25.02.2010

Xinxinming 17

無咎無法  不生不心  能隨境滅 


Kein Fehler, keine Lehre
Kein Leben, kein Wesen
dem zufolge Grenzenlosigkeit


Das ist natürlich sehr interessant und nicht leicht zu verstehen. Zurückblickend hat uns Meister Sengcan zunächst einmal gesagt, es sei ganz einfach, man müsse nur das dualistische Denken aufgeben. Dann hat er sich darüber ausgelassen wie schwierig das nun sei und in welche Fallen man treten kann bei dem Versuch, Ja, selbst sich an dem Einen zu halten, aus dem die Zwei hervorgehen, auch das hat er letztlich verworfen. Aber von ganzem Herzen sollen wir leben und erkennen, dass alles im Universum seine Ordnung hat.
Und nun sagt er uns, wenn alles seine Ordnung hat, wenn es keinen Makel gibt, dann gibt es auch keine Lehre. Gemeint ist damit die Lehre des Buddha, Dharma. Dazu kann ich etwas beitragen aus jener Zeit, als ich selbst Unterweisungen genommen habe in Dharma.
Mein Lehrer wies ebenfalls mehrfach darauf hin, dass alles, alle Erscheinungen und Ereignisse, leer seien. Alles bedingt sich gegenseitig und nichts ist etwas an sich. Wir messen den Dingen, den Menschen, den Objekten Bedeutung bei. An sich aber sind sie bedeutungslos.
Ich stellte ihm die Frage, ob dann nicht auch die Lehre des Erleuchteten ohne jede Bedeutung sei und warum wir uns überhaupt damit abgeben sollten. Seine Antwort war in etwa dies: Ja, auch die Lehre des Buddha ist leer und ohne jede Bedeutung. Wir messen ihr Bedeutung bei, wir geben ihr einen Wert. Wenn wir ihr folgen bis zur letzten Konsequenz, wenn wir wirklich und wahrhaftig in unserem Herzen erkennen, dass alles Leere ist und wir die Erleuchtung erlangen, dann verliert auch Dharma jeden Wert.

Gäbe es nicht die Ansicht, die Welt sei unvollkommen, dann gäbe es auch nicht die Lehre des Buddha. Gäbe es kein Leben, dann gäbe es auch keinen Geist. Das ist sehr konsequent gedacht, keine Frage. Lässt uns mit vielen offenen Fragen zurück. Aber all diese Fragen, die auftauchen mögen, sollten uns nicht ablenken von der Meditation. Sie sind nur der Schaum auf den Wellen, die auf den Strand zutreiben.
Aber was bleibt, wenn da kein Geist ist, kein Leben? Dann gibt es auch keine Grenzen mehr. Wenn der Geist es ist, der die Grenzen schafft, dann sind da auch keine Grenzen.

无1咎2无 法3  不4生5不 心6  能7随8境9灭10 

1 无  wú:  Nichts; es hat nicht; fehlen, un-; keiner,keine; nein,nicht, ohne
2 咎  jiù:  beschuldigen, tadeln; Jiu
3 法  fǎ:  Methode
4 不  bù:  nein; nicht
5 生  shēng:  gebären; geboren werden; leben
6 心  xīn:  Radikal Nr. 61 = Herz
7 能  néng:  dürfen, fähig sein, können
8 随  suí:  befolgen, folgen; nach Belieben; sich fügen; ähnlich; beiläufig, nebenbei; Sui
9 境  jìng:  Befinden, Bedingung, Kondition; Rand, Grenze, Begrenzung; Lage, Sachlage
10 灭  miè:  abschalten, ausmachen, beenden; ertrinken; löschen, ausmachen (Licht, Feuer, Kerze); vernichten; erloschen (Licht, Feuer, Kerze)

15.02.2010

Xinxinming 16

一亦莫守  一心不生  萬法無咎

Auch das Eine kann niemand beschützen
der nicht von ganzem Herzen lebt
dem die zahllosen Erscheinungen nicht ohne Fehler sind.



Da kannst du dich hundertmal darauf rausreden, alles sei eins, alles im ganzen Universum stehe miteinander in Verbindung, da kannst du hundert Mal das große Ganze beschwören. Das nützt dir alles nichts, wenn du nicht von ganzem Herzen lebst, wenn es nicht tief in dich eingedrungen ist. Lippenbekenntnisse bringen dir nicht den ersehnten Frieden. Die innere Ruhe des großen Einen findest du tief in deinem Herzen, im wahren Grund deines Selbst. Da brauchst du nicht nach außen zu schauen, brauchst du keine Bestätigung zu finden in deinen Forschungslabors, den großen Geräten, mit denen du das Universum beobachtest oder in den Mikrokosmos eintauchst. Wozu eigentlich? Welche Frage steht hinter diesem ganzen Aufwand, die du nicht in deinem Herzen beantworten könntest. Der Kosmos ist vollständig und alles in ihm ist an seinem Platz, alles ist in Ordnung und nichts ist falsch. Nur in deinem Denken kannst du die Einheit trennen und die Konzepte von Richtig und Falsch errichten. Doch auch das ist Teil des Kosmos.


一1亦2莫3守4  一心5不6生7  万8法9无10咎11 



1一  yī:  eins (1); Radikal Nr. 1 = eins (1); sobald
2亦  yì:  außerdem, auch, ebenso; und vice versa, das Gegenteil
3莫  mò:  keiner; niemand; nichts; nicht; Mo
4守  shǒu:  bewachen, schützen; verteidigen; Shou
5一心  yīxīn:  von ganzem Herzen ; sehnlich, partout; einmütig
6不  bù:  nein; nicht
7生  shēng:  gebären; geboren werden; leben
8万  wàn:  sehr viel, zahllos, unzählig; zehntausend (10000); Wan
9法  fǎ:  Methode
10无  wú:  Nichts; es hat nicht; fehlen, un-; keiner,keine; nein,nicht, ohne
11咎  jiù:  beschuldigen, tadeln; Jiu

12.02.2010

Xinxinming 15

才有是非  纷然失心  二由一有

lässt du dich ein auf richtig und falsch
gerät dein Herz in Verwirrung
die Zwei haben ihren Grund im Einen


Bewerten und urteilen, das eine bevorzugen, das andere ablehnen, sich darin zurecht finden, das ist nicht einfach. Für jedes "Für" gibt es ein "Wider". Hast du dich innerlich durchgerungen zu einem Urteil, beziehst Position, findest du außen sicher einen Gegenpart. Wie soll da das Herz, der Geist zur Ruhe finden. Ein ständiges Hin und Her beherrscht die Welt, nimmt uns gefangen. Wer kann schon sagen, was richtig ist, wer kann sagen, was falsch ist.
Darum macht uns der Meister darauf aufmerksam, dass die Zwei, der Dualismus, in der Einheit begründet ist. Es ist das große Eine, welches die Zwei hervorbringt, welches die Zwei enthält.
Wir haben das jetzt schon mehrfach gehört, aber man muss es sich wahrhaftig deutlich vor Augen führen, muss es ganz in sein Inneres aufnehmen, um in ruhiger Meditation sitzen zu können.



才1 有2是非3  纷4然5失心6  二7由8一9有10


才1 cai: Befähigung, Talent, gewiss, wahrhaftig
有2  yǒu:  existieren; haben; es gibt (u.E.)
是非3  shìfēi:  Gerede, Geschwätz, Gerüchte; recht oder unrecht; richtig oder falsch; wahr oder falsch (u.E.)
纷4 fen: verwirrt, durcheinander, unordentlich
然5  rán:  richtig, korrekt, so wie, jedoch
失心 6 shīxīn:  geistig krank, (das Herz verlieren)
二7  èr:  zwei (2); Radikal Nr. 7 = zwei (2)
由8  yóu:  durch, es ist für… zu, es zu lassen, folgen Sie, Grund, passendes zu, Ursache, von, wegen, zu (u.E.)
一 9 yī: eins
有10  yǒu:  haben

04.02.2010

MainZen

„Wer in der Betrachtung nachlässig ist, beraubt sich allein der Schau des Lichtes (...)*; wer sich dann in unüberlegter Weise von den Sorgen ergreifen lässt und es seinen Gedanken gestattet, vom Lärm der Dinge der Welt überwältigt zu werden, verurteilt sich zur absoluten Unmöglichkeit, in die Geheimnisse des Unsichtbaren (...)* einzudringen."

Rabanus Maurus
(Mainzer Bischof, * um 780 in Mainz; † 4. Februar 856 )

* in den Klammern hab ich einfach mal das Wort "Gottes" ausgelassen, schon wird's ein Zen-Text.

Aus einer Ansprache Benedikts XVI am 3. Juni 2009
Dank an Johannes Merkel

02.02.2010

Stell Dein Licht nicht unter den Scheffel.

Unsere größte Angst ist nicht, dass wir unfähig sind.
Unsere größte Angst ist die, dass wir unvorstellbare Kraft in uns haben.
Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, das uns am meisten ängstigt.
Wir fragen uns, wer bin ich, dass ich brillant, talentiert, großartig und wunderbar sein könnte?

Aber wieso maßen wir uns an zu glauben, wir wären es nicht?

Wenn du dich klein machst, dienst du nicht der Welt.
Es ist nichts Erleuchtendes daran, sich klein zu machen, damit andere sich nicht unsicher in deiner Nähe fühlen.
Wir wurden geboren, um Gottes Glanz, der in uns ist, zu verkörpern.

Er ist nicht nur in einigen von uns, er ist in allen.

Wenn wir unser eigenes Licht scheinen lassen, dann geben wir anderen Menschen unbewusst die Erlaubnis, das gleiche zu tun.

Wenn wir uns von unserer ganzen Angst befreien, dann wird unsere Gegenwart automatisch andere befreien.

Marianne Williamson

(nicht Nelson Mandela!)