01.06.2009

Neues aus Wudang Shan

Vorwort:
In China hat mal wieder der Zensurknall zugeschlagen, Blogger / blogspot sind nicht zugänglich. Lilo Ambach, erste Vorsitzende vom Verein Weißer Kranich aus Mainz ist zusammen mit der Trainerin Ramona Heister nach Wudangshan aufgebrochen. Nun kann sie nicht live berichten, sondern auf dem email-Umweg an mich. Ich werde mich bemühen, die Geschichten sofort einzustellen. Hier der erste Bericht:


Heute sind Ramona und ich endlich die lange Reise nach Osten angetreten, mit ein wenig Bauchweh, ob auch wirklich alles mit den etwas knappen Verbindungen funktionieren wird. Am Flughafen wurden wir von einem Lufthansa-Mitarbeiter, der eine echte Charme-Offensive gestartet hat, so im Flieger platziert, dass zwischen uns ein Platz frei war, so dass wir uns ein wenig ausbreiten konnten. Mein Nachbar zur rechten war ein junger Mann, der sich - nachdem er mich auf Chinesisch ein Bier ordern hörte - Mut fasste und mich ansprach. Mutmaßlich war dies seine erste Reise ins Ausland, sein Englisch entsprach etwa meinem Chinesisch, so dass nicht immer so ganz klar war, in welcher Sprache wir uns gerade bewegten, jedenfalls kam er aus Chongqing. Dort wird eine ähnlich klare Aussprache wie in Hubei gepflegt, so dass ich mich schon mal an den Zustand “viel reden - nix verstehen” gewöhnen konnte. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, war er zu einer Schulung in Bonn gewesen und wird im Juni wieder kommen. Und ist sehr froh, dass er dank meinem Vorbild nun weiß, dass es auf dem Flieger Bier gibt. Hat er dann auch kräftig ausgenutzt. Ob er verstanden hat, was wir in China so vorhaben, ist auch nicht ganz klar geworden, wahrscheinlich erzählt er seinen Kumpels nun, er habe zwei verrückte Deutsche kennen gelernt, die die hohe Schule der Hundeküche erlernen wollen. Oder so.
Egal, wir haben - wie es der jahrhunderte alte chinesische Brauch will - die qq-Adressen getauscht und werden wohl künftig sinnloses Zeug chatten.

In Beijing angekommen wurden wir bereits von unserem Chauffeur erwartet. Das Namensschild, auf dem man meinen Vornamen leicht variiert auf “Dilo” korrigiert hatte, assoziierte ein kurzes Wortspiel, dessen Vertiefung wir uns aber erspart haben…jedenfalls hat die Agentur ihre erste Garnitur zum Flughafen geschickt, schon äußerlich erkennbar an den goldglänzenden fast echten Adidas-Schläppchen, die mich erst einmal kurz haben Luft schnappen lassen - willkommen in China! Wir lassen uns von der klimatisierten Buik-Limousine zum Bahnhof-West gleiten, glücklich darüber, dass wir uns diesen kleinen Luxus gegönnt haben. Nun stehen erst einmal viele Stunden Zugfahrt an. Wie ich allerdings schon von meinem Flugbegleiter gelernt habe, haben wir die schnellste Zugverbindung mit dem T9 ergattert, es sei sehr schwer, Karten hierfür zu bekommen und wir sind froh, dass wir sie definitiv in der Hand haben. Und so sind wir - herhören, Deutsche Bahn! - nach über 16 Stunden Fahrt auf die Minute pünktlich um 6.45 h in Shiyan, wo wir bereits von Lyssa erwartet werden. Die ist mit dem Fahrer extra ziemlich früh aufgestanden, um uns abzuholen. Es ist noch viel zu früh um Bank- und China-Mobile-Geschäfte zu erledigen und so schlage ich vor, dass wir erstmal frühstücken. Der Fahrer ist von der Idee auch sehr angetan und so kommen wir nach vielen Keksen und Nüßchen endlich zu unserer ersten warmen Mahlzeit. Scharfe Nudeln mit Rindfleisch. Wunderbar. Nachdem wir auch noch kurz die Schneiderin, die die Schuluniformen zaubert, angehalten haben, konnte ich auch nicht anders. Ich war zwar eigentlich der Meinung, dass ich langsam genug Klamotten habe, konnte aber der Aussicht auf ein Anstalts-Dress aus reiner Baumwolle dann doch nicht widerstehen. Sei’s drum, nächste Woche ist es fertig.

Um die Mittagszeit treffen wir dann endlich auf dem heiligen Berg ein. Großes Hallo, Meister Zhong knuddelt mich zur Begrüßung, während Guan es dabei bewenden lässt, aus dem dritten Stock herunterzugrölen. Auch ok, wir sehen uns ja gleich. Wir werfen unsere Klamotten kurz ab und gehen erst einmal zum Speiseraum. Es hat sich - wieder einmal - viel verändert. Wir werden nicht mehr abgeschottet um den anderen Schülern unsere Essmanieren nicht zuzumuten, es gibt nun einen größeren Raum mit zentraler Essensausgabe. Sehr nett.
Nun wird es langsam Zeit für die erste Trainingsrunde. Wir sind ja lang genug hier. Das Training ist bereits auf Sommerzeit umgestellt, nachmittags also nur leichte Stretch- und Meditationsübungen. Danach - große Freude - Chinesisch-Unterricht. Hier noch mal ein Dankeschön an Yürgen, der dies angeregt hatte. Wir werden von Grace, die eigentlich schon im Februar die Akademie verlassen hatte, in die diversen Körperteile eingeführt (ich les’ mir gerade den Satz durch…naja, es ist 3.00 h morgens, kann nicht pennen…seht’s mir nach…). Morgen werden wir abgehört, ob wir auch alles brav gelernt haben.

Nach dem Abendessen gibt es dann die erste “echte” Trainingsrunde. Guan läßt Ramona und mich erst mal Formen laufen, lobt Ramona in den höchsten Tönen, man sehe, dass sie jeden Tag übe, nur ein paar Details…mir überlässt er die Übersetzung, zu meiner Form sagt er gar nichts, dass er mir zum Laufen sein Handy auf den Kopf legt, ist ja auch schon eine schöne Tradition. Morgen soll ich ihm die Schwertform vorführen. Galgenfrist. Nun soll ich ihm erst einmal sagen, was ich bitte lernen möchte. Weiß ich nicht, nur schnell soll es sein, bevor ich zu alt für so etwas bin. Guan überlegt kurz, pfeift einen der jungen Schüler heran, der soll mir etwas vorführen. Der Junge ist völlig ausgelaugt vom Training, ich kann nicht erkennen, was er mir zeigen will. Guan ist genervt, nun muss die erste Garnitur ‘ran. Ich bekomme fünf oder sechs Formen vorgeführt, mittlerweile schauen alle - eine Form schöner als die andere. Guan schaut zu mir: was darf’s denn sein? Alles! In dieser Reihenfolge!!
Ich schaue mir eine Form mit wenig Sprüngen und wenig tiefen Stellungen - ich weiß ja, was ich meiner Arthrose schulde - aus. Bin sehr gespannt, was draus wird. Aber morgen wird erst einmal gewandert!.

3 Kommentare:

  1. Schön, dass du schreibst. Aber ich dachte, du lernst auch Zöhkeln?

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  2. Folge Deinem Bericht und kann es mir lebhaft vorstellen. Wir packen hier Kisten, da der Renovierer morgen um 8.00 h vor der Tür steht. Ich gehe ins Buero, Uwe macht den Lehrbub.
    Im Moment spielt die Dt. Nationalmannschaft in Dubai gegen die V.E und führen 6:1; Gomez hat die Torflaute endlich ueberwunden und 3 Tore geschossen - eins wurde allerdings abgepfiffen. Gruss an Ramona - ich denk an Euch

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  3. @Georg: Nein, diesmal andere Baustelle - Zöhkel nur in begründeten Ausnahmefällen

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