29.10.2015

Scheiße

Eine Geschichte bei Ajahn Brahm erinnerte mich an eine Begebenheit, damals, als ich anfing in Münster Taijiquan zu unterrichten. Zu der Zeit hatte ich schon des öfteren Belehrungen tibetisch buddhistischer Mönche besucht, die immer das gleiche erzählten über die Unendlichkeit des Geistes, seine ständige Wiederkehr in den verschiedenen Erscheinungsformen etc. Ich konnte das immer nachvollziehen, aber micht begreifen, es blieb für mich auch nur ein weiterer Auftritt des Geistes, eine hübsche Performance ohne Realitätsbezug. 



Nun, zu jener Zeit gingen wir bei schönem Wetter gerne zum Training in den "Alten Friedhof" eine Parkanlage, die nicht mehr viel mit einer Begräbnisstätte zu tun hatte.  Es war damals noch nicht üblich, dass Hundebesitzer die Hinterlassenschaften ihrer vierbeinigen Freunde in kleinen Plastikbeutelchen einsammelten. So ein Hundehaufen geht je nach Wetter in fünf bis zehn Tagen in die Natur auf. Ein Plastikbeutel braucht dafür vierhundert Jahre. So bemerkte ich auf der Wiese einige Tretminen und machte darauf aufmerksam. In diesem Moment durchfuhr es mich, alles wurde klar. Jeder Krümel Erde war schon zig Mal Scheiße gewesen, war Nahrung geworden für Pflanzen, die von kleineren oder größeren Lebewesen gefressen wurden, ausgeschieden und wieder eingetreten in den Kreislauf. Letztlich besteht der ganze Planet nur aus Scheiße, in der einen oder anderen Form seiner Inkarnation. Nichts da mit 'Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück'. Du bist Scheiße. 

3 Kommentare:

  1. Ein sehr interessanter Hinweis, um sich selbst nicht zu ernst zu nehmen!

    Und das ist auch der Punkt, an dem ich persönlich die Homöopathie nicht verstehe. Wenn etwas sehr verdünnt wirken kann, wie ist es dann eigentlich zu sehen, dass wir alle seeeeeehr verdünntes Mammut-Pipi trinken? Hat das schon mal jemand untersucht? ;)

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  2. Dazu passt das Buch, das ich heute in der Post hatte. Ein letzter Gruß des frisch verstorbenen Terry Pratchett: "The World of Poo."

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  3. Anonym3:44 PM

    Ich zitiere den Text aus dem Buch "Märchen für die Seele" von H. Dickerhoff/ H. Lox Seite 355
    " Lassen Sie mich diese Überlegungen zum Geheimnis der Seele noch einmal veranschaulichen mit dem Sinn-Bild ,einem Stück Kohle. Auf dem ersten Blick ist das nur ein Klumpen Dreck, Staub und Asche. Und überall auf der Welt haben Menschen sich mit Staub und Asche verglichen: "Gedenke, Mensch, dass Du Staub bist und zum Staube zurückkehrst", heißt es in meiner Kirche am Aschermittwoch. "Asche zu Asche, Staub zu Staub", heißt es in vielen Beerdigungen. Und überall in Europa erzählen Märchen vom "Aschenputtel", ursprünglichst der unterste Küchenjunge, der den Kamin auskratzen musste. Wir sind Staub und Asche, unsere Vergänglichkeit ist uns wohl bewusst. Aber unser Dasein in und als Staub und Asche ist weniger als die halbe Wahrheit. Denn wie kommt es, dass dieser schutziger Staubklumpen brennt? Sich verwandeln kann in Licht und Wärme? Nun, die Kohle brennt, weil sie im Kern nichts anderes ist als Sonnenenergie, verkleidet in schwarze Materie. Um platonisch zu sagen: Die Idee der Kohle ist die Sonne, und das Sonnenlicht, das einst die Bäume wachsen ließ, die Kohle wurde, erwacht erneut, wenn die Kohle brennt. Auf den ersten Blick könnte nichts verschiedener sein als das ferne Feuer der Sonne und der Kohlenstaub. Und doch ist dieser Staub nichts anderes als gespeichertes Sonnenlicht, das aufersteht aus seinem schwarzem Kleid, wenn ein zündender Funke überspringt. Im kohlenschwarzem Leib der Materie wohnt und wartet eine sonnenlichte Seele. Der Staub ist nicht schlecht oder böse, nicht der Feind des Lichtes, denn das Licht braucht den Kohlenstaub, um in die Welt zu kommen. Aber der - uns Menschen einleuchtende- Sinn des Kohlenstaubs ist, Licht zu werden, Feuer und Wärme.
    Gefährlich wird es im Märchen und im Leben aber da, wo wir verkrampfen und verkrallen in unsere Staubgestalt und vergessen, dass wir zum Licht bestimmt sind."

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