13.10.2010

gong gong qi che (öffentlicher Busverkehr)

Roxy ist meines Wissens 67 und war im letzten Jar zwei Mal hier in den Bergen. Sie ist ganz verliebt in diese Landschaft, die Energie und schätzt die Übungen sehr. Kurz nach ihrem letzten Aufenthalt hatte sie einen schweren Autounfall. Sie lag einige Wochen im Koma und danach musste sie alles neu lernen: Sprechen, laufen, greifen. All die tausend kleinen Dinge, die wir wie selbstverständlich in unserem Alltag verrichten, waren für sie neu. Die eigene Wohnung war ihr fremd. Sie hat gelernt, geübt, gelernt und geübt. Hat sich selbst mit dem wenigen Qigong, zu dem sie fähig war, unterstützt und konnte nun die Reise mitmachen. Am Trainingsprogramm kann sie sich nur bedingt beteiligen, aber sie ist unermüdlich. Die motorischen Abläufe müssen gelernt werden, weil Teile des Gehirns beschädigt wurden. Das macht sich auch bei geistigen Abläufen bemerkbar. Ausserdem muss sie ein Auge schonen, bei dem ein Muskel verletzt ist, weshalb sie eine Augenklappe trägt. Das heißt, sie sieht nur zweidimensional, sieht aber ziemlich verwegen aus.

Die Treppe runter zum Daoyuan muss von einem Jazzmusiker gebaut worden sein. Keine zwei Stufen sind gleich, flache tiefe Stufen wechseln sich ab mit schmalen hohen. Der Schrittrhythmus entspricht einem Sketch von Pit Glocke oder besser noch: Helge Schneider.
Heute bin ich mit Roxy zusammen die Treppe runter und habe dabei ein Auge zugehalten. Seitdem habe ich ungeheuren Respekt vor ihren täglichen Leistungen. Wenn also ihre Aussetzer auch mal für Heiterkeit sorgen, so sehe ich dabei dennoch, was sie hier schafft.
Heute waren wir zusammen in der Stadt. Wenn man in das Wudanggebiet hinein will, hat man einen Eintritt zu zahlen. Der ist in den letzten jahren mehrfach angehoben worden. Inzwischen kostet das Ticket 210 Yuan, was beim momentanen Wechselkurs ungefähr 23,50 € entspricht. Für einen Euro mehr kann man das Ticket in ein Jahresticket umwandeln. Wenn man sich hier für länger aufhält und auch mal raus, also in die Stadt will, dann sollte man sich das Jahresticket zulegen, was wir auch alle gemacht haben. Fährt man in die Stadt ist darauf zu achten, dieses Ticket dabei zu haben. Heute vor der Abfahrt habe ich deshalb noch mal in die Runde gefragt. ob jeder sein Ticket dabei hat. "Ja."
Noch eine Erklärung. Ich weiß, das ist alles nicht ganz einfach zu verstehen, aber ohne geht es überhaupt nicht. Nun denn. Zum Wiedereintritt in die Wudangatmosphäre kann man den normalen Touristenbus nehmen. Fährt alle Naslang einer und kostet 30 Yuan.
Oder man nimmt den Einheimischenbus, fährt nur alle anderthalb Stunden und kostet nur 10 Yuan.
In der Satdt hatten wir Guan Shifu getroffen, der gerade frisches Gemüse eingekauft hatte. Er gab uns den Tipp, ein Ticket für Einheimische zu kaufen und damit zum Touristenbus zu gehen. Wenn man uns zurückweist, sollten wir uns dumm stellen, nur Englisch reden und einen Aufstand machen. Die Posten hätten dann keine Lust auf Auseinandersetzungen und wir könnten früher fahren, bräuchten nicht auf den späten Bus warten.
Auf jeden Fall braucht man aber sein Einjahresticket, um überhaupt rein zu kommen.
Ich frag Roxy nach dem Ticket und sie hält mir den Tempelausweis hin. Jenes eingeschweisste Ding am blauen Band, mit dem wir uns am Zixiaogong als Schüler der Akademie ausweisen, ohne Namen, ohne Foto. Damit kann man unten am Tor nichts anfangen.
Rein garnichts. Ich mach sie darauf aufmerksam, nein den anderen habe sie nicht, sie hätte gedacht ...
Ich entscheide; kein Versuch sich in den Touribus zu schmuggeln, wir fahren mit dem Einheimischenbus. Den Fahrschein dafür kauf ich ihr mit meinem Jahresticket und wir versuchen die Zeit zu überbrücken mit einem Tee, den wir nirgends bekommen. Wir finden uns wieder auf der runden Bank um den alten Baum, mit gesüsstem Tee in der Flasche, Cola und Wasser, schauen uns die Bilder auf unseren Kameras an und kommen gerade rechtzeitig wieder zur Bushaltestelle. Wir wissen, im Bus wird ebenfalls das Jahresticket geprüft, aber wir sind sicher Roxy so durch zu schleusen. Sie soll mir ihren Fahrschein geben, den zeige ich zusammen mit meinem vor, das wird schon klappen. Statt des Fahrscheins drückt sie mir den Kassenbon aus dem Supermarkt in die Hand. Das hätte eine Gaudi gegeben, wenn sie die Nummer beim Kontrolleur abgezogen hätte. Kurze Suche, dann habe ich ihren Fahrschein in der Hand. Kontrolle, zeige die Zettelchen und meinen Jahresausweis, der Mann will auch Roxys sehen. Ich tippe ihr auf die Schulter und sage, sie soll anfangen zu suchen. Das reicht schon, der Mann winkt ab und wir sind durch.

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