25.09.2020

Ein gutes Stück deutscher Geschichte


Im alten Rathaus von Oberlahnstein ist außen eine Bild zu sehen, auf dem steht, dass die Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und der Pfalz 1400 in dieser Stadt König Wenzel von Luxemburg abgesetzt hätten.

An der seitlichen Wand steht folgendes geschrieben.

Die Chronik berichtet:

Die Kurfürsten hatten König Wenzel nach Oberlahnstein gebeten um die Gebrechen des Reiches abzustellen. Aber König Wenzel kam nicht, er blieb in Prag, wie das Schwein in seinem Stalle. So zogen am Freitag den 20. August 1400 die Kurfürsten, Grafen, Herzöge, Ritter und Abgesandte der Reichsstädte durch die Oberpforte zu einem Gestühl unweit der alten Liebfrauenkapelle. Dort verlas der Kurfürst zu Mainz das Urteil, das König Wenzel seines Amtes entsetzte. Aus vielen wichtigen Gründen und unerträglichen Gebrechen wegen entfernen u. setzen wir ab durch diesen Spruch den Herrn Wenzel - Römischen Reiches als unnützlich - träg u. für das Römische Reich Reich durchaus ungeschickt u. entbinden aller Fürsten, Edlen Herren und Knechte, Städter, Länder u. Volk, die dem Römischen Reich untertan sind, von jeder Wenzel im Namen des heiligen Reichs geleisteten Huldigungen u. jedem Eid u. ermahnen sie bei ihrem dem Reiche geschworenen Eide Wenzel nicht mehr zu gehorchen u. keine einem römischen König gebührende Leistung zu tun, sondern alles dem zu bewahren, welcher durch Gottes Gnade als nützlich u. geschickt zum König gewählt wird.

Am nächsten Tag zogen sie über den Rhein, wo sie in Rhens auf dem Königsstuhl den Ruprecht von der Pfalz zum neuen König kürten.

Die Geschicke der Stadt Rhens waren im ausgehenden Mittelalter in starkem Maße von der politisch-geographischen Lage an der Hauptverkehrsachse des alten Reiches bestimmt. Von den sieben Kurfürstentümern, die das Recht der Königswahl inne hatten, stießen vier bei Rhens zusammen:

Das Kurfürstentum Köln
Das Kurfürstentum Mainz
Das Kurfürstentum Trier
Die Kurpfalz

Es war also kein Zufall, dass die Kurfürsten Rhens häufig als Tagungsort aufsuchten.

Am 16. Juli 1338 trafen sich sechs der damals sieben Kurfürsten im Nussbaumgarten am Rhenser Rheinufer und gründeten den „Churverein zu Rhense“ der kurz darauf in Frankfurt am Main zum Reichsgesetz erhoben wurde.
Sie legten bei ihrem ersten Treffen u.a. folgende Rechtsgrundsätze fest:

Nur die Kurfürsten dürfen den deutschen König küren (= wählen) die Wahl erfolgt durch die Mehrheit, einer Bestätigung durch den Papst bedarf es nicht!

Damit sollte das Wahlrecht der Kurfürsten langfristig gesichert und jegliche Einmischung des Papsttums in die deutsche Königswahl ausgeschlossen werden.

Karl IV wurde 1346 als erster König in Rhens gewählt. Er forderte, mit dem Einverständnis der Kurfürsten, die Bürger von Rhens auf, am Rhein bei den Nussbäumen ein „steynen gestuel“ zu errichten und instand zu halten, wofür ihnen Zollfreiheit gewährt wurde.

So wurde 1380 im Nussbaumgarten ein achtseitiges Gewölbe errichtet, zu derem Dach von Westen eine Treppe führt und dort ist an den verbleibenden sieben Seiten für jeden der Kurfürsten eine Bank gemauert.
Mit diesem Königsstuhl, einem Groß-Thron für die Königswahl, entstand ein steinernes Zeugnis dieser Machtansprüche kurfürstlicher Reichspolitik im Spätmittelalter.

Nachdem die Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und der Kurpfalz in Lahnstein, auf der gegenüber von Rhens liegenden Rheinseite, den König Wenzel für seines Amtes unfähig erklärt und abgewählt hatten, wurde Ruprecht von der Pfalz 1400 als erster König auf dem Königsstuhl gewählt. Der letzte König, der dort seinen Treueeid leistete war Maximilian der I. im Jahr 1486. So diente der Stuhl knapp 100 Jahre seiner Bestimmung.

In den Wirren der napolitanischen Besatzung wurde der Königsstuhl 1795 weitgehend zerstört und 1842 endgültig abgetragen. 1842 erfolgte an alter Stelle der Wiederaufbau und 1929 wurde das Gestühl im Rahmen der damaligen Stadtentwicklung zum heutigen Standort oberhalb der Stadt verlegt.

16.09.2020

Etwas über Viren


Viren, kleiner und einfacher als Bakterien, sind selbst nicht lebendig. Allein sind sie völlig leblos und ungefährlich. Bringt man sie aber in eine geeignete Wirtszelle, sprühen sie plötzlich vor Eifer – sie werden lebendig. Man kennt etwa 5000 Virustypen, die uns insgesamt mehrere 100 Krankheiten bescheren, von Grippe und gewöhnlicher Erkältung bis hin zu heimtückischen Leiden wie Pocken, Tollwut, Gelbfieber, Ebola, Kinderlähmung und schließlich AIDS, das durch das menschliche Immunschwächevirus hervorgerufen wird.

Viren vermehren sich, indem sie das genetische Material einer lebenden Zelle unter ihre Kontrolle bringen und zur Herstellung neuer Viren nutzen. Sie pflanzen sich sehr schnell fort, befreien sich aus der Zelle und suchen nach neuen Zellen, die sie besiedeln können. Da sie selbst keine Lebewesen sind, können sie sich einen sehr einfachen Aufbau leisten. Viele von ihnen, so auch HIV, besitzen noch nicht einmal zehn Gene, die einfachsten Bakterien dagegen benötigen bereits mehrere 1000 derartige Einheiten. Außerdem sind sie winzig klein, sodass man sie nicht einmal mit einem herkömmlichen Lichtmikroskop sehen kann. Erst 1943, nachdem man das Elektronenmikroskop erfunden hatte, bekamen Wissenschaftler sie erstmals zu Gesicht. Dennoch können sie gewaltige Schäden anrichten. Allein an den Pocken starben im 20. Jahrhundert schätzungsweise 300 Millionen Menschen

Außerdem besitzen Viren die beunruhigende Fähigkeit, sich der Welt in immer neuer, verblüffender Form zu präsentieren und dann ebenso schnell wieder zu verschwinden, wie sie gekommen sind. So etwas ereignete sich 1916: Damals erkrankten Menschen in Europa und Amerika plötzlich an einer seltsamen Schlafsucht, die unter dem Namen Encephalitis lethargica bekannt wurde. Die Betroffenen schliefen einfach ein und wachten nicht mehr auf. Man konnte sie zwar mit viel Mühe wecken, damit sie etwas aßen oder die Toilette aufsuchten, und auf Fragen gaben sie auch sinnvolle Antworten – sie wussten, wer und wo sie waren –, aber sie verhielten sich stets völlig teilnahmslos.

Die Krankheit forderte innerhalb von 10 Jahren ungefähr fünf Millionen Opfer und verschwand dann wieder in aller Stille.

Aus Bill Bryson, Eine kurze Geschichte von fast allem

Er erzählt dann von der Schweinegrippe oder Großen Spanischen Grippe, die um 1918 weitaus mehr Menschenleben forderte, von dem Rätsel, wieso diese Grippe plötzlich und gleichzeitig an den verschiedensten Orten der Erde auftauchte. Und er gibt Beispiele von Fällen, in denen sich hoch infekttiöse Viren in einem Gebiet aufhalten und nicht darüber hinaus verbreiten.

Bei allem was wir bisher wissen sind Viren, mit ihrer einfachen Bauweise, für uns noch immer ein großes Rätsel.

15.09.2020

Von Cruz del Carmen nach Punta del Hidalgo


Diese Strecke bietet landschaftliche, pflanzliche und geologische Abwechslung.  Wir beginnen bei Cruz del Carmen im Lorbeerwald. Aber der Reihe nach. Ich bin mit dem Bus gefahren, von Puerto de la Cruz nach La Laguna und dort umgestiegen in den Bus nach Cruz del Carmen. Es gibt mehrere Linien, die dort vorbei fahren. Im Informations Center bekommt man gerne eine Karte für diese Wanderung in deutscher Sprache und ebenso eine ausführliche mündliche Beschreibung des Weges.

Der Einstieg ist rechts neben dem Restaurant und dort auch schon beschildert. Die Markierung für den ganzen Weg sind zwei weiße und gelbe Balken. Durch den Wald mit seinen großen Erika-Bäumen die bis drei Meter hoch werden können, alles behangen mit Flechten und Moos, führt ein bequemer, gut zu gehender Weg. Es ist je nach Witterung ein wenig spooky bis märchenhaft. Es geht lange Zeit abwärts und dann für wenige Minuten bergauf. Nach knapp einer halben Stunde verlässt man den Wald. Nun kommt der zweite Abschnitt. Es gibt einige Fincas, verstreut in der Landschaft und der Anbau hat sie geprägt. Die Hänge sind terrassiert, es werden Kartoffeln, Kürbis, Yamswurzeln und teilweise auch etwas getreide angebaut. Auch hier ist der Weg noch angenehm zu gehen. Teils etwas staubig, meist mit wenig Gefälle. Wir müssen auch ca. 5 Minuten an der Straße entlang gehen. Das ist nicht weiter schlimm, da es hier wenig Verkehr gibt. Dann finden wir wieder den markierten Weg und gleich einen fantastischen Blick auf den Roque de Taborno. Es geht so weiter durch die Nutzwirtschaft bis kurz vor Chinamada. Dort ändert sich die Landschaft und die Vegetation. Nun sind wir umgeben von Felsen und derben Sukkulenten. Kurz vor dem Ort habe ich eine Rast gemacht. Es gibt in Chinamada auch ein Restaurant mit gutem Ruf, doch ich wollte mich nicht lange aufhalten. 

Ab jetzt wird der Weg beschwerlich. Ein Schild macht uns weis, es seien 90 Minuten bis Punta del Hidalgo. Ich habe mehr als zwei Stunden gebraucht. Der Boden ist nun sehr felsig, uneben. Man muss bei jedem Schritt darauf achten, wohin man tritt. Der Fuß setzt nie flach auf. Die Bänder, Sehnen, kleinen Muskeln und das Bindegewebe werden herausgefordert. Mitunter wird der Weg zum Pfad neben dem es steil bergab geht. Diese Stück erfordert schon gesunde Beine, gutes Schuhwerk und ein sicheres Gehgefühl. Dafür wird man aber auch mit immer neuen, berauschenden Ausblicken verwöhnt. 

In Punte del Hidalgo angekommen, am Camino Final, ist dann auch gleich die Bushaltestelle. Mir war aber nach einem kräftigen, kalten Getränk und dafür musste ich noch eine Weile durch den Ort laufen.

Bilder in der Galerie

07.09.2020

Wanderung um Los Organos, oberhalb von Orotava


Diese wunderbare Wanderstrecke habe ich auf einem Blog gefunden. Anscheinend wurde sie schon vor längerem beschrieben, denn die Hinweise, die genannten Schilder oder die Markierungen stimmen nicht mehr mit der Gegenwart überein. Deshalb erzähle ich hier von meiner Wanderung um Los Organos im September 2020.

Zum Ausgangspunkt bin ich von Puerto de la Cruz mit dem Bus gefahren. Von der Endstation La Caldera mit dem Blick Richtung Meer geht der Weg rechts, an einer kleinen Waldgastätte vorbei, die aber geschlossen war. Ich habe hier früher schon mal eine sehr leckere Suppe, eine Potaje, bekommen. Nach ca. 200 Metern biegt die Straße stark nach rechts ab, unser Weg geht geradeaus auf einem breiten Forstweg, dem kleinen Holzschild „Los Organos“ folgend. Nach ungefähr fünf Minuten kommt eine Hütte, „Choza Perdo Gill“, ab wo ich dem Schild „Camino la Candelaria“ gefolgt bin. Der Weg wird nun schmaler, der Wald immer dichter. Nach einer knappen halben Stunde gesamter Gehzeit stößt der Weg auf einen breiteren Forstweg. 
Links steht eine kleine Steinsäule mit einem Metallschild, ohne Beschriftung. Wenige Meter rechts davon ist ein kleiner Einstieg zu einem Pfad, den ich genommen habe. Er schlängelt sich bergauf, eine ganze Weile, bis der Wald sich lichtet. Eine dreiviertel Stunde nach meinem Start erreichte ich eine Wegkreuzung. Von hier folgte ich nicht mehr dem Pilgerweg nach Candelaria sondern bog nach links Richtung Portillo del Topo. Hier ist der Organos Höhenweg. Ich war etwas enttäuscht, die schöne Felsengruppe nie sehen zu können. Nun war ich fast oberhalb davon. Umgeben von einem weiten Kiefernwald, der mir entspannenden Duft spendete. Der Pfad ist schmal, gelegentlich bieten Stahlseile Halt. Nach einiger Zeit bieten sich immer wieder phantastische Ausblicke über das Orotavatal, den Ozean bis rüber zur Nachbarinsel La Palma (die man nur bei klarem Wetter sieht). Auch eröffnen sich herrliche Blicke auf den majestätischen Kegel des Teide. Es geht vorwiegend bergauf, ungefähr zwei Stunden lang. Man kann sich nicht vertun, es gibt keine Abzweigungen. Als ich schon fürchtete, doch den Weg verpasst zu haben, kam das erlösende Schild. Geradeaus geht es nach Esperanza, links ab zur Casa del Agua, (2,2 km) und La Caldera (4,9 km) 
Gleich nach dem ich abgebogen bin macht eine weiß rote Markierung darauf aufmerksam, zwischen Felsen und Kiefer wieder nach links zu gehen. Nun geht es nur noch abwärts. Vorsicht ist geboten, der Weg ist holprig und die Schicht trockener Kiefernnadeln ist rutschig. Ich befinde mich nun auf dem Camino Natural von La Esperanza im Anaga quer über die Insel nach Arona im Süden, insgesamt 84 km Wegstrecke. Ist für die Zukunft geplant. Jetzt bin ich weiter bergab, rot-weiße Markierungen überzeugen, auf dem richtigen Weg zu sein. Nach ca. 2 Kilometern durch sich ständig verändernder Vegetation, auch wieder Baumheide mit Flechten, gelegentlich ein Lorbeer, stößt man auf einen breiten Weg, nach rechts Richtung La Caldera. Ich habe die Casa del Agua passiert, ein großes Steinhaus, welches aber kein Wasser spendierte. 
Meine Flasche war inzwischen leer. Deshalb entschloss ich mich, nach ca hundert Metern dem Hinweis weiter bergab nach Aguamansa (1,7 km) zu folgen, wissend, dass es dort Restaurants gibt. Ein Vorteil, wenn man mit dem Bus fährt, statt mit dem eigenen Auto. Man muss nicht unbedingt zum Ausgangspunkt zurück. Es lohnte sich auch schon wegen der wieder völlig anderen Vegetation. Auf einem breiteren Weg biegt man links ab. Ich machte den Fehler, weiter bergab zu gehen und musste dann in einem großen Bogen wieder hoch in den Ort, hatte dafür endlich einen wunderbaren Blick auf die Orgelpfeifen, Los Organos. 
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