17.10.2010

Sonntag

Ob nun ein inhaftierter Bürgerrechtler oder ein seelenloser Ziegelstein den Friedensnobelpreis erhält, ob nun 23 ehemals hohe Parteimitglieder weniger Zensur fordern, das geht den Leuten hier so ziemlich am Allerwertesten vorbei. Man muss das auch mal so sehen und vor allem erleben. Natürlich wird das Auswirkungen haben auf das Leben dieser Menschen hier, aber sie kümmert es nicht. Sie nehmen das Leben so, wie es kommt. Vor 20 Jahren oder vielleicht auch 25 wäre es undenkbar gewesen, dass eine Gruppe Amerikaner hier im Gebirge, im Daoyuan des Zixiaogong, übernachtet, dass diese Leute hier her kommen, um eine Wushu World Competition zu erleben.

Wushu World Competition
Ich war ja dazu angemeldet. Nicht als Teilnehmer im Sinne von"führt vor" sondern um bei der Eröffnung dabei zu sein. Das hab ich aber weggenickt und an S. abgetreten. Alle die dort waren, erzählen erst mal nur vom 5***** Hotel mit all for free, sogar die Drinks und tolles Buffet etc. Aber was war denn nun bei der Kompetischen? Ich hätte einlaufen sollen als Manschaft aus Saudi Arabien. Sach mal, in was für nem Film bin ich denn hier?
Es geht nur darum, dass alle Nationen vertreten sind. Wirklich antreten tun dann hauptsächlich Chinesen. Wenn ich tatsächlich auch vorgeführt hätte, dann wäre mir wohl auch eine Medaille sicher gewesen. Egal, was ich gemacht hätte. Ich wär in dieser Disziplin dann einfach der einzige in der Altersklasse gewesen. Hätte es einen chinesischen Konkurrenten gegeben, wäre der aus Höflichkeit nicht angetreten. Ich kann mir jetzt auch ne Medaille selber schnitzen, das ist doch alles gehoppst wie gesprungen.


Wirklich wichtig
In der Mittagspause bin ich ganz entspannt in meinem schönen neuen Sonntagskittel spazieren gegangen, hab die Ruhe in einem Teegarten genossen. Aus sicherer Entfernung war der Singsang unserer Nonnen mit dem Gezimbel und Gepfeife zu hören. Nach einer Weile zog es mich dann doch Richtung Tempel. Des Menschen Neugier. In aller Ruhe durch den Tempel geschlendert, an drei ruhigen Plätzen meine Form gelaufen, gerade rechtzeitig zum Training wieder im Daoyuan.
Und dann fällt es mir ein, beim Üben, es ist Sonntag, es gab Dao-Lesson und ich habs vergessen. Ich frage mal zu in die Runde, wer denn da war. Niemand anscheinend. Trotzdem entschuldige ich mich bei Guan Shifu, immerhin hab ich das vor anderthalb Jahren selbst angeregt. Guan geht nicht drauf ein, zeigt mir die nächste Bewegung.
Nache einer Weile steht er da und schribbelt seinen Unterbauch im Kreis, hin und her. Jetzt bekomme ich meine ganz persönliche Dao-Lesson. Das bleibt auch meine persönliche Lesson. Nur soviel will ich verraten; mein neu erworbenes Bild, das Xiuzhentu (später mehr darüber) könne ich vergessen. Meine Übersetzung davon auch. Braucht man nicht. Alles falsch, man braucht nur eines, eines richtg. Wie man bei einer großen Tür das Schlüsselloch finden muss und den richtigen Schlüssel.
Wenn man den verloren hat, sucht man am besten unter der Laterne, da ist mehr Licht.

3 Kommentare:

  1. die posts klingen dieses jahr in meinen augen/ohren ganz subtil ...hmmm.. angepisst ? ent-täuscht? genervt vom wertewandel ?

    was is da los aufm berg ? hält die welt einzug im letzten paradies ? ;)

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  2. Anonym2:39 AM

    Lieber Jens, wenn angepisst, vielleicht weil es hier gerade nur so gewimmelt hat von Dreckspilgern, die sich nicht zu benehmen wissen und den Hanseln, für die Taiji und Wushu eine prima Angelegenheit sind, um das Ego zu füttern. Die Zeit geht vorüber und dann dringt auch der Frieden wieder durch, der diesen Platz ausmacht.(Hausmacht!)

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  3. jo, so in ähnlich hats geklungen...ich habe den satz schon gelesen:"...und nachdem ich 3 schwatzende chinesinnen und 5 dreckspilger erwürgt habe, warsdann auch wieder schön..."

    hoffen wa, dass die hausmacht mehr zieht als das, was die welt drausmacht
    *legt 5 euro in die schlechte wortspiel-kasse*

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