03.09.2019

ARTEN Sterben

Das erste große Sterben

Zu dem frühesten der fünf großen Massenaussterben kam es vor 444 Millionen Jahren am Ende des Ordoviziums. Dieses nach den Ordovices, einem von den Römern vernichteten Keltenstamm in Wales, benannte Erdzeitalter folgte auf das Kambrium. An dessen Beginn hatten sich in der „kambrischen Explosion“ (17 November) sehr rasch fast alle wichtigen Tierstämme entwickelt: Schwämme, Stachelhäuter, Gliederfüßler, Nessel-, Weich- und Wirbeltiere.

Im Ordovizium entfalteten sie dann ein immer größeres Formenspektrum, wenn auch noch fast ausschließlich im Meer. Mit dem Kopffüßler Cameroceras und seinem mindestens sechs Meter langen Kegelgehäuse gab es bereits einen Räuber an der Spitze der Nahrungskette. Ansonsten beherrschten die käferförmigen Trilobiten das Bild, und mit den Moostierchen (Bryozoen) trat der letzte noch fehlende bedeutende Tierstamm auf, der im Kambrium noch nicht vorhanden war.

Typisch für das Ordovizium waren indes die merkwürdigen Graptolithen, winzige, weitläufig mit den Wirbeltieren verwandte Wesen, die als Kolonien in filigranen, meist am Meeresboden verankerten Röhrenkonstruktionen wohnten.

Keine dieser und anderer damals dominanter Gruppen starb bei der Katastrophe am Ende des Ordoviziums völlig aus. Doch viele erlitten so heftige Verluste, dass sie sich nie wieder davon erholten. Die Zahl der Trilobitenfamilien etwa wurde mehr als halbiert, und die zuvor global vertretenen Grapto-lithen kamen danach nur noch in den damaligen Tropen vor. Das deutet bereits an, was damals passiert ist: Im späten Ordovizium wurde es – zum ersten Mal seit dem Erscheinen der Tiere – richtig kalt.

Das allein wäre vielleicht nicht so schlimm gewesen. Doch erstens war es zuvor brütend warm gewesen – die Kohlendioxid – Konzentrationen waren zehnmal höher als heute – und zweitens schob sich damals gerade ein Superkontinent, bestehend aus dem, was später Südamerika, Afrika, Indien, Australien und die Antarktis werden sollte, über den Südpol. Die Landmasse bot enormen Gletschern Platz, und das darin gebundene Wasser fehlte nun dem Ozean. Die Meeresspiegel sanken rasch um 70 bis 100 Meter und legten viele der vor marinem Leben wimmelnden ordovizischen Schelfmeere trocken. Und kaum hatte sich die Biosphäre mit den neuen Verhältnissen arrangiert, wurde es eine Millionen Jahre später plötzlich wieder warm. Das gab vielen 

Der Tod der Panzerfische

Auf das Ordivizium folgte das Silur. Da zeigten sich die ersten, noch kieferlosen Fische und es wagten sich bereits einige Tiere längere Zeit ans Land. Darunter waren wahrscheinlich Seeskorpione, eine Gruppe, die im nun folgenden Zeitalter des Devon die mit mehr als zwei Metern Länge größten jemals lebenden Gliederfüßler hervorbrachte. Auch war das Silur die Zeit, in der die Kontinente langsam zu ergrünen begannen. An Land erschienen die ersten, noch primitiven Gefäßpflanzen.

Der Übergang vom Silur zum Devon vor 419 Millionen Jahren erfolgte biosphärisch unspektakulär. Tatsächlich machte die Abgrenzung der beiden Erdzeitalter nicht wenig Probleme und wurde erst 1972 auf einem Geologen-Kongress in Montreal definiert. Im Devon setzten sich die beiden zukunftweisenden Trends des Silur fort: die Ausbreitung des Lebens an Land und der Siegeszug der Fische. An Land machten sich bald Pflanzen breit, die Wurzeln schlugen und die Höhe heutiger Bäume erreichen konnten. Ihre Photosynthese senkte allmählich die Kohlendioxid-Werte in der Atmosphäre, trotzdem blieb es leidlich warm, am Südpol gab es höchstens ein bisschen Eis, und so standen die Kontinentalsockel unter Wasser und boten reichlich sonnendurchfluteten marinen Lebensraum. Gewaltige Korallenriffe entstanden, zwischen denen es sich unter anderem die urtümlichen Panzerfische gutgehen ließen mit dem über sechs Meter langen Dunkleosteus (im Bild sein Schädelfossil) als Apex-Predator.

Warum diese Welt dann zwischen 372 und 359 Millionen Jahren vor heute unterging, ist weit weniger gut verstanden als im Fall des ersten großen Massenaussterbens am Ende des Ordoviziums. Es ist nicht einmal klar, ob und wie die beiden Minima in der Sepkoski-Kurve zusammenhängen, das sogenannte „Kellwasser-Ereignis“ und der Schnitt ganz am Ende des Devons, der nicht nur Dunkleosteus hinwegraffte, sondern unter anderem auch die letzten Graptolithen. Wahrscheinlich kamen einfach mehrere Faktoren zusammen: eine Sauerstoffarmut in den Ozeanen bei gleichwohl steigenden Meerespiegeln, gefolgt von einer globalen Abkühlung. Die Beteiligung von Vulkanen ist möglich, die eines Asteroideneinschlages pure Spekulation.

Wie auch immer, als das auf das Devon folgende Karbon begann, waren 80 bis 90 Prozent aller Meerestierarten verschwunden. An den neuen Landpflanzen jedoch war das Desaster weitgehend spurlos vorbeigegangen.

Trilobitendämmerung

Das dritte große Massenaussterben ereignete sich vor 252 Millionen Jahren, und es trennt nicht nur die Zeitalter Perm und Trias, sondern auch Erdaltertum und Erdmittelalter – so deutlich unterscheiden sich die Fossilien beiderseits dieser Grenze. Tatsächlich muss sich die Erde damals so drastisch geändert haben wie seit Hunderten von Millionen Jahren nicht mehr. Blickt man zurück in die Erdgeschichte, war erst die Marinoische Eiszeit schlimmer gewesen, bei der vor 650 Millionen Jahren der gesamte Planet bis in die Tropen unter einem Eispanzer verschwand.

Aber da gab es noch keine höheren Lebensformen. Nun jedoch war es eine Hekatombe. Über 90 Prozent aller spätpermischen Arten, die Fossilien hinterlassen, wurden ausgelöscht. Zu den Opfern gehörten unter anderem die riesigen Seeskorpione und die letzten Trilobiten. Mit einer einzigen verbliebenen Familie waren die Trilobiten im späten Perm freilich nur noch ein Schatten ihrer früheren Größe gewesen. Aber diesmal traf es nicht nur die Meere, auch 77 Prozent aller Landtierarten verschwanden, sogar Insekten. Verschont blieben dagegen wieder die Landpflanzen.

Die Suche nach den Ursachen für den biosphärischen Super-GAU wird dadurch erschwert, dass die Meerespiegel über die Perm-Trias-Grenze hinweg sehr niedrig lagen, wodurch sedimentäre Zeugnisse des Geschehens auf Kontinenten und Festlandsockeln an den meisten Stellen baldiger Erosion anheimfielen. Sicher ist man sich immerhin, dass diesmal weder eine Meeresspiegeländerung noch eine Abkühlung schuld war, wahrscheinlich aber eine Erwärmung, die sich damals besonders schlimm auswirkte. Denn die Erdteile bildeten im Perm eine zusammenhängende Landmasse, so dass riesige Flächen von kontinentalem Klima bestimmt waren. Zudem scheint sich das große Artensterben über mindestens 200.000 Jahre hingezogen zu haben. Die meisten Experten sehen daher den auslösenden Faktor in einer Vulkantätigkeit, die just um diese Zeit halb Sibirien mit Lava flutete, obendrein große Kohle- oder Erdölvorkommen in Brand gesteckt und dabei ungeheure Mengen an Treibhausgasen freigesetzt haben musste.

Wo sind die Conodonten hin?

In der mittleren Trias hatte sich die Biosphäre von den schlimmsten Folgen der permo-triassischen Katastrophe einigermaßen erholt. Sogar die Riffe kehrten zurück, die seit dem Ende des Devons weitgehend gefehlt hatten. Nur waren es nun nicht mehr die altertümlichen Böden- und Runzelkorallen, die am Ende des Perms komplett ausstarben, sondern moderne Steinkorallen. Zwischen ihnen gediehen Ammoniten, Knochenfische und Haie – Panzerfische gab es seit dem Devon nicht mehr. Die marinen Spitzenräuber waren nun die Fischsaurier. Sie waren Nachfahren vierbeiniger Wesen, die ins Meer zurückgekehrt waren, rund 150 Millionen Jahre nach dem ersten Landgang der Wirbeltiere. An Land gab es in der späten Trias bereits Dinosaurier, freilich noch nicht die kultigen Monster der Jura- und Kreidezeit, sowie die ersten Säugetiere.

Dann schlug vor 201 Millionen Jahren das vierte große Massensterben zu. Die Verluste reichen mit über 75 Prozent aller Arten an die des devonischen Massensterbens heran und wie bei diesem traf es in puncto Biomassenverlust die Riffe besonders hart. Mehr als 95 Prozent starben ab.

Die prominentesten Opfer des triassischen Faunenschnitts indes sind der breiteren Öffentlichkeit eher wenig bekannt, den Paläontologen dagegen umso mehr, denn für sie sind die sogenannten Conodonten („Kegelzähne“) die wichtigsten Leitfossilien des Erdaltertums. Mehr als ein Jahrhundert lang wusste freilich niemand, von welcher Sorte Tier diese kleinen Gebissteile stammen. Erst 1982 fanden sich in einem Gesteinsbrocken aus Schottland versteinerte Weichteile eines aalförmigen Geschöpfs, das mit solchen Zähnen ausgestattet war.

Was die Ursache für das endgültige Ende der Conodonten angeht, so weist auch hier alles auf massiven Vulkanismus in einer durch niedrige Meeresspiegel sowieso schon gestressten Biosphäre hin. Die zugehörigen Flutbasalte finden sich sowohl an der Ostküste Nordamerikas als auch in Nordeuropa und Westafrika, was nahelegt, dass es die beginnende Öffnung des Atlantiks war, die den vierten großen Faunenschnitt auslöste.

Der Weg der Dinosaurier

Ist von Massenaussterben die Rede, denken viele gleich an das Ereignis, mit dem vor 66 Millionen Jahren die Kreidezeit zu Ende ging. Und das nicht etwa weil dies das jüngste, am besten erforschbare der „großen Fünf“ ist. Auch der ikonische Status einiger seiner Opfer ist nicht mehr der alleinige Grund für das besondere Interesse an dem bislang letzten großen Artensterben. Es ist vielmehr seine mutmaßliche Hauptursache: ein zehn bis fünfzehn Kilometer großer Asteroid, der just an der Grenze von Kreide und Paläogen (oder Tertiär, wie es früher hieß) in die Halbinsel Yukatan einschlug.

Danach waren nicht nur Triceratops horridus (im Bild) oder Quetzalcoatlus northropi Geschichte, sondern eine ganze ökologische Welt. Viele ihrer Bewohner, die Ichthyosaurier und die Ammoniten etwa, waren Überlebende aus dem Trias gewesen, die im Jura erneut auf Erfolgskurs gingen. Andere waren neu und von zuweilen zukunftweisender Bedeutung, etwa die Blütenpflanzen. Und manche sahen kaum weniger bizarr aus als die Dinosaurier. Zum Beispiel die Rudisten, klobige Muscheln, die gewaltige Riffe aufbauten. Dennoch war diese Welt der, die ihr folgte, weniger fremd, als man es sich oft vorstellt. Das fünfte Massensterben ist nach der absoluten Zahl untergegangener Arten zwar mit den vorangegangenen vergleichbar, prozentual gesehen aber das schwächste der „großen Fünf“. Der Artenverlust, den der Asteroid zu verantworten hat, könnte nur 57 Prozent betragen haben.

Aber ist der Asteroid überhaupt schuld? Viele Fachleute würden heute sagen: Ja schon, aber nicht allein. Denn auch am Ende der Kreidezeit gab es einen Rückzug der Meere sowie eine Episode ausgedehnter Flutbasalt-Eruptionen, diesmal in Indien. Andererseits war jener Einschlag in Yukatan wahrscheinlich der schwerste Treffer, den unser Planet in den vergangenen 600 Millionen Jahren einstecken musste. Da stimmt es dann auch irgendwie tröstlich, dass sich die Folgen trotz zusätzlicher Faktoren wie Meeresspiegelstress und indischer Vulkane in Grenzen hielten. Schließlich sind nicht einmal die Dinosaurier wirklich ausgestorben. Die Vögel stammen direkt von ihnen ab.

Der sechste Hammerschlag

Am Ende ging es dann doch immer wieder bergauf. Nach jedem der fünf Desaster der vergangenen 541 Millionen Jahre hat sich die globale Diversität des Lebens auf der Erde nicht nur wieder erholt, sondern sich oft zu neuen Höhen aufgeschwungen – der langfristige Aufwärtstrend in obiger Kurve ist nicht allein mit der umfassenderen Überlieferung jüngerer Gesteine und damit der darin enthaltenen Fossilien zu erklären. Das gilt insbesondere für die drei größten Faunenschnitte – die am Ende des Ordoviziums, des Perms und der Kreidezeit. Nur die waren übrigens echte Massenaussterben in dem Sinne, dass die Raten, mit denen Organismenarten verschwanden, die der Entstehung neuer Arten übertrafen. Die Ereignisse in Devon und Trias waren dagegen eher Massenverarmungen, da der Artenrückgang hier weniger auf faktisches Aussterben als auf eine Verhinderung der Entstehung neuer Arten zurückzuführen ist.

Sehr oft aber gaben die großen und kleineren Aussterbeereignisse dem Leben eine neue Richtung. Der Aufstieg der Säugetiere nach dem Untergang der Dinosaurier ist das bekannteste Beispiel. Das folgenreichste war indes die wohl umfassendste Vernichtung von Biodiversität, die je den Planeten heimgesucht hat: Vor mehr als zwei Milliarden Jahren begannen Cyanobakterien Sonnenlicht zu nutzen und dabei Sauerstoff freizusetzen, den es bis dahin in der Atmosphäre nicht gab. Ohne dieses Abgas wäre das Leben später sehr wahrscheinlich nie über das Stadium von Schleim hinausgekommen. Doch zuvor hat es ganze Weltmeere voller anaerober Bakterien abgetötet.

Unschön auch, was der Ediacara-Fauna wiederfuhr. Diese rätselhaften Wesen waren die ersten Organismen, die man mit bloßem Auge als solche hätte erkennen können. Sie lebten vor etwa 610 bis 542 Millionen Jahren, kurz vor dem Anbruch des Kambriums, auf und von Bakterienmatten am Grund sonnendurchfluteter flacher Meere. Damit war Schluss, als sich Tiere entwickelten, die andere Tiere fraßen, was die einen zur Ausbildung harter Panzer trieb, die anderen dazu brachte, sich in den Meeresboden zu flüchten und damit den Garten von Ediacara umzupflügen. Das evolutionäre Wettrüsten zerstörte das Bakterienmattenparadies, aber damit begann erst die ganze Vielfalt der Tier- und später auch der Pflanzenwelt.

Während die Cyanobakterien das urzeitliche Desaster überlebten, das sie auslösten, mussten die frühen Sandwürmer und gepanzerten Meerestiere immer effizienteren Buddlern und besser gerüsteten Räubern Platz machen. Und auch die Tierart, die sich heute anschickt, die Biosphäre umzukrempeln, sollte mittelfristig nicht damit rechnen, es dadurch besser zu haben. Tatsächlich hat der Mensch mit seine Aktivitäten nolens volens ein neues erdgeschichtliches Zeitalter eingeläutet. Das „Anthropozän“ begann entweder 1610 oder 1945 oder 1964 – darüber diskutieren die Geowissenschaftler noch – und die Indizien für seine langfristige geologische Sichtbarkeit sind übermächtig: Für 38 Prozent der Nettopflanzenproduktion der Biosphäre ist heute die menschliche Nutzung verantwortlich. Das Kohlendioxid aus der Verbrennung von Gas, Öl und Kohle hat den Säuregrad des Meerwassers auf Werte gebracht, wie es sie zuletzt im Erdaltertum gab. Und die Erfindung des Kunstdüngers verändert die globalen Stickstoffkreisläufe so stark wie seit 2,5 Milliarden Jahren nicht mehr. Schließlich vergeht kein Tag ohne Berichte über Tier- und Pflanzenarten, die durch Überfischung, Umweltverschmutzung und Habitatzerstörungen ausgerottet wurden oder kurz davor stehen.

Das hat zu der Vermutung geführt, der Mensch sei drauf und dran, ein sechstes großes Massenaussterben auszulösen. Doch wie der britische Paläontologe Norman McLeod in seinem Buch „Arten sterben“ darlegt, sind manche Zahlen, die zu dieser Frage im Umlauf sind, schlicht aus der Luft gegriffen. Darunter die, welche der frühere amerikanische Vizepräsident Al Gore verbreitete, als er schrieb, pro Jahr würden 40.000 Tierarten aussterben. Oft hat McLeod auch gelesen, in den nächsten hundert Jahren würden 50 Prozent aller vor Anbruch des Industriezeitalters exisierenden Tierarten aussterben. Selbst wenn das stimmen würde, wäre das noch kein sechstes großes Massenaussterben. Bei den fünf vorangegangenen mussten stets höhere Anteile der Tier- und Pflanzenspezies dran glauben.

Im Zuge des „Hintergrundaussterbens“ im langfristigen erdgeschichtlichen Mittel und außerhalb der „großen Fünf“ müsste laut McLeod pro Jahr etwa eine Tierart aussterben, die das Potential hat, fossile Spuren zu hinterlassen. Seit der Zeit um 1600, als man Aussterbefälle zu dokumentieren begann, müssten demnach etwa 400 Arten natürlicherweise verschwunden sein. Tatsächlich berichtet wird aber von etwa tausend in diesem Zeitraum ausgestorbenen Arten, was die wirkliche Zahl aber mit Sicherheit unterschätzt, dürften sich doch viele Spezies gänzlich unbemerkt vom Menschen aus der Naturgeschichte verabschiedet haben. Das Artensterben ist also gegenüber dem erdgeschichtlichen Hintergrund ganz offensichtlich erhöht – aber um wie viel?

In der Literatur zum Thema Anthropozän ist öfter von einer hundert- bis tausendfachen Erhöhung der Aussterberate die Rede, doch McLeod und andere Experten halten es für grundsätzlich problematisch, Zahlen heutiger Aussterbefälle hochzurechnen und mit paläontologischen Daten zu vergleichen. Denn die modernen Verluste sind zumeist auf der Ebene lokal auftretender Arten dokumentiert, während fossil erschlossene Aussterbeereignisse höhere taxonomische Gruppen – Gattungen, Familien, Ordnungen – erfassen, aus denen der Verlust auf Artebene dann erst abgeschätzt wird. Hinzu kommt, dass die bis dato vom Menschen angerichteten Naturzerstörungen von anderer Art sind als etwa das Trockenfallen ganzer Schelfmeere durch eine Absenkung des Meeresspiegels. Zwar zeichnen sich inzwischen auch großräumige Umwälzungen ab, etwa am Great Barrier Reef vor Australien, und auch die Ozeanversauerung infolge der steigenden CO2-Pegel könnte in Zukunft höhere taxonomische Ebenen verwüsten. Doch quantitativ wird man den Schaden möglicherweise erst abschätzen können, wenn er eingetreten ist.

Andererseits stellte eine Forschergruppe von der University of California in Berkeley 2011 im Magazin Nature Betrachtungen über den Anteil von Arten verschiedener Organismengruppen auf den Gefährdungslisten der International Union for Conservation of Nature an. Dabei kamen sie zu dem Schluss, es gäbe „klare Hinweise, dass ein Verlust aller heute als ‚vom Aussterben bedroht‘ (,critically endangered‘) eingestuften Arten die Welt in den Zustand eines Massensterbens befördern würde, wie es ihn in den vergangenen 540 Millionen Jahren erst fünf Mal gegeben hat“.

Andere Forscher begegnen solchen Aussagen mit Skepsis. „Ein Problem dieser Art von Abschätzungen ist, dass wir dazu viel zu wenig über die globale Diversität vieler Gruppen wissen“, sagt etwa Phoebe Cohen vom Williams College in Massachusetts, die das Artensterben am Ende des Devon erforscht. „Die einzige Gruppe, die wir hier ausreichend verstehen, sind die Säugetiere und vielleicht noch die Vögel.“ Schon über die Biodiversität der Muscheln wisse man einfach zu wenig. „Keine Zweifel, die Aussterberaten sind erhöht“, sagt Cohen. „Aber ob wir wirklich einem sechsten Massensterben entgegengehen, weiß ich nicht, und ich glaube, niemand wird sich da sicher sein können, für Hunderte wenn nicht Tausende von Jahren.“

So oder so wird der Mensch die Biosphäre nicht ein für alle Mal ruinieren. Das hat noch nicht einmal das große permo-triassische Ereignis geschafft. Aber er dürfte sie in geologisch kurzer Zeit stark verändern. Insofern Homo sapiens in den Eiszeiten mit ihren stetig wechselnden klimatischen Bedingungen groß geworden ist, dürfte er als biologische Art den kommenden Wandel sicher überleben. Seine Zivilisation aber, mit ihren Annehmlichkeiten und geistigen Höhenflügen, ist historisch das Produkt einzigartig stabiler Umweltbedingungen während der vergangenen 10.000 Jahre. Damit könnte es dann vorbei sein.


Literatur: Norman MacLeod, „Arten sterben. Wendepunkte der Evolution“. Theiss Verlag, Stuttgart 2016.

Quelle: F.A.Z.   Veröffentlicht: 22.09.2016 13:37 Uhr

27.08.2019

Klären von Irrtümern 1

„Es gibt da einen Satz, der lautet: „Wenn man Selbstkultivierung betreibt, übt man nicht die Kampfkunst.“ 
Dabei herrscht die Ansicht vor, dass mit dem Begriff „Selbstkultivierung“ die stehende Säule – Zhanzhuang – gemeint ist. „Kampfkunst“ bezieht sich dann auf das Training von angewandten Kampftechniken. Der Satz würde demnach also bedeuten, dass man dann jeweils nur die stehende Säule und nicht die Kampftechniken übte – ein Missverständnis, dass Anfängern häufig unterläuft. Der entscheidende Punkt bei der stehende Säule liegt darin, „es einem Insekt gleichzutun“: Im Winter bohren sich manche Insekten in die Erde und wirken dann wie tot. Zum Frühlingsanfang beginnt sich in der Erde das Leben zu rühren und die Insekten bewegen sich wieder. Beim Zhanzhuang geht es darum, diese Art von Lebenskraft durch das Stehen zu erlangen – wie ein Insekt, das aufwacht und sich zu rühren beginnt. So verspürt man Energie am Körper. Die stehende Säule bringt einem unendlich viel Nutzen – dabei geht es um Selbstkultivierung. Tatsächlich handelt es sich auch beim Üben von Kampftechniken um Selbstkultivierung. Im Xingyiquan gilt es, „durch das Kultivieren der Essenz – Jing, diese in Lebensenergie – Qi umzuwandeln, durch das Kultivieren der Lebensenergie diese in Geist – Shen umzuwandeln und den Geist zur Leere – Xu zurückzuführen“. Qi bedeutet auch Atem, aber das ist hier nicht gemeint. Wenn ein Mann maskulin und lässig oder eine Frau anmutig und attraktiv erscheint, liegt das an der Wirkung des Qi. Das ist genau das, was man „vor Lebenskraft strotzen“ nennt. Was Qi in der Bedeutung von Atem angeht, so nennt man das Xi– Atmung.“

quelle sinoblog.de


08.03.2019

修煉 Xiu Lian Daoistische Selbstkultivierung

Weiß jemand etwas über die Herkunft des Text? Hat jemand Verbesserungsvorschläge zur Übersetzung? 

修道养德 内功外行
Kultiviere Dao, nähre Tugend, durch innere Arbeit und äußeres Verhalten.
(HC) Kultiviere das Dao und das De; führe innere Arbeit nach Außen aus. 

道无经不传 经无师不明
Dao hat kein Buch, keine Lehre (wie die des Buddha) keinen Lehrer, keine Klarheit
(HC) Dao wird ohne Kanon nicht weitergegeben; Kanon wird ohne Lehrer nicht verstanden. 

道法自然 静者得之
Dao ist vollkommen natürlich, aus der Stille erwachsend
(HC) Das Dao nachahmt die Natur, wer Ruhe hat, erlangt sie. 

自行修炼 无量度人
Sich Selbst zu kultivieren hat so vielfältig Wege, wie es Menschen gibt. 
(HC) Sich selbst zu vervollkommenen (zu kultivieren) kann Menschen unbegrenzt helfen/retten. 

至道不繁 守中为要
Dao zu erreichen ist nicht kompliziert, halte dich an die Mitte, das ist die Hauptsache.
(HC) Das höchste Dao ist nicht mannigfaltig (kompliziert) ; die Mitte einzuhalten ist das Wichtigste. 

仙道贵实 理法合一
Dao der Unsterblichen ist wahrhaft wertvoll, es ist die wahre Methode, mit dem Einen zu verschmelzen.
(HC) Das Dao der Unsterblichen legt großen Wert auf Wahrhaftigkeit; Wahrheit und Gesetz (Norm) sollten zu eins vereinen. 

和光同尘 借假修真
Halte Dich zurück und vergleiche Dich nicht mit anderen, lege Falsches ab und kultiviere Deine ursprüngliche Natur.
(HC) Milde deinen Glanz, sei wie ein gewöhnlicher Mensch; vervollkommene das Echte. 

性命双修 长生为基
So verdoppelst Du Deine Lebensspanne, ein langes Leben ist das Ziel.
(HC) Kultiviere den Charakter und das Leben, beides; ein langes Leben ist das Fundament. 

男女平等 女丹为捷
Das gilt gleich für Männer und Frauen, das weibliche Elixir wirkt schnell.
(HC) Das gilt gleich für Männer und Frauen; das weibliche Lebenselixir wirkt schneller. 

长生住世 我命由我
Ich habe ein ewiges Leben, so erfülle ich mein Schicksal.
(HC) Lebe ein langes Leben in dieser Welt; die Verantwortung meines Lebens (Schicksal) nehme ich auf mich. 

(HC) = Hsing Chuen Schmuziger-Chen

07.03.2019

Die Regeln für Wudang Schüler




1. Selbstkultivierung beginnt und endet mit Respekt. 

Als Respekt oder Achtung wird die anerkennende Berücksichtigung des Wertes und der Würde einer anderen Person bezeichnet. Das beinhaltet die Wahrung einer Distanz, sowohl körperlich als auch emotional. Tritt niemandem zu nahe. Jeder Mensch verdient es, mit Respekt behandelt zu werden. Wir Menschen brauchen einander. Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat. Verhalte dich so, dass man auch Dir vertrauen kann.
An erster Stelle solltest Du Dich selbst respektieren, deinen Körper wert schätzen und deinen Geist schulen. Du bist es wert, die Künste zu erlernen, um ein besseres und glückliches Leben zu führen und dieses auch verteidigen zu können. Indem Du diszipliniert an Dir arbeitest, zeigst Du dir selbst gegenüber Respekt.
Des weiteren gebührt all jenen Dein Respekt, die Dir den Weg ermöglichen, denen, die ihn schon vorangegangen sind und denen die Dir nun zur Seite stehen.

Da sind auch jene Menschen zu erwähnen, die den daran Beteiligten Nahrung gaben, für ihre Kleidung sorgten, jene, die uns das Papier und die Tusche schufen, um das gesammelte Wissen aufzuzeichnen, jene, die alles, was ich erwähnt habe, über Land und Wasser transportierten, sowie jene, die die Transportwege und Mittel bauten und in Stand hielten. Ich denke auch an deren Mütter, Väter und Lehrer. Wenn man es genau bedenkt, sind letztlich alle Menschen daran beteiligt.

1. Sei ehrlich und ernsthaft

Auf Deinem Weg ist es unabdingbar, dass Du stets ehrlich bist. Ohne Ehrlichkeit ist es unmöglich, seinem Gegenüber zu vertrauen. Vor allem solltest Du Dir selbst gegenüber stets ehrlich sein, um Deine Entwicklung nicht zu behindern.
Sei Dir im Klaren darüber, wo Du gerade stehst, im Training wie im Leben. Betrachte Dich und Deine Situation mit kritischen Augen. Schau genau hin, was Du wirklich machst, Achte nicht darauf, was Du glaubst zu machen.
Jeder von uns sieht immer nur einen kleinen Aspekt der Realität. Wir können nicht wissen, was ein anderer gerade sieht. Deshalb mach Dich nicht lustig über andere, rede nicht schlecht. Aber verliere auch nie Deinen Humor. Die innere Haltung spiegelt sich im Äußeren und umgekehrt. Vertrete die Wudang Tradition mit Stolz, sei jedoch nie überheblich sondern immer bescheiden.

1. Bemühe Dich ständig

Zeige stets Dein Bestreben, ein guter Mensch zu sein. Wenn Du Fehler machst, dann stehe dazu. Wir alle machen Fehler. Nutze die Fehler, um zu lernen. Nutze Deine Niederlagen, um siegen zu lernen. Lass keine Zweifel aufkommen, sei Dich Deines Weges immer sicher. Lass Dich nicht verführen, nicht ablenken.
Überwinde die Trägheit des Körpers mit der Regheit des Geistes. Suche Klarheit, dringe in jede Bewegung, jede Regung, jede Geste ein, bis du sie verstanden hast. Verwirf Überflüssiges. Unglück entsteht durch Unachtsamkeit. Wiederholung ist notwendig, kennen bedeutet nicht können.

1. Strebe nach der Entwicklung Deines Innersten Wesens

In der Selbstkultivierung bist Du stets bestrebt, ein besserer Mensch zu werden. Dazu sind die Übungen entwickelt. Alle anderen Werte, Verbesserung der Gesundheit oder die Kampfkunst sind dem untergeordnet.
Über die körperliche Übung gelangst Du zum Geistigen, vom Geistigen gelangst du zum Wesentlichen. Indem Du Deine Disziplin, Geduld und Hilfsbereitschaft verbesserst, wirst Du weiser und glücklicher.
Alles, was Du im Training lernst, soll in Dein tägliches Leben einfließen. Befreie Dich von allem, was Deine Entwicklung behindert, aber verzichte auf Gewalt.

Zhong He Fest

Das Zhong He Fest, auch Fest des Blauen Drachen genannt, wird seit der Tang und Song Dynastien gefeiert. Es findet am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Mond-Kalender statt. An diesem Tag werden Speisen zubereitet, die in ihrer Form an des Drachen Ohren, Schuppen, Bart und Knochen erinnern, wie zum Beispiel Teigtaschen, Pfannkuchen und Nudeln etc.



Das Fest begeht die ersten Anzeichen des Frühlings mit der Bitte um ausreichend Regen für die Pflanzen, damit es eine reiche Ernte gibt im Spätsommer.

Quelle: www.livinglanguage.com

04.03.2019

20.02.2019

16.02.2019

Das Buch der Klarheit und Stille


Es gibt in Wudangshan ein hübsches Armband zu kaufen, hölzerne Perlen mit eingravierten Schriftzeichen. Es ist dies der Text des Qing Jing Jing, dem Buch der Klarheit und Stille. Mein Armband habe ich schon einige Jahre und ich habe mich auch bald schon darum gekümmert, diesen Text im Internet zu finden, denn ehrlich gesagt kann ich das auf den Perlen kaum entziffern. Es fanden sich auch schon Übersetzungen ins Englische und mit deren Unterstützung wagte ich auch eine deutsche Version. Die findet man schon lange hier links unter Seiten.

Derweil gibt es eine wunderbare bibliophile Ausgabe des Textes, übersetzt und mit kraftvoller Kaligraphie niedergeschrieben von Hsing Chuen Schmuziger-Chen im Verlag Taotime. 

Dem ist nichts entgegen zu setzen. So wollte ich meinen Beitrag als kleines Büchlein in der Edition 3 Säulen vorstellen. Dann ist aber doch eine größere Sache daraus geworden. Das Qing Jing Jing verbindet auf geniale Weise in knapper und präziser Sprache die Lehren von Laozi und Buddha. Es ist eine klare Anweisung zur Meditation und Selbstkultivierung. Mit der ISBN 9783 749 407 729 in wenigen Tagen überall dort zu haben, wo es Bücher gibt und direkt hier.

11.02.2019

Künstliche Intelligenz als Staatsziel

Bis 2030 möchte China zur Supermacht im Bereich der Künstlichen Intelligenz werden. Die chinesische Regierung hat dazu milliardenschwere Förderprogramme aufgelegt. KI gilt als Allheilmittel, um die Wirtschaft zukunftsfähig zu machen – und um die autoritäre Herrschaft effizienter zu gestalten.
Von Axel Dorloff
Roboter und KI-Technologien wachsen in China rasant – und prägen bereits den Alltag der Chinesen (picture alliance / Wang Gang)
Lesen oder hören im Deutschlandfunk

... Schon wer den Park betritt, kann autonom fahrenden Bussen besteigen. Die Kleinbusse rollen langsam die gepflasterten Wege entlang.... Entlang der Busstrecke steht ein riesiger Bildschirm: Wer hier aussteigt kann Tai Chi trainieren, in einem virtuellen Raum mit dem berühmten Tai Chi Professor Wu Dong von der Pekinger Sport-Universität.

„Das ist der Tai-Chi Meister in der virtuellen Realität. Du kannst hier in der Mitte stehen und mit dem Meister zusammen Tai-Chi üben, als ob er direkt vor dir stehen würde. Eine Anwendung aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz von Baidu. Der Meister erkennt Deine Körper-Bewegungen und analysiert, wie nah Du an der optimalen Bewegung dran bist. Am Ende kommt das Ergebnis.“

08.02.2019

Messenger


Mit meinem Abschied von Facebook werde ich natürlich auch den damit verbundenen Messenger verlassen und früher oder später auch whatsapp. Bei instagram war ich nie aktiv. Als Alternative habe ich telegram gewählt. Meine Empfehlung. Ich benutze jetzt telegram, lieber als whatsapp

Telegram Messenger von Telegram LLC

Ein hübscher Papierflieger als Logo. Wir sehen uns.

07.02.2019

Das freie Netz stirbt vor unseren Augen

Quelle SZ vom 7. Feb. 19

Wir sind gerade dabei, die letzte Chance zu verspielen, das Netz in demokratische Bahnen zu lenken. Wir, das sind Politiker, die jahrzehntelang die Augen vor der Digitalisierung verschlossen und es verpasst haben, den Unternehmen Grenzen aufzuzeigen.

Wir, das sind aber auch einzelne Nutzer. Die geschlossenen Ökosysteme sind bequem, aber niemand wird dort eingesperrt. Buchhandlungen sind kein Relikt aus dem vergangenen Jahrhundert und das Netz wimmelt von Online-Shops, die Amazon nahezu gleichwertig ersetzen. Jeder kann ein Blog schreiben statt Facebook zu füttern. Die meisten Freunde sind bei Whatsapp, aber vielleicht lassen sie sich überzeugen, zu Signal, Threema oder Wire umzuziehen. (Mich findet ihr auf Telegram) Chrome ist ein schneller und sicherer Browser - genau wie Firefox, hinter dem kein Milliardenkonzern, sondern die gemeinnützige Mozilla Foundation steckt.

Die Alternativen sind da, wir müssen sie nur nutzen.

04.02.2019

Glück und Freude im Jahr des Schweins


In der Nacht vom 04. auf den 05. Februar 2019 feiert China ins Jahr des Schweines. Für all diejenigen, die im Tierkreiszeichen des Schweines zur Welt gekommen sind (属猪 shǔzhū "zum Tierkreiszeichen Schwein gehören") und damit ihr 本命年 běnmìngnián, das eigene Tierkreiszeichenjahr, begehen, heißt es also nach chinesischem Brauch: ein Jahr lang möglichst immer etwas Rotes am Körper tragen, am besten rote Unterwäsche.

Da das Jahr 2019 für Schweine ihr Tierkreiszeichen-Jahr ist, werden sie generell reibungslose Aussichten haben. Ihr Glück für Karriere, Gesundheit und Liebesleben wird normal sein, ihr Wohlstand wird sogar zunehmen, da sie eine Belohnung bekommen werden.

Dieses Jahr kann ein Jahr der Freude und des Festes für uns werden. Teilen und Großzügigkeit wird großgeschrieben. Das Geld sitzt manchmal lockerer als es sollte, achten Sie also dieses Jahr gut auf Ihre Finanzen, auch wenn das Teilen und Ausgeben so viel Freude bereitet.

Thema dieses Jahres ist es dann auch, miteinander Freude zu haben und füreinander da zu sein. Anderen helfen ist eine wahre Freude für das Schwein, das sich am besten fühlt, wenn alle anderen lächelnd. Ein Schwein das alleine ist und niemanden hat, der seine großzügige Natur schätzt, ist ein trauriger Anblick. Im Jahr des Erd-Schweins geht es somit viel mehr um den seelischen als um den materiellen Reichtum.

03.02.2019

The Star - Laure Shang

When we were young,
we lived in ourselves
Chasing dreams,
hiding in our universe
A bird in that lonely September
Finds it hard to remember
He surrendered all
To growing and desire

01.02.2019

Ziegenpeter

Gestern am Bollullo Strand vorbei noch weiter gelaufen. Da war ich noch nie. Verwunschene Pfade. Auf dem Rückweg noch einer Ziegenherde begegnet. Schöne Tiere. Aber ein verrückt scheinender Hirte, der ohne Hunde seine Ziegen an einem steilen Hang zusammenhalten wollte. Mächtig viel Arbeit, ununterbrochenes Rufen und dann noch die blöden, fotografierenden Touristen, die den Tieren Angst machten.

 




31.01.2019

Warum ich Facebook verlasse




Es geht nicht um blödsinnige Kettenbriefe: „Facebook hat seit heute seine Geschäftsbedingungen…blabla.“ Es geht um das tatsächliches Geschäftsgebaren unserer Lieblingsplattform.

Einem Bericht von Heise Online zufolge (http://tinyurl.com/yaqjqjsy) konnten Kinder ohne Wissen ihrer Eltern bei Spielen reales Geld ausgeben, was von deren gespeicherter Kreditkarte abgebucht wurde. Ich fasse zusammen:
"Mitunter sei den Kindern nicht einmal bewusst gewesen, dass sie gerade per verknüpfter Kreditkarte das Geld ihrer Eltern ausgaben. In einem Fall etwa habe ein 15jähriger 6500 US-Dollar in zwei Wochen ausgegeben. (...)
Aus einem anderen Dokument gehe hervor, dass viele Eltern nicht wüssten, dass Facebook ihre Kreditkartendaten gespeichert habe und für Abbuchungen benutze – und dass ihre Kinder diese ohne jede Authentifizierung zum Geldausgeben benutzen könnten. (...)
Das Durchschnittsalter der Spieler von "Angry Birds" soll laut Facebooks eigener Untersuchung zu dieser Zeit bei 5 Jahren gelegen haben."

Ein Memo gibt "maximalen Profit" als Unternehmensziel aus und weist die Mitarbeiter an, Spieleentwickler entsprechend "zu erziehen", damit Kinder weiterhin Geld ohne Wissen ihrer Eltern ausgeben.

Andere Baustelle:
Facebook bezahlte Teenager dafür, sich überwachen zu lassen. Der Konzern entlohnte iPhone-Nutzer mit bis zu 20 Dollar pro Monat, damit diese eine App installierten, die persönliche Daten an Facebook übermittelte. Das angebliche "Forschungsprogramm" zielte auch auf minderjährige Teenager ab. Die Teilnehmer erteilten dem Unternehmen weitreichende Zugriffsrechte und gaben einen Teil ihrer Privatsphäre preis. Facebook hat das Programm gestoppt, lässt jedoch viele Fragen unbeantwortet

Andere Baustelle:
eine Android app, die Daten an Facebook übermitteln sollte, z.B. wer mit wem kommuniziert.
Auf die Warnung:"Wir haben nicht begriffen, dass es derart riskant sein würde" kam als Antwort nur: Das "Growth-Team" (Facebooks Einheit, die für das Nutzerwachstum zuständig war) werde das Update durchziehen - und zwar ohne die Nutzer klar und deutlich zu informieren, wie weitreichend der Eingriff werde. Diese ernüchternde Antwort kam ausgerechnet vom "Privatsphäre-Beauftragten" des Konzerns, Yul Kwon, dem der Schutz von Nutzern eigentlich am Herzen liegen sollte.

Unternehmen wie die Dating-App Tinder oder die Unterkunfts-Plattform Airbnb, die Facebook nicht als Konkurrenten sah, bekamen den Mails zufolge… privilegierten Zugang zu den Daten über "Freunde"

Aber vor allen Dingen:
Mit der Fusion der Whatsapp-, Instagram- und Messenger-Technik beendet der Facebook-Chef die Unabhängigkeit der Apps endgültig. Das macht den Weg frei für eine gigantische Datenbank über Milliarden Menschen.
Der Inhalt der Nachrichten wird zwar bald gegen Angriffe von außen gesichert, doch die Metadaten - wer kommunizierte wann mit wem? - aus den bislang getrennten Systemen dürften zusammenfließen. Das ermöglicht den Bau einer gigantischen Datenbank, in der das private Verhalten aller Nutzer gespeichert wird.
Zuckerberg bricht die Versprechen, die er Nutzern wie Mitarbeitern von Instagram und Whatsapp gab, als er die Firmen kaufte. Sie würden unabhängig bleiben, hieß es, und, im Fall von Whatsapp: Die Daten der Nutzer sollten sicher bleiben, wie es den Gründern des Messengers immer am Herzen lag.
Es lässt sich nun nicht mehr leugnen: Hier entsteht ein Monopolist. Er baut ein Ökosystem der Kommunikation, in dem der Preis für Verzicht immer höher wird. Aussteigern droht bald der Verlust ihres sozialen Netzwerks über drei Apps hinweg.

Ich werde es in Kauf nehmen.

18.01.2019

Wir wollen nur spielen


Praktizieren wir Taijiquan oder Qigong, heißt das auf Chinesisch „打 da“ - spielen. Wie man Handball spielt oder Schach. Um spielen zu können, muss man frei sein, das Metier beherrschen. Das heißt, zuerst muss man lernen, üben, verbessern. Erst wenn du deine Form laufen kannst, wie du willst und nicht nur, wie du kannst, dann beginnt das Spielen. Gia Fu Feng, mein Lehrer in den frühen Achtziger Jahren und ein Meister der Bumperstickers, beschrieb den Prozess folgendermaßen:

1) kopieren

2) imitieren

3) interpretieren.

Zuerst kopierst du deinen Lehrer, dein Vorbild, eins zu eins. Mach ihn oder sie einfach nach. Versuch nicht zu verstehen, zu begreifen, zu merken. Aktiviere deine Spiegelneuronen und sei wie ein kleines Kind. Lauf hinterher. Frag nicht, lass das Gehirn raus. Entspann dich. Die Fähigkeit deines Körpers, auf eine Bewegung zu reagieren ist 1000 Mal schneller als dein analytisches Denken sie erfassen, verstehen und wiederholen kann.

Nach einiger Zeit des Kopierens kannst du zum Imitieren über gehen. Du machst die Bewegungen nach. Jetzt setzt dein Denken ein, versuch, zu verstehen was du machst. Aber nicht gleich zu Anfang. Beginn mit der Kopie. Wenn du imitierst beobachtest du genau, wie dein Lehrer die Bewegungen macht, wo er ansetzt, wo sie hinführen. Langsam aber sicher werden deine Bewegungen nicht mehr aussehen wie Qigong oder Taijiquan, sondern sie werden zu Qigong oder Taijiquan. Das ist ein großer Unterschied. Es ist wichtig, diesen Schritt zu vollziehen. Denn du musst deine Form allein praktizieren können. Läufst du jahrelang hinter deinem Lehrer her, wirst du nie erwachsen.

Als letztes wirst du anfangen zu spielen, von innen heraus, von deinem Herzen. Deine freie Interpretation der Form. Sie wird persönlich. Ohne diese Befreiung bleibst du Gefangener der Form. Die Entwicklung kommt mit der Zeit. Du kannst es nicht forcieren. Du kannst nicht spielen, solange du noch nicht verstanden hast. Es gibt immer wieder Versuche aus Taijiquan oder Qigong etwas anderes zu machen. Bei allem was ich bisher gesehen habe, war es immer weniger, es war geringer, nie eine Bereicherung. Warum verzichten?