25.04.2015

oben und unten

Unten am Eingang in das Wudanggebiet, wo vor zehn Jahren nur ein Tor stand mit einer Baracke davor, in der man seinen Eintritt zahlen konnte, ist inzwischen eine kleine Stadt entstanden. Immer mehr und dichter gedrängt stehen neue Gebäude, während die ersten schon langsam verfallen. Inmitten der Hotelklötze, die alle einmal bewohnt werden sollen, steht die erste International Wudangshan Wushu University. Meister Yang, bei dem ich vor zwei Jahren noch die fünf Tiere studierte, ist nun deren Leiter. Vor wenigen Tagen fragte er R. der auch schon seit Jahren immer wieder hier landet und seine Kentnisse erweitert, ob er als sein Assistent arbeiten wolle. Free training, room and acccomodation includet. Aber R. glaubt nicht, dass er das Angebot annimmt. Er mag nicht "dort unten" sein.  Es gibt einen gewissen Geist hier oben in den Bergen, der seit zweieinhalb tausend Jahren die Einsiedler und Alchemisten fasziniert. Den findest du da unten nicht. Ich kann R. gut verstehen.

Wenn eine Gruppe hier landet, dann überfällt sie zunächst der Kulturschock. Sie haben einige Videos gesehen und sich eine Vorstellung gemacht. Vielleicht haben sie auch ein paar lustige Reiseberichte gelesen und nun stehen sie vor der Wirklichkeit. Auch wenn icch in den Reisevorbereitungen darauf hinweise, dass wir nach China fahren, in die Berge, irgendwo mitten im Land, dann sind sie doch überrascht, was das bedeutet und fragen sich, ob sie das nun wollen. Sie wollen. Nach wenigen Tagen fühlen sie sich aufgehoben in der liebevollen, familiären Atmosphäre. Auch ist einem Auge, dessen Trägersubstanz sich sämtlicher Muskeln bewusst wird, ein Fleck an der Wand das kleinere Übel. Morgen ist der berühmte vierte Tag, von dem sie nichts wissen. Der Tag, an dem die Schallmauer durchbrochen wird, der Tag mit dem point of no return, der Tag, nach dem der Körper nichts anderes mehr kann als loslassen, als entspannen, als fallen.

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