Taijiquan ist ein Begriff mit verschwommenen Rändern. Es fällt uns schwer zu bestimmen, warum ein Bewegungsablauf, den wir bei einem Mitmenschen beobachten, Taijiquan ist und nicht Ballett. Dennoch fühlen wir uns ziemlich sicher, zu wissen, wann wir Taijiquan sehen oder selber ausüben. Woher kommt diese Sicherheit, den Begriff Taijiquan richtig zu benutzen. Woher weiß man, dass der Bewegungsablauf nicht nur so aussieht wie Taijiquan, sondern auch Taijiquan ist? Woher weiß jemand, dass er Taijiquan praktiziert, richtig und gut?
Ein Fehler im Schach kann bedeuten, die Partie zu verlieren. Es kann aber auch ein Fehler sein, der den Regeln des Schachspiels zuwider läuft, in dem ich zum Beispiel mit dem Turm diagonal ziehen will. Entsprechend kann eine Aufführung der Zauberflöte deshalb daneben gehen, weil es den Protagonisten nur selten gelingt, den richtigen Ton zu treffen. Oder aber die Töne sind alle richtig, aber dem Spiel fehlte der Pep, es war langweilig.
Übertragen auf Taijiquan bedeutet es, dass uns Kriterien vorliegen müssen, die bestimmen, was Taijiquan ist, ganz gleich, in welchem Stil gespielt wird, und es muss Kriterien geben, die etwas über die Qualität des Spiels aussagen.
Erstere wären dann als objektiv zu bezeichnen wie die Regeln des Schachs oder die Noten auf dem Papier. Letztere sind eher subjektiv und haben mit der individuellen Zielsetzung zu tun und auch der persönlichen Urteilsfähigkeit. Für den einen muss es kämpferisch und für die andere spirituell zugehen.
Für Taijiquan gilt es also zunächst, dass überhaupt Taijiquan stattfindet und nicht etwas, das nur auf den ersten Blick so aussieht, dass der Turm nicht diagonal gezogen wird.
Diesbezüglich lässt sich die eingangs gestellte Frage, inwieweit die eigene Performance gut ist, leichter überprüfen, sofern man bereit ist, sich damit auseinander zu setzen, was Taijiquan überhaupt ausmacht.
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