Gestärkt von einem lecker Frühstück bestehend aus einer Tasse Pulverkaffee und ein paar Keksen – nach der chinesischen Variante von geschmacksfreier Reispampe steht mir noch nicht ganz so der Sinn – klettere ich hoch zum Tempel. Coco hat mich mit einem Schülerausweis zum Umhängen ausstaffiert, den glücklicherweise niemand sehen will. Ich lasse das alberne Ding sofort verschwinden und schwöre mir, es erst bei meiner Abreise wieder in die Hand zu nehmen. Ich bin angenehm überrascht, dass ich tatsächlich meinen Kopf problemlos bewegen kann. Bei meiner abendlichen Zimmerinspektion (ja, es war wirklich sauber) habe ich ein Kopfkissen vorgefunden, stramm gefüllt mit Kieseln oder Ähnlichem. Ein erstaunliches Schlaferlebnis. Hatte fest mit Genickstarre gerechnet, aber nichts dergleichen. Wenn sich das bewährt, wird das heimische Daunenkissen rausgefeuert. Kieselsteinchen haben wir auch im Gonsbachtal.
Oben im Tempelhof sind schon die ersten Schüler am Warmlaufen. Guan sieht mich und läuft mir strahlend entgegen, umarmt mich sogar entgegen chinesischer Gepflogenheiten. Welche Ehre. Wie schön, wieder daheim zu sein. Nach dem Warmlaufen geht es an die Kicks, ich werde in die erste Reihe gestellt – als wäre ich nie fort gewesen. Ich merke schon, dass ich im Sommer nur sehr wenig trainieren konnte, Spagat geht nicht mehr ganz so geschmeidig, allerdings stehe ich doch noch ganz gut im Saft, wenn ich mir so den Zustand meiner Gruppe anschaue. Ich hatte mich kurz mit einer Chinesischen Kanadierin unterhalten, die in einer Schule in Kanada trainiert. Wohl noch nicht sehr lange, nach dem, was man sieht. Nett ist sie jedenfalls, so wie die meisten, mit denen ich nach kurzer Zeit ins Gespräch komme. Nach dem Training mache ich erstmal Großeinkauf bei Frau Qu, sie entschuldigt sich noch einmal, dass sie mir nicht beim Tragen geholfen hat, hätte aber ihre Tochter angerufen, dann aber gesehen, dass ich abgeholt werde, also alles gut. Die treue Seele. Dafür stehen bei ihr wieder ein paar Anschaffungen an; die Schuhe, die ich hier gelassen habe, sind völlig verschimmelt, ich fürchte, gegen den Daoyuan war das Policehotel ein Trockenraum. Aber egal, es regnet ja nicht. Noch nicht.
Ich plaudere mit Frau Qu, da sehe ich einen Blinden, geführt von einer jungen Frau. Den Mann kenne ich, er hat mich vor ein paar Jahren einmal massiert. Und das hat er sehr gut gemacht. Ich spreche ihn an und bitte ihn um seine Telefonnummer. Wenn wir uns mit ein paar Leuten zusammentun, lohnt es sich für ihn, den weiten Weg in die Berge zu machen und an dem Preis von 100 RMB für eine Stunde kann man dann bestimmt auch noch was machen...
Aus meinem wohlverdienten Mittagsschläfen werde ich von einem sehr vertrauten, wenn auch nicht gerade geliebten Geräusch geweckt: Regentropfen, die an mein Fenster klopfen...ach, es wäre ja auch zu schön gewesen. Training findet also im Daoyuan statt, wenigstens habe ich es da nicht weit. Wir stehen alle in den überdachten Gängen zum Hof und Guan läuft uns herum. Mich schickt er raus in den Regen, weil meine Schwertform mehr Platz braucht und er will alles genau sehen. Sehr genau. Ich sehe seinen gottergebenen Augenaufschlag sehr wohl. Was ich lernen will – etwas Neues? (ja, das „etwa“ höre ich sehr wohl) Schüchtern frage ich, ob der Meister mir vielleicht, wenn es ihm nichts ausmacht, nachdem ich alle Korrekturen umgesetzt habe, die zweite Xuangongform....na gut, aber erst eine Woche Korrekturen. War ja klar...
na typisch, kaum biste da schon lockst du den regen an. Zumindest kann es sich bis zu meiner Ankunft ausregnen.
AntwortenLöschenHeute strahlt die liebe Sonne schon wieder!
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