19.06.2012

Wolkenhände



Keiner machte Wolkenhände wie Gia Fu. Manchmal waren seine Wolkenhände wie zarte Federn, hingetupft auf einen klaren, blauen Himmel, grenzenlos und ohne Maß, wie ich mal eine hatte erscheinen lassen, direkt über Pikes Peak, nachdem ich eines dieser New Age Bullshit Bücher gelesen hatte, in denen von absoluter Freiheit und der reinen Kraft des Willens geschwärmt wurde. Also wollte ich es wissen, auf der Straße nach Beula, auf der ich jeden Tag meine zehn Meilen zurücklegte, fünf hin und fünf wieder zurück, auf der manchmal ein freundlicher Autofahrer anhielt und fragte, ob er mich mitnehmen könne, nein ich wolle laufen vielen Dank, was sie meistens nicht verstehen konnten, weil doch weit und breit nichts war, wo man hingehen könnte und selbst ein paar Meilen geht doch keiner freiwillig zu Fuß, nicht in Colorado. Aber es gehörte zu unserem täglichen Programm. 
Wolken erscheinen lassen gehörte nicht zum Programm, ganz entschieden nicht, aber ich wollte es wissen und so konzentrierte ich mich auf einen Punkt am Himmel, der absolut blau war und klar, ohne eine einzige Wolke, nicht einmal eine kleine, wie eine Feder, auf einen Punkt direkt über Pikes Peak, und langsam bildete sich ein leichter Nebel, ein Hauch von weiß, der dichter und deutlicher wurde und als es ungefähr so viel war wie auf John Lennons Albumcover Imagine, da hatte ich genug und wollte nur wissen, ob sie auch wieder verschwinden könne, was sie dann auch tat. 
Genauso bedächtig, fast verstohlen, als wäre sie nur irrtümlich da entstanden und wollte es wieder gut machen, heimlich, ehe es jemand bemerkt außer mir. Als sie tatsächlich wieder verschwunden war hatte ich dann auch die Schnauze voll. Wolken erscheinen und wieder verschwinden lassen gehörte nicht zum Programm und nun hatte ich es getan in meiner absoluten Freiheit mit reiner Willenskraft. Es war also möglich, aber in Stillpoint war alles möglich, mehr wollte ich nicht wissen und nicht riskieren. 

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