16.09.2020

Etwas über Viren


Viren, kleiner und einfacher als Bakterien, sind selbst nicht lebendig. Allein sind sie völlig leblos und ungefährlich. Bringt man sie aber in eine geeignete Wirtszelle, sprühen sie plötzlich vor Eifer – sie werden lebendig. Man kennt etwa 5000 Virustypen, die uns insgesamt mehrere 100 Krankheiten bescheren, von Grippe und gewöhnlicher Erkältung bis hin zu heimtückischen Leiden wie Pocken, Tollwut, Gelbfieber, Ebola, Kinderlähmung und schließlich AIDS, das durch das menschliche Immunschwächevirus hervorgerufen wird.

Viren vermehren sich, indem sie das genetische Material einer lebenden Zelle unter ihre Kontrolle bringen und zur Herstellung neuer Viren nutzen. Sie pflanzen sich sehr schnell fort, befreien sich aus der Zelle und suchen nach neuen Zellen, die sie besiedeln können. Da sie selbst keine Lebewesen sind, können sie sich einen sehr einfachen Aufbau leisten. Viele von ihnen, so auch HIV, besitzen noch nicht einmal zehn Gene, die einfachsten Bakterien dagegen benötigen bereits mehrere 1000 derartige Einheiten. Außerdem sind sie winzig klein, sodass man sie nicht einmal mit einem herkömmlichen Lichtmikroskop sehen kann. Erst 1943, nachdem man das Elektronenmikroskop erfunden hatte, bekamen Wissenschaftler sie erstmals zu Gesicht. Dennoch können sie gewaltige Schäden anrichten. Allein an den Pocken starben im 20. Jahrhundert schätzungsweise 300 Millionen Menschen

Außerdem besitzen Viren die beunruhigende Fähigkeit, sich der Welt in immer neuer, verblüffender Form zu präsentieren und dann ebenso schnell wieder zu verschwinden, wie sie gekommen sind. So etwas ereignete sich 1916: Damals erkrankten Menschen in Europa und Amerika plötzlich an einer seltsamen Schlafsucht, die unter dem Namen Encephalitis lethargica bekannt wurde. Die Betroffenen schliefen einfach ein und wachten nicht mehr auf. Man konnte sie zwar mit viel Mühe wecken, damit sie etwas aßen oder die Toilette aufsuchten, und auf Fragen gaben sie auch sinnvolle Antworten – sie wussten, wer und wo sie waren –, aber sie verhielten sich stets völlig teilnahmslos.

Die Krankheit forderte innerhalb von 10 Jahren ungefähr fünf Millionen Opfer und verschwand dann wieder in aller Stille.

Aus Bill Bryson, Eine kurze Geschichte von fast allem

Er erzählt dann von der Schweinegrippe oder Großen Spanischen Grippe, die um 1918 weitaus mehr Menschenleben forderte, von dem Rätsel, wieso diese Grippe plötzlich und gleichzeitig an den verschiedensten Orten der Erde auftauchte. Und er gibt Beispiele von Fällen, in denen sich hoch infekttiöse Viren in einem Gebiet aufhalten und nicht darüber hinaus verbreiten.

Bei allem was wir bisher wissen sind Viren, mit ihrer einfachen Bauweise, für uns noch immer ein großes Rätsel.

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