15.10.2008

Yürgen, Wudang 15.10.08

Was ich gestern Abend nicht verstanden habe wohin es geht, war golden top. Meint den höchsten Berg hier, den Tianzhu, auf dessen Gipfel ein kleiner Tempel aus massivem Messing steht, das ursprünglich mal vergoldet war. Dorthin gehen bedeutet vom Nanyan aus, wohin wir mit dem Bus gefahren sind, vier Kilometer weit Treppen rauf und runter, aber vor allem rauf und zwar rund 1000 Meter Höhenunterschied dabei überwinden. Das dauert nicht lange, nur so zweieinhalb Stunden.
Zuerst gabs mal lecker Essen bei den Mönchen, dann Videoaufnahmen, mmh. Dazu kletterte Meister Guan auf einen kleinen Nebengipfel, wo er in luftiger Einsamkeit Meditieren, Taijiquan und Flöte spielte. Nacheinander.
Dann wurden wir mitgebrachten Ausländer auf Felsen und Vorsprünge drapiert und durften auch Meditation spielen. Nächste Location, wir machten zusammen mit dem ehrenwerten Shifu eine Qigong-Abfolge, die außer Dennis noch niemand von uns nie gemacht hatte. Muss wirklich eine Produktion für Pleiten, Pech und Pannen sein, denn als nächstes sollte ich dann neben jener Stele, auf der steht, dies sei der Gipfel von Wudangshan (was nicht stimmt, denn darauf steht ja der goldene Tempel), an der jeder Tourist sich fotografieren lässt, dort sollte ich dann für die Kamera Taihe vormachen. Ich hatte kein Lampenfieber, überhaupt nicht, ich war völlig gelassen, ach was sag ich, ich war selbstvergessen. Mein Körper absolvierte einen eintrainierten Bewegungsablauf, währen von meinen multiplen Persönlichkeiten gerade alle ausgeflogen waren. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich gehofft, wir könnten eventuell eine Kopie dieses Videos bekommen. Nun hoffe ich, dass zumindest diese Szene aus irgendeinem Grund nicht in die Kamera gepasst hat oder ansonsten das Projekt platzt, die Finanzierung ausfällt, der Sender Pleite macht... ich muss wohl ein ganzes Bündel Räucherstäbe im Tempel abbrennen.

Für den Rückweg hatte ich verabredet, mit der Seilbahn runter zu fahren und dann durch das Tal des sorglosen Lebens zu wandern und von dort mit dem Bus zurück zur Akademie zu kommen. Dann stand ich vor der Seilbahn und hatte nicht genug Geld dabei und hätte auch nicht glaubhaft machen können, ich sei noch ein Kind. Bin ich also statt dessen zu Fuß den Berg runter. War schon ein recht abenteuerlicher Weg, gelegentlich mit Stufen, doch meist einem ausgetrockneten Bachlauf ähnlicher. Der Weg, anfangs quasi direkt unterhalb der Seilbahn, entfernte sich von dieser immer mehr. Mir drängte sich der Verdacht auf, mal wieder eine wichtige Abzweigung übersehen zu haben, was ich in fremdem Gelände gerne mache. Ich gedachte der alten Pfadfinderregel, wenn man sich in der Wildnis verlaufen hat, geht man immer bergab. Im Tal ist immer ein Bach (wenn es genug Wasser gibt), dem folgt man, der mündet früher oder später in einen Fluss (oder versickert), der Fluss früher oder später ins Meer. Auf dem Weg dorthin ist die Chance groß, an einer menschlichen Siedlung vorbei zu kommen, sonst geht man weiter an der Küste entlang. Wudangshan liegt ca. 1700 km von der nächsten Küste entfernt.
Es kamen mir aber auch Menschen entgegen, Lastenträger. Auch einmal eine Großspedition mit acht Mulis und später dann eine Frau, die mich mit einem Schwall Worte überschüttete, von denen ich annahm, sie wollte wissen ob das überhaupt der richtige Weg sei, wie weit noch bis zur Spitze und ob die ganze Strecke in so einem miserablen Zustand sei. Sie redete auch weiter auf mich ein, nachdem ich ihr eindeutig zu verstehen gegeben hatte, dass ich kein Wort verstünde und selbst wenn, ich unfähig sei, darauf zu antworten, weswegen ich das alles dann auf Deutsch sagte. Damit war sie es zufrieden.

Nach anderthalb Stunden kam ich tatsächlich unten an der Seilbahn, an der Busstation an und jetzt war ich auch zu müde, noch weiter bergab und durch das Tal zu wandern. Steht für morgen auf dem Plan. Nächsten Bus genommen, Freunde gemacht. Außer mir waren alle Insassen Kollegen eines Betriebs aus Wuhan. Das erfuhr ich von einer Kollegin, die man irgendwann hinter mich platziert hatte und die etwas mehr englisch als ich chinesisch kann. Ja in Wuhan war ich auch schon mal, habe den gelben Fluss gesehen mit der großen Brücke und auch Kling Klang Klong - schallendes Gelächter aber alle habens verstanden.

Am Zixiaogong aus dem Bus gestiegen und treffe dort mit der restlichen Gruppe zusammen, die den gleichen Weg wie hin auch zurück genommen hatte.

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