22.03.2018

Tiefe durch Wiederholen?

Zweifellos wird eine Bewegungsfolge durch regelmäßige Wiederholung nach und nach besser verstanden und ausgeführt. Mit der Unterstützung eines erfahrenen Lehrers/Trainers/Coach kann auch bei einfachsten Schritten, Drehungen und Armbewegungen die Körpermechanik und der Energiefluss optimiert werden. Ich selbst greife gerne auf die Seidenfaden-Übungen zurück, um mich einzustimmen auf komplexere Abläufe.

Genügt es dann nicht, eine Qigong oder Taijiquan Folge kontinuierlich zu praktizieren und zu vertiefen? So wie Sitzen im Zen nur Sitzen ist?


Ja und nein. Als Minimalist muss ich bekennen, ja. Zum Beispiel Stehen, Zhan Zhuang, Pfahl-Qigong oder wie du es nennen willst, das genügt. Du stehst, einfach, wirst von Mal zu Mal weicher, leichter, fester, stabiler. Dein Stehen wird ausdauernder, dein Geist ruhiger. Warum mehr machen?
Ist es nicht der unruhige Geist, der nach neuem Futter verlangt, der sich vor der Monotonie fürchtet? Möchtest du in einer Welt leben, die nur blau ist? Der Himmel, die Berge, die Bäume, die Menschen, alles nur blau. Möchtest du Musik, die nur aus einem einzigen Ton besteht? Keine andere Musik. Nur ein Ton.

Die Welt ist die Welt, das Leben das Leben, durch die Vielfalt. Alles was wir kennen hat sich durch Variationen entwickelt. Wir wären nicht das, was wir sind, gäbe es nicht die Diversität. Es geht nicht um das „entweder - oder“. Die Tiefe erreichen wir durch das „sowohl - als auch“.

17.03.2018

Zhonghe Fest


Das Zhonghe Fest oder auch Longtaitou Fest (Der Drache hebt sein Haupt) ist ein aus der agrarischen Kultur stammendes Fest. Es begrüßt die frühen Anzeichen des Frühlings.

Der Drache, der sein Haupt hebt, ist das Tier, das über alle anderen Tiere steht und, das wichtigste, es kontrolliert den Regen. Deshalb feiern die Bauern das Zhonghe Fest mit der Bitte um ausreichend Regen.

Wenn heute in den Städten nicht viel zu sehen ist von den Feiern des Zhonghe Fest, so gibt es doch einige Rituale aus früheren Zeiten, die noch befolgt werden.

Das Zhonghe Fest findet statt zu Beginn des zweiten Monats nach dem traditionellen Kalender. So wird das haus gesäubert, ohne das Glück des Neujahrfest hinaus zu fegen.

Auch gilt es als Unglück bringend, sich im ersten Monat des Jahres die Haare zu schneiden, deshalb steht zum Zhonghe Fest ein Haarschnitt an.

Zum Drachenfest werde Dumplings kurzerhand zu Drachenohren erklärt, Pfannkuchen zu Schuppen und Nudeln zum Drachenbart. So kann man eine schöne, glücksbringende Mahlzeit zu sich nehmen.

12.03.2018

Basics



Vor einiger Zeit hat mich Angela Cooper von der Qigong Akademie Cooper in Wien interviewed. Hier die Fragen und meine Antworten:

Was war dein Schlüsselerlebnis im Zusammenhang mit Qigong/Taiji?

Das Schlüsselerlebnis hatte noch lang nichts mit Taijiquan oder Qigong zu tun, aber es öffnete die Tür dazu. Es war auch real eine Tür, die sich öffnete, vor vielen Jahren, ca 1964, in einem Fernsehbericht über eine Ikebana Schule in Düsseldorf. Es öffnete sich eine ganz normale Wohnungstür in einem ganz normalen Wohnhaus. Aber dahinter war Japan. Nun kann man sich heute nicht vorstellen, wie wenig ein 15 jähriger 1964 über Japan wusste. Heute wachsen unsere Kinder ganz selbstverständlich mit Bildern aus der ganzen Welt auf. Für mich war es neu und faszinierend. Ich besorgte mir in der Bibliothek Bücher über Japan, was auch nur 3 Stück waren und kam so in Kontakt zu der asiatischen Weltsicht. Es dauerte noch einige Jahre, bis ich bessere Literatur fand und noch weitere Jahre, bis ich Taijiquan kennen lernte. Wir machten auch einige andere Übungen, Brokate und Seidenfaden, aber den Begriff Qigong gab es noch nicht.

Du hast im letzten Seminar über die Wirkung des Seidenfaden Qigongs auf das Wei- Qi erzählt. Könntest du hier nochmal darüber berichten?

Das tägliche Qi wird aus der Nahrung und der Atmung gewonnen, was auch schon in dem Schriftzeichn angedeutet ist. Das Qi aus Nahrung und Atmung wird zusammengeführt, ein Teil wandert direkt über das Herz in den Blutkreislauf, der Hauptteil wird noch mit einer Prise Yuan Qi (ererbtes Qi) angereichert, fließt in die Leitbahnen und zur Körperoberfläche, dort bildet es das Wei(Schutz) Qi. Das Wei Qi zirkuliert reichlich ungeordnet an der Körperoberfläche. Durch das Seidenfaden-Qigong wird Wei Qi besser organisiert, wir legen es in ordentliche, dichte spiralige Bahnen um den Körper herum. Deshalb ist Seidenfaden Qigong eine wesentliche Praxis zur Abwehr äußerer pathogener Faktoren.

Du hast das Daodejing übersetzt.  Was war dir dabei wichtig?

Ich wollte auch etwas von Laozis Wortspielen rüberbringen, seine Lyrik.

Was waren dabei die größten Herausforderungen?

Die Sprache, die chinesische Sprache. Sie ist so völlig anders als die unsere und Laozi ist auch noch antikes Chinesisch. Da Sprache das Denken prägt gehe ich davon aus, dass ich nie einen richtigen Zugang zum chinesischen Denken finden werde.

Was ist dein persönlicher Zugang zum Daodejing?

Das Daodejing war meine erste Primärliteratur asiatischer Weltanschauungen. Es kam zu mir in einer schaurigen Übersetzung, aber es berührte mich. Viel später lernte ich die Übersetzung durch Gia Fu Feng kennen, die sich an einem praktischen Verständnis orientiert. Bei einem meiner Aufenthalte in seiner Stillpoint University in Colorado wollte er eine neue Übersetzung herausbringen. Jeden Morgen diskutierten wir ein Kapitel des Laozi Text. So kam ich sehr nah an das Original heran. Diese neue Übersetzung konnte aus rechtlichen Gründen nie veröffentlicht werden, aber ich hatte das Manuskript immer bei mir.

So um das Jahr 2000 fand ich in einem Buch von Erich Stiefvater das sechste Kapitel des Daodejing in einer Interpretation, die weit weg war von allem, was ich bisher kannte. So ging ich daran, diesen Vers Zeichen für Zeichen zu analysieren und kam zu erstaunlichen Ergebnissen. Daraufhin erarbeitete ich mir den ersten Vers, dann den zweiten, den dritten und so weiter, bis zum 50. Kapitel. Dort geht es um eine Zahl, die meistens „drei von zehn“ übersetzt wird. Ich war aber davon überzeugt, es müsse „dreizehn“ heißen. Es stürzte mich in eine tiefgreifende Krise, obwohl mich ein bekannter Sinologe und Laozi-Interpret darin bestärkte, diese Übersetzung zu wählen. Ich unterzog mich einer ernsthaften Überprüfung meiner persönlichen Ambitionen bei diesem Projekt. Letztlich ging ich alles noch einmal von vorne durch. Ich möchte den wertvollen Text des alten Meisters nicht durch Eitelkeit oder Besserwisserei verwässern. Dann kam ich vor ein paar Jahren in einen regelrechten Flow, es schrieb sich fast von selbst und so ist meine aktuelle Fassung entstanden.

Bald wirst du in Wien Taiji unterrichten. Was ist für dich das Besondere an Taiji?

Es ist das Beste.
Bitte, es heißt Taijiquan. Taiji bedeutet die Harmonie von Yin und Yang. Jeder Chinese wird sagen, Taiji kann man nicht übersetzen. Was wir lernen, was wir praktizieren, ist Taiji Quan. Quan heißt Faust und meint wir haben keine Waffe, denn es gibt auch Waffenformen, zum Beispiel Taiji Jian (Schwert), Taiji Dao (Säbel) Taiji Gun (Stock) etc.

Was ist das Besondere dieser Form?

Du meinst die Form, die ich unterrichten werde? Es ist eine kurze Form mit 18 Bildern, eine gekürzte Version der Form mit 28 Bildern. Es ist Wudang Taijiquan aus der Sanfeng Tradition. Bis vor wenigen Jahren waren im Westen vorwiegend die Familienstile des Taijiquan bekannt: Chen Stil, Yang Stil, Wu Stil, Sun Stil, Hao Stil. Der Überlieferung nach wurde Taijiquan in den Wudang Bergen von dem Mönch Zhang Sanfeng entwickelt. Einer seiner Schüler beeinflusste die Kampfkunst der Familie Chen, weshalb alle Familienstile von dort kommen. Aber auch in Wudang wurde Taijiquan weiterhin praktiziert. Allerdings bis Ende des letzten Jahrhunderts nicht öffentlich, sondern nur innerhalb der Tempel. Dann erhielten einige wenige Mönche die Erlaubnis, öffentliche Schulen zu errichten. Seit ungefähr 10 Jahren verbreiten sich nun die Taijiquan Formen der Wudang Tradition auch im Westen.


Inwiefern haben Taiji und Qigong dein Leben verändert?

Sie sind zu meinem Leben geworden

Wie hat sich im Laufe der Zeit die Taijiquan-/Qi Gong-Welt verändert?

Als ich vor vierzig Jahren anfing Taijiquan zu lernen, war es sehr schwierig, einen guten Lehrer zu finden. Heute gibt es in fast jedem Dorf jemanden der Taijiquan oder Qigong anbietet, aber es immer noch genauso schwer, einen guten Lehrer zu finden.

Was sollte ein Qigong-Schüler, eine Schülerin mitbringen?

Geduld.

Wie viel Zeit muss man deiner Meinung nach investieren, um einen gesundheitlichen Nutzen aus Qigong oder Taiji zu erreichen?

Einen gesundheitlichen Nutzen kannst du recht schnell erreichen. Aber den bekommst du auch durch Arbeit im Garten oder Singen im Chor.

Hat sich deine Sicht auf die Welt durch das intensive Üben von Taijiquan/Qigong verändert und wenn ja wie?

Ja, enorm.

Was würdest du jemanden raten, der nach China reisen möchte, um Qigong oder Taiji zu erlernen?

Man muss nicht mehr nach China reisen, um Taijiquan oder Qigong zu lernen. Zumindest kann man sich das Geld sparen, wenn es eine kurze Reise ist. In kurzer Zeit kannst du nicht viel lernen, also ist es besser, erst einmal einige Zeit hier bei einem guten Lehrer seine Grundlagen zu erarbeiten. Wenn du nach China reisen willst, um dort zu lernen, dann solltest du schon etwas können und dann dort die Gelegenheit nutzen, zu einem wirklich guten Meister zu gehen. Du kannst aber erst entscheiden, wer wirklich gut ist, wenn du schon einige Kenntnis hast. Du solltest etwas Chinesisch lernen und dich darauf einstellen, völlig frustriert wieder heim zu kommen.

Welche Qigong/Taiji- oder TCM-Bücher sollten deiner Meinung nach Qigong/Taiji- oder TCM-Praktizierende unbedingt gelesen haben?

Natürlich alles was ich bisher veröffentlicht habe. (lacht) Man braucht keine Bücher, man braucht gute Lehrer. Taijiquan und Qigong sind eine Art Sprache. Sie erzählen dir etwas, aber dieses Etwas lässt sich nicht in Worte fassen, sonst bräuchten wir die Praxis nicht. Du erhältst diese Information durch ständiges Rezitieren. Du machst es, immer und immer wieder. Langsam dringt die Information in dich ein. Könnte man es über Bücher vermitteln, bräuchte man die Übungen nicht.

Was macht Taiji und Qigong für dich wertvoll?
siehe vorherige Antwort.

Was sollte jeder, der Qigong oder Taiji lernen möchte, beachten?

Du weißt nicht, was du nicht weißt.

Was waren aus deiner Sicht die wichtigsten Schritte, Fähigkeiten und Voraussetzungen um dein jetziges Niveau zu erreichen.

Gute Lehrer und üben, üben, üben.

Was war für dich der Auslöser, Qigong/Taiji zu erlernen?

Meine damalige Lebensgefährtin wollte es lernen und nicht allein zu dem Seminar gehen. Also ging ich mit. Und nein, sie hat es nicht weiter gemacht.

Was waren die bisher für dich wichtigsten Erfolge in deinem Beruf?
Meine vielen Schüler.

Wie viel Disziplin braucht es, um Meisterschaft in Qigong bzw. Taiji zu erlangen?
Jede Menge.

Wenn du 3 Wünsche frei hättest in Bezug auf deinen Beruf, welche wären das?

Ich wünsche mir Schüler die bereit sind, ganz von vorne anzufangen und viel Geduld mitbringen.

Inwieweit hat sich deine Ansicht auf die Menschen und die Außenwelt durch Qigong verändert?

Alles in Ordnung.

A) Was wäre die interessanteste Frage, die man dir stellen könnte? B) Was wäre deine Antwort?

A) Wer war dein bester Lehrer?
B) Meine Schüler. Durch jeden Schritt, durch jede Geste, die sie machen, lerne ich genau hin zu schauen und heraus zu finden, warum es nicht so aussieht, wie ich es für optimal halte. Dann können wir das erarbeiten, langsam, vorsichtig ins Detail gehen. Erspüren, wie sich eine Bewegung entwickelt, wie eine Haltung leicht wird. Was da alles passiert im Körper oder passieren muss, dmit die Energie frei fließen kann. Das ist immer wieder neu faszinierend für mich. Dafür bin ich unendlich dankbar.

Was würdest du eine von dir sehr geschätzte Qigong/Taiji-Lehrperson fragen wollen?

Warum machst du das?

Deine Lieblingsübung?
Basics

Dein Tipp für Lernende?
Basics

Deine Übungsempfehlungen:
Basics