Magnum „Waterloo“ anderes behaupten („the history book on the shelf is always repeating itself“). Aber sie zeigt, dass in Zeiten großer Krisen immer auch verzweifelte und verwirrte Apokalyptiker an die Oberfläche gespült werden. Sie marschieren dann zwar gemeinsam, aber jeder kämpft für sein eigenes, einsames Ziel. Das macht auch die so genannten Hygiene-Spaziergänge nicht zu einer Demonstration, sondern zu einem Schlamuffen-Marsch mit Grundgesetz.

Man kann die Maßnahmen der Regierungen kritisieren, man muss nicht jede Entscheidung der Behörden gutheißen – aber es ist sicher keine gute Idee, sich einzureihen in die karnevalistische Prozessions-Farce der Imbezilen.


Quelle: https://errorcompany.org/2020/05/19/der-reiter-und-das-himmliche-kind/?fbclid=IwAR1bjLXV1W0Z9VJx4TdCTbpsGMU6jqbjEjy3ng7Cp5CjczWGQSFxfvADffA

02.05.2020

Zurückkehren zur ursprünglichen Natur


Es gibt eine grenzenlose Leere jenseits von Geburt und Tod
In der alles enthalten ist.
Kehre zurück zu jenem Ort, der vor Deiner Geburt war,

Diese Kleider, die wir tragen sind erworbene Dinge
Dieser Körper ist der erworbene Körper
Alles was du sehen kannst in dieser Welt der Materie ist Erworbenes
In der Meditation gehen wir dahin, was wir von Natur aus sind
Wir wenden uns unserer ursprünglichen Natur zu
nehmen wieder Platz in unserer ursprünglichen Natur
Wie ein neu geborenes Kind.

Reinige Deinen Geist, bis er glatt und klar ist wie ein leerer Spiegel
in dem sich nichts zeigt
Wenn es niemand gibt, der sich bewegt,
wenn es keine Bewegung gibt
wenn es niemand gibt, der bemerkt, das es keine Bewegung gibt
Wenn es auch keine Stille mehr gibt
Dann bist du zurückgekehrt zu deiner ursprünglichen Natur.

08.04.2020

Herkunft von Qigong und Taiji Quan

Qigong
ist eine sehr alte Methode der Gesunderhaltung und Heilung und hat seine Wurzeln wohl in schamanischen Tänzen und Tierimitationen, mit deren Hilfe Krankheiten und Unheil abgewendet werden sollten.
Daraus entwickelte sich eine Kultur und Wissenschaft der Körperbewegungen, die im Laufe der Jahrtausende durch die daoistische Philosophie, den Buddhismus und die Chinesische Medizin maßgeblich beeinflusst wurden.
Die ältesten Zeugnisse sind die Seidenbilder aus dem Fürstengrab bei Mawangdui (ca. 300 vor 0) und im Huang Ti Nei Jing Su Wen, dem Medizinbuch des Gelben Kaisers, auch um diese Zeit entstanden. Das Huang Ti wird gerne weiter zurück datiert, aber dazu gibt es keine Belege. In beiden Fällen werden Übungen gegen bestimmte Krankheitsbilder beschrieben bzw erwähnt oder dargestellt. Aus den Mawangdui Bildern lassen sich keine Übungsabläufe rekonstruieren.

Qigong ist ein moderner Begriff, unter dem verschiedene Richtungen zusammengefasst werden, die früher mal eigenständig nebeneinander existierten, mit verschiedener Herkunft und verschiedener Zielsetzung. "Gong" steht dabei für das beharrliche Arbeiten oder Üben. Qi hat im Chinesi­schen vielerlei Bedeutungen, wir wollen uns hier mit der Übersetzung "Lebenskraft" begnügen.

Wir gehen davon aus, dass diese Energie durch Nahrung und Atmung gewonnen und über ein Netz von Leitbahnen im Körper verteilt wird. Daneben wird angenommen, dass der Körper über Qi-Zentren verfügt, in denen die Energie gesammelt wird. An einigen Punkten erfolgt ein Austausch mit der Umwelt und mit dem Kosmos.

Wenn auch die vielfältigen Methoden, die unter dem Begriff Qigong vereint werden, sehr unterschiedliche Ziele haben können, so sind ihnen gemein, die Gesundheit zu verbessern und ein langes, glückliches Leben zu ermöglichen.


Gong Fu und TaiJi Quan
kommen von der Kampfkunst. Gongfu ist eine moderne westliche Bezeichnung für chinesische Kampfkunst. Bei Taiji Quan weist Quan schon darauf hin: es bedeutet Faust(kampf).

Gerne wird der Kampfkunst eine Entwicklungsgeschichte von 2500 bis 4000 Jahren angedichtet. Damals haben die Menschen ganz sicher auch gekämpft, ernsthaft. Wenn man will, hat sich aus der ersten Klopperei die ganze Kampfkunst entwickelt.
Die Menschen lieben es nun mal, den Ereignissen einen Hauch von Mysterium anzuhängen. Die Chinesen sind Meister der Nachdichtung. Zeitliche Reihenfolgen purzeln da gerne mal durcheinander.
„Über die Kriegskunst“ von Sunzi (544 v. 0 bis 496 v. 0 ) gilt als frühestes Buch über Strategie und ist bis zum heutigen Tage eines der bedeutendsten Werke zu diesem Thema. Es behandelt die Kriegskunst, nicht den Einzelkampf, wird aber gerne auch zu dessen Theorien hinzugezogen. Das gleiche gilt für die 36 Strategeme des Tan Daoji aus ungefähr der gleichen Zeit.

Als große Quelle chinesischer Kampfkünste wird das
Shaolin Kloster angeführt.

Da Mo (Boddhidharma, 440 bis 528) soll dort Übungen eingeführt haben zur Verbesserung der Gesundheit seiner Mönche nach den langen Sitzperioden. Im allgemeinen werden die überlieferten Yi Jin Jing Übungen dafür angesehen. Das ist, wenn man so will, Qigong, aber keine Kampftechnik. Kämpfen lernten die Shaoilin Mönche erst ca 200 Jahre nach Da Mo. Natürlich eignen sich einige Qigong Methoden sehr gut als begleitendes Training.


Als Gegenpol zu Shaolin werden die Klöster der
Wudang Berge genannt. 
Es heißt in China: „Im Norden Shaolin, im Süden Wudangshan.“

Auch dort wurden wohl schon über eine längere Zeit Kampfkünste, vor allem die Schwertkunst, gepflegt. Als besonderes Ereignis gilt die Einführung einer Fausttechnik durch den Gelehrten Zhang San Feng, der diese, inspiriert vom Kampf zwischen einem Kranich und einer Schlange, entwickelt haben soll. Mit der später Taiji Quan genannten Methode entstand ein Weg der Selbstverteidigung, Heilung und Meditation; eine einzigartige Kombination.

Schreibweisen
Eigentlich sollte das kein Problem sein. Es gibt zwei "offizielle" Umschreibevorschläge für die chinesische Schrift; die ältere Wade-Giles, die von der Republik China auf Taiwan favorisiert wird und die von der VRC entwickelte Pinyin. Natürlich leben wir in einem freien Land und jeder kann schreiben wie's gefällt. Es sollte nur beim Empfänger keine zu große Verwirrung auslösen.
Pinyin = Qìgōng,
Wade-Giles = Ch'i-kung.
Alles andere ist Phantasie. In der Wade-Giles gibt es nun mal die häufigen Apostrophe, die sich niemand merken kann, weswegen meist Chi Kung geschrieben wird.

Noch verwirrender ist es mit der Schreibe für Taiji Quan. Das war jetzt Pinyin. In der Wade-Giles (mit den Apostrophen) T’ai Chi Ch’üan, gekürzt auf Tai Chi Chuan, das ü wird meistens weggelassen. Auch das Chuan oder Quan wird von sehr vielen Praktikern eliminiert, aber es ist ein wesentlicher Bestandteil des Begriffs, wie ich oben schon mal gesagt habe.

Wer gar keine Ahnung hat schreibt Thai Chi.