22.10.2010

Was mach ich hier eigentlich

Stimmt, ich habe noch kein Wort darüber verloren, was ich derzeit hier treibe. Während das letzte jahr voll war von zökeln (kreisen) beim Erlernen des Baguazhang, laufe ich jetzt strikt auf einer Linie. Nein, nicht Xingyi, wie der Kenner meinen könnte. Ich erlerne die Taijiquan Sanfeng Shi San Shi (太极拳三丰十三式). Die dreizehnerform des Sanfengpai. Es heißt, dies sei die Ursprungsform des Taijiquan, zumindest jene, die traditionell hier überliefert sei und zurück geführt wird auf Zhang Sanfeng.
Wir waren heute beim Alten oben in der Höhle des Prinzen, der auch als Bienendaoist bekannt ist, und er freute sich riesig, mich wieder zu sehen und drückte uns neben einigem an Gebäck auch scheckkartengroße Bildchen in die Hand. "Zhang Sanfeng, Zhang Sanfeng." klärte er uns auf. Es ist ein pfiffig dreinschauender Kerl in prächtigem Gewand abgebildet. Ganz anders als ich sonst die Bilder und Statuen von Zhang Sanfeng kenne, dem die Erfindung des Taijiquan zugeschrieben wird. In einigen Schriften wird er auch der "schlampige Zhang" genannt, weil er wenig Wert auf sein Äußeres legte.
Tatsächlich hat er den Wudang-Daoismus zu seiner Zeit reformiert, er hat die Bestrebungen der Inneren Alchemie vorangetrieben und die Vereinigung der Drei Schätze - Daoismus, Buddhismus und Konfuzianis - gefördert, wie sie schon vom Lehrer seines Lehrers, von Chen Xiyi, auch als Chen Tuan bekannt, gefordert worden waren.
Ja, ich lerne eben diese Taijiform, dreizehn, weil nicht dreizehn Bilder, wie man das bei den Bezeichnungen der Formen kennt, sondern Acht Armbewegungen und Fünf Schritte. "Ach ja, die ist furchtbar lang", sagen auch alle, was überhaupt nicht stimmt, es kommt einem nur so vor, es dehnt die Zeit enorm, dabei kann man sie locker in sechs bis acht Minuten laufen. Es ist auch hier alles relativ.
Seit gestern bin ich mit der Form durch. Zwei Wochen, täglich zwei Stunden Unterricht und noch eine Stunde zusätzlich eigenes Üben. Der Rest der Zeit ist den Basics gewidmet, den Kicks und dem Taijibu und seit neuestem auch gerne dem "Stehen". Zwanzig Minuten, das ist eine gnädige Zeitspanne.
Also die dreizehner Form läuft ziemlich genau auf einer Linie, da gibt es nur wenig Abweichung von und das geht in die Hüften. In die Hüftgelenke und in die Knie. Da wird man ganz schön demütig bei. Da möchte ich bitteschön recht gesund sein in der Zukunft, was es auch koste. Meint: mehr Training. Noch mehr Training.
Jetzt hab ich hier noch anderthalb Wochen zum Feilen und bitte noch mal übers Baguazhang gucken und bitte auch mein Fuchen wieder zurecht rücken und dann ist sie schon wieder vorbei, die zeitlose Zeit im Märchenland.

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