22.04.2009

Der alltägliche Wahnsinn (6. Tag)

Gestern Abend klopfte es an meine Tür und davor stand unsere Yi Ming, aka Pan Shifu, mit einem riesigen Blumenstrauß in der Hand. Meine spontane Angstreaktion: Muß ich jetzt heiraten?
Nein Aaron (oder Erie oder Eric) hatte Geburtstag. In meinem somnambulen Zustand hatte ich schon seine Einladung zum Mittagessen nicht mitbekommen, jetzt wollte ich auf keinen Fall kneifen, auch wenn ich satt müde war.
Alle anderen wurden noch eingesammelt und dann "surprise surprise - happy birthday to you ... (usw, der Text ist bekannt und der Leser mag der Vollständigkeit halber zu Ende singen).
Die Blumen und ein großer Geburtstagskuchen, welcher hier in China aus einer Art eingefärbtem Rasierschaum besteht, wurden überreicht. Kuchen musste auch von allen aufgegessen werden. Als die jungen Leute dann zu Tequila und Gin schwenkten, knipste ich noch schnell ein paar kompromittierende Fotos (zum Aufbessern der Rente) und verabschiedete mich stiekum. Das sollte gestern nur ein warmup sein und heute Abend ist ein richtiges drink-in vorgesehen, an dem ich allerdings nicht teilnehme. Es soll keine kompromittierenden Bilder von mir geben.

Mit meiner Schlaflosigkeit will ich nicht weiter langweilen. Heute Vormittag war Training im Tempel mit der Auflage, auf jeden Fall in Weiß zu erscheinen. Rosanne, unser Frischling, hatte die Dringlichkeit der Aufforderung nicht verstanden und war, weil sie sich für ganz in Weiß noch nicht reif genug fühlte, in normalen Zivil erschienen. Zurück und umziehen.
Der Tempel war rappelsvoll, da auch alle Festeinsitzenden sowie Ehemalige, darunter die wunderschöne Keming, anwesend waren. Der berühmte rote Performanceteppich wurde ausgerollt, die Verstärker und Lautsprecher reingeschleppt, während wir noch unsere Übungen absolvierten, jeder was gerade sein Thema ist, ich also im Kreis lief. Im Tempel der 60 Jahresgötter probte die Hauskapelle das daoistische Krachmachen, über das ungerührt der Soundcheck gefegt wurde.
Irgendwann erfolgte dann auch der große Auftritt, diesmal zu Ehren eines Deligierten der im nächsten Jahr stattfindenden Shanghaier Expo. Wie oft ich diese Show jetzt schon gesehen habe, ich weiß es nicht, aber jedesmal fasziniert mich wieder ihre Perfektion.

Am Nachmittag machte die Deutsche Delegation - wir sind die auflagenstärkste Gruppe, wenn man von den Einheimischen absieht - einen Ausflug zum Nanyan, Tee kaufen mit den übliche Verhandlungen. Als wir unsere Verkäuferin schon bei 80 Yuan pro Dose Dao Tee hatten (Einstiegspreis 180 Yuan), kam eine andere dazu, die sich an mich vom letzten Jahr erinnerte und machte uns das Angebot von 100 Yuan, dafür hätten wir auch letztes Jahr gekauft. Letztes Jahr ist nicht dieses Jahr und wir handelten runter auf 71 Yuan. Ungnädig ob unserer Dreistigkeit, nicht die Touristenpreise zahlen zu wollen, öffnete Zhen Wu die Himmelsschleusen und goss auf uns herab, soviel er in der kurzen Zeit auftreiben konnte.

Wir kamen rechtzeitig zur verabredeten Herstellung chinesischer Dumplings, im Original Jiaozi. Ich hab meine vier linken Hände geschickt aus dem Spiel gehalten und mich als Foto-Reporter ausgegeben. Demnach kann ich auch nicht viel über die Herstellung schreiben, es ähnelt wohl dem Kippendrehen, aber ich lasse lieber die Bilder sprechen. Die Ergebnisse sehen je nach Nationalität der Hersteller dann aus wie Ravioli oder Caneloni (Deutschland), UFOs (Litauen) oder Gebissabdrücke (China), Australien, Puerto Rico und USA waren nicht an der Endmontage beteiligt.

2 Kommentare:

  1. "farbiger Rasierschaum" - leckel!!

    Triffts aber ziemlich genau. Und? Hat Bebe wieder gekniffen, als es um die Restentsorgung ging (macht einen ja schon etwas misstrauisch...)

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  2. Georg8:53 AM

    Sonst kannst du's einfach mitbringen!

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