Donnerstag, freier Tag und regnerisch. In den letzten Tagen hatte sich zunehmend Dunst in den Tälern gebildet. Gestern hatte er sich endlich soweit verdichtet, dass keine Sonne mehr durchkam und am Nachmittag die Tropfen zur Erde fielen. Heute nieselt es so vor sich hin, aber genug, um nicht den zweieinhalbstündigen Anstieg zum "Golden Top" auf dem Tianzu auf die Tagesordnung zu setzen. Top 1: Ruhe.
Gelegenheit, einmal zu erklären, was ich hier eigentlich mache. Bei meinem letzten Aufenthalt im Frühjahr hatte ich angefangen Baguazhang zu lernen, kam in der Zeit mit der Form nicht durch und mache sie nun fertig.
Baguazhang ist das, wo man im Kreis läuft.
Man läuft auf einer Kreisbahn von ungefähr zwei Metern Durchmesser. Dabei schiebt man einen Fuß vor, wenn das Bein gestreckt ist, schiebt man noch ein paar Zentimeter weiter und verlagert dann sein Gewicht auf den Fuß. In der Gewichtsverlagerung wird der andere Fuß gleich mitgenommen und vorgeschoben. So hat man das Gewicht ständig auf dem hinteren Bein. Die Haltung ist leicht sitzend.
Im Grundschritt gegen den Uhrzeigersinn wird der linke Arm zur Kreismitte hin gestreckt, die Hand ist, mit den Fingerspitzen nach oben, gerundet, als würde man einen Ball halten. Diese Haltung wird vom ganzen Körper übernommen. Die andere Hand wird mit der Handfläche nach unten vor dem Unterbauch, dem Dantian, gehalten.
Der Kreis ist ähnlich einer Windrose in acht Segmente unterteilt. Sie repräsentieren die Acht Embleme des Buches der Wandlungen Yi Jing (I Ging). Sie heißen: Das Schöpferische - der Himmel; das Empfangende - die Erde, das Haftende - das Feuer; das Abgründige - das Wasser; das Sanfte - der Wind; das Erregende - der Donner; das Heitere - die Nioedrung; das Ruhende - der Berg. Der Kreis wird in acht Schritten durchlaufen. Dabei ist man dem Kreiszentrum zugewandt. Man konzentriert sich auf die Mitte. Ist man mit der zunächst ungewohnten Gehweise vertraut, die Ferse kommt als letztes auf den Boden, legt man die Aufmerksamkeit auf die eigene innere Mittelachse. Nach einiger Zeit entsteht mehr Ruhe in der Bewegung und der Eindruck, dass man die Welt um sich herum leitet, statt selbst im Kreis zu laufen. Nun beginnt das eigentliche Formentraining.
Dabei wird stets nach wenigen Schritten die Richtung gewechselt. man dreht und wendet sich nach innen und wieder nach außen wie wirbelndes Wasser, aufsteigender Rauch oder Blätter im Wind. Dabei soll man die eigene Mitte nicht verlieren, leicht und agil in der Bewegung sein.
Während ich im Kreis laufe, drehe ich mich um meine eigene Mitte und das Universum dreht sich um mich und wenn dabei noch der Geist ruhig werden könnte, würde man begreifen, dass es nicht nur kein Ziel gibt, sondern auch keinen Weg der dort nicht hinführt. Es ist alles jetzt und wandelt sich ständig.
eine super Erklärung. Danke Andy
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