09.12.2010

xinxinming 24

不好勞神  何用疎親  欲趣一乘 

unnütz den Geist zu bemühen
sein Nutz ist gering, aber geliebt
besser fährt man fort damit das Eine zu gebrauchen



Der Geist ist ein gutes Werkzeug dem Menschen. Wir brauchen ihn um zu lernen, zu verstehen, uns etwas zu merken, zu erinnern. Wir können Pläne schmieden und Phantasien nachhängen. Alles das kann der Geist. Aber kann er uns der Wahrheit näher bringen? Vermittelt der Geist uns Einsicht in die Zusammenhänge des Daseins?
Ich glaube nicht. Seit Generationen erforschen wir die Welt. Wir wissen sehr viel inzwischen und wir wissen inzwischen auch, dass uns das alles nicht weiter gebracht hat. Haben wir Ruhe und Frieden gefunden? In uns selbst, in unseren Familien, unserem Gemeinwesen, in der Welt?
Auf der anderen Seite erzählen uns Heilig und Mystiker seit Generationen so wie der Meister Sengcan mit seiner Schrift über das Vertrauen in den Geist, wir sollen zur inneren Ruhe finden, den Geist, den suchenden, besänftigen, das Urteilen und Bewerten sein lassen.
Hier stellt er den Geist, den menschlichen ruhelosen, dem Einen gegenüber. Wir dürfen dennoch nicht unterscheiden zwischen dem menschlichen Geist und dem himmlischen Geist. Auch der suchende rastlose menschliche Geist ist ein Aspekt des himmlischen Geistes. Auch die Wünsche und Pläne sind Teil des Einen. Treten wir einen Schritt zurück und wandeln wir uns vom Akteur zum Zuschauer, ohne das Agieren zu unterbrechen.

不好1劳2神3  何4用5疎6亲7  欲8趣9一10乘11 

1 不好  bùhǎo:  nicht gut; schlecht; böse; schlechter; ungünstig; unvorteilhaft; kontraproduktiv
2 劳 láo Arbeit Mühe arbeiten, sich abmühen
3 神  shén:  Geist, Gottheit, übernatürlich, göttlich, Gesichtsausdruck
4 何  hé das, der; das, was; warum, weshalb; übertrags; übertragen;
5 用 yòng: Nutzen, Nützlichkeit, Brauchbarkeit; verwenden, anwenden, gebrauchen, benutzen
6 疎  shū:  kark, spröde, spärlich, gleichgültig,
7 亲  qīn:  lieb, teuer; nah, verwandt
8 欲  yù:  mögen, wollen, wünschen; Begierde, Lust, Wunsch, Verlangen; werden, im Begriff sein etw. zu tun
9 趣  qù:  interessieren; interessant, Anteil
10 一  yī:  eins (1); Radikal Nr. 1 = eins (1); sobald
11 乘  chéng:  ausnutzen, benutzen, sich jemandes bedienen, von etwas Gebrauch machen; fahren ( mit etw. fahren ); multiplizieren, malnehmen

19.11.2010

xinxinming 23

逍遥绝恼  系念乖真  沈惛不好


ein sorgloses Leben ungestört
gedanken gebunden, wahrheit verborgen
alles ist dunkel und unklar


Xiaoyao, das bedeutet unbeschwert seinen Weg gehen, sorgenfrei mit festem Vertrauen in Dao. Die Dinge sind wie sie sind, die Menschen ebenso. Ob du dir darüber Gedanken machst oder nicht. Die Welt ist voller Erscheinungen, von denen du nichts weißt, von den du nichts hörst, die du nie zu Gesicht bekommst.
Über all das wirst du dir auch nie Gedanken machen, wirst nie urteilen oder entscheiden ob sie richtig oder falsch sind, schön oder hässlich. Sie bekümmern dich nicht.
Bindest du aber deine Gedanken an etwas auf deinem Weg, schlingt sich dein Geist wie eine Liane um das Objekt, um es zu analysieren, zu bewerten. Wenn du beginnst abzuwägen und zu beurteilen, dann sind die Erscheinungen und Ereignisse nicht mehr was sie sind, sondern was du aus ihnen machst.
Meine Worte sind meine Worte. Du entscheidest, ob sie wahr sind oder dumm, klar oder trüb. So lange du darüber spekulierst bleibt die Wahrheit verborgen. So lange dein Geist anhaftet, so lange du versuchst Licht in die Angelegenheit zu bringen, so lange du Klarheit gewinnen willst, so lange ist alles trüb.



逍遥1绝2恼3  系念4乖5真6  沈7惛8不好9

1 逍遥  xiāoyáo:  frei sein; verlassen, locker, ungebunden, (u.E.)
2 绝  jué:  vierzeiliges Gedicht; abbrechen, abschneiden, unterbrechen; aufgebracht, verbraucht; auswegslos, hoffnunglos; einzigartig, einmalig, ohnegleichen, unvergleichlich; absolut, unbedingt, bestimmt; äußerst, extrem (u.E.)
3 恼  nǎo:  verärgert, irritiert, hasserfüllt, Ärger, Hass (u.E.)
4 系 念  xiniàn:  sich sorgen, sich ärgern,
5 乖  guāi:  brav; fügsam, folgsam; klug, geschickt (u.E.)
6 真  zhen:  wirklich (u.E.)
7 沈  chén:  leise, ruhig, still (u.E.)
8 惛  hūn:  bestürzt, irritiert (u.E.)
9 不好  bùhǎo:  nicht gut; schlecht; böse; schlechter; ungünstig; unvorteilhaft; kontraproduktiv (u.E.)

03.11.2010

Up,up and away

Der letzte Tag vor der Heimreise. Training im Tempel. Dort probt das Palastorchester fröhliche Volksweisen und Lobpreisungen an Zhen Wu. Das geht so hin und her und ist manchmal nicht auseinander zu halten, weil es sich auch gegenseitig beeinflusst hat. Dann läuft die Nachwuchsmannschaft auf, was die touristischen Fotografen noch mehr von uns ablenkt. Über dem ganzen Schauspiel ein strahlend blauer Himmel, nicht eine Wolke.
Zhen Wu gibt sein Bestes.
Liebe Leser,
wenn die Briefe dieser Reise bisher etwas unglücklich geklungen haben, mag sein, dann sei Euch hiermit versichert: Die Wudang Daoist Gongfu Academie lebt, pulsiert, macht wieder Freude und ist eine Reise wert.
Nach neuesten Meldungen steht auch Obermeister Zhong wieder am Spielfeldrand und blickt streng.
Mich hatte er am letzten Tag dann auch noch ausgekuckt, wegen Korrekturen der gelernten Taiji-Form. Gerade da, wo ich war hatte er doch einiges auszusetzen. Nachdem dies mit einigem Ruckeln und Zuckeln an meinen Armen etc. geklärt war, schaute er sich den Rest ohne weiteren Kommentar an, nickte abschließend nur und gab mir zwischen den Nickern zu verstehen, dass er wohl keine Lust darauf hatte, weiterhin jeden Schritt, jede Drehung, jede Armbewegung mir neu zu erklären. Ich hätt's mir ja sowieso nicht merken können.
Die Rückreise dann verlief ohne weitere nennenswerten Ereignisse. Wir verbrachten noch einen schönen Tag in Beijing, besuchten den Dong Yue Miao, einen seit drei Jahren wieder eröffneten daoistischen Tempel. Irgendwo auf dem Weg zwischen dem Flughafen Beijing und Frankfurt hab ich noch meine neue Kamera verloren. Zum Glück waren fast alle Bilder schon auf dem Notebook, die besten bei Picasa gesichert.
Nächste Reise im April 2011. Gehabt Euch wohl.

29.10.2010

Frühling

Da ist wieder was los im Hof, vor meiner Tür. Aber anders, nicht wie bei den Pilgern, mit Geschrei und Gekeife. Etwas sehr lebendiges, frisches. Ich stecke meine Nase raus. Die Kids sind da. Die Kleinen, oder sagen wir mal das mittlere Alter, so um die 12 bis 15 Jahre. An die zwanzig junge Menschen im Hof. Mit Waffen und Reiseköfferchen. Da keiner in der Nähe ist den ich fragen könnte (bei den Kids brauch ich mein Chinesisch nicht erst ausprobieren) kann ich nuir vermuten. Sammeln, Training und dann Abreise auf Tournee. Oder zumindest einer kleinen Performance oder schon wieder irgendwo eine der vielen Nationalen Meisterschaften.
Das war gestern.
Und heute laufen noch mehr von den kleinen wuseligen Kerlchen ein. Auch die Kleinen. Und auch Yarou, die ich fragen kann. Weil die Bürschlein auch Bettdecken und sehr perönlich aussehende Dongxi mit sich schleppen, vermute ich doch einen längeren Aufenthalt. Wie lange sie denn bleiben, frage ich Yarou. So ca. 50. Tage? Nein Leute. Noch mal: wie lange bleibt ihr hier, wieviele Tage? Ah, mehr und mehr und mehr. Also sie bleiben. Jawohl, so ist es. Nur noch zwanzig sind unten in der Stadt, die Älteren. Der Rest ist hier und es ist wieder meine Akademie und es lebt alles von der Energie des gemeinsamen Spaßes an der Freude, am Gongfu.
Ja, es ist wie Frühling, wenn die Kraft wieder aufsteigt, wenn die Vögelchen singen. Ausgerechnet jetzt muss ich abreisen. Aber ich werde mit Freuden zurück kommen.

28.10.2010

Der Neue

Wir haben einen neuen Prospekt. Für die Akademie. Werbung. Auf Chinesisch und auf Englisch. Da steht drin, wir hätten einen erstklassigen Koch. Mit besonderen Spezialitäten, Geschmacksrichtung Szechuan. Das wär doch prima, sollte man glauben. Aber als ich den Prospekt durchgelesen habe, da waren wir schon zwei Wochen hier und hatten von dem Essen in der Kantine die Schnauze voll, wie man so schön sagt, was hier wörtlich zu nehmen ist. Meist sind wir ausgegangen in eine der kleinen Klitschen hier, wo unbekannte, von Sternen verschonte Kochkünstler ihr Wesen treiben und unseren Gaumen neue Kitzel zufügen können. Ganz einfach so mit einem Wok und einer handvoll Gewürzen. Also dieser Mann da in der Küche der Akademie, der sollte bitte sein Sterne wieder abgeben.
Jetzt hieß es auf einmal: Wir haben einen neuen Koch. Der hat schon drei Monate lang auf der Expo für unsere Jungs und Mädel gekocht und die wären ganz begeistert von ihm. Hat mir Guan Shifu erzählt, als ich bei ihm zum Essen geladen war. Aha, hab ich mir gedacht, dann werd ich den mal heute Abend probieren.
Zum Abend wollte aber das Springbällchen seinen Ausstand geben. Weil es in der Akademie keinen runden Tisch gibt wie in Chinarestaurants üblich sondern Kantinenmöblierung, hat sie sich dann für das Restaurant neben der Polizeistation entschieden, da könnte es dann auch mal lauter werden.
Deshalb hab ich am Abend den neuen Koch auch noch nicht kennen gelernt. Heute sind wir zum Nanyan. Auch kein Mittagessen im Hause. Aber jetzt. jetzt gehe ich hin. Zu unserem neuen Koch, von dem inzwischen alle schwärmen.

Nachtrag: Essen ist gut. Der Koch hat was drauf und wir werden unseren Ausstand morgen Abend hier geben.
Wer mal richtig lecker Chinesisch essen will, soll herkommen. Wir kennen uns da inzwischen aus. Und wie das Springbällchen richtig sagte, was gut ist an dem neuen Hotel, da wo früher die Akademie war, eine Adresse mehr zum Essen gehen.

26.10.2010

Alle reden vom Wetter

wir haben's. Was uns in den vier Wochen schon alles präsentiert wurde, kann man als einen Querschnitt durch die Möglichkeiten der Wetterkarte sehen. Wüstenstürme ausgeschlossen. Als wir auf der letzten Reise im Frühjahr, Mitte April ankamen, lag noch mal Schnee. Der letzte für diesen Winter.
Heute, als ich zum Nachmittagstraining in den Hof kam, roch es nach Schnee. Auch Koko nickte und meinte:'Snow!'
Nach der ersten Runde Taijiwalk verkündete plötzlich unser Springbällchen freudig:'It's snowing! Yeah.' was Roxy noch nicht wahrnehmen konnte oder wollte und deshalb meinte, das Springbällchen würde spinnen.
Aber es ließ sich nicht leugnen, es wurde deutlich mehr. Kein Schnee, Geschneisel. Kaum auf dem Boden, schon verronnen. Aber immerhin. Der erste für den kommenden Winter.
Letztlich riss es Guan Shifu zu der Abschlussbemerkung hin, wir sollten die Treppen vorsichtig hochgehen. Er sorgt sich immer so rührend um uns.
Also Klimawandel? Hier täglich.

25.10.2010

little, little movement

Heute regnets. Ob man da richtig trainieren kann, zweifelt St. beim Frühstück. Li Shifu zeigt uns, dass man kann. Alle rundum aufgestellt im Daoyuan, auf dem überdachten Rundgang und dann was haste was kannste: Dehnen, Kicks, Dehnen, Kicks, Sprünge, Kicks, Dehnen, Spünge, Kicks, Dehnen, Sprünge, Dehnen, Kicks.
Nicko, der schon über ein halbes Jahr hier ist, meint beim Mittagessen, das sei die härteste Session gewesen, die er bisher erlebt hat. Womit ich mir mein zwischenzeitliches Schwächeln verziehen hab.
Guan Shifu schaut, nachdem für alle schon 'class over' ist, noch mal über meine Schwertform und ist bis auf zwei Details zufrieden. Als ich an diesen beim Nachmittagstraining feilen will, finde ich keinen Platz. Ich gehe in den Meditationsraum, wo die Amerikaner die 28er Form quälen und tue das meinige mit der 13er.
Guan schaut vorbei, korrigiert bei den Amerikanern und dann soll ich mal zeigen. Klar, deshalb mach ich doch den weiten Weg.Er entdeckt eine little, little movement in my shoulder, normal don't see. Er zeigt, er verbessert, es bleibt. Dann entdeckt er eine little, little movement in my waist. Er vergewissert sich, es heißt 'waist' das Handgelenk 'wrist', was bei ihm ungefähr gleich klingt. Ja, er bestätigt, das sei für ihn so schwer wie für uns mā, má, mǎ, mà.
Schön, und meine Hüfte? Das zeigt er mir dann. Erst was ich mache, das ist falsch. Dann wie es sein soll. Mh, und wo ist der Unterschied? Dann übertreibt er. Jetzt sehe ich, langsam verstehe ich. Ja und wie soll das gehen? Bei mir scheint da kein Platz zu sein für diese gewünschte Drehung. Die Amis schauen fasziniert zu, sie begreifen, was hier noch auf sie zukommen kann. Auf einmal flutscht es, Guan strahlt. Hätte ich nicht vergessen, meinen Kittel anzuziehen, dann hätte er das nie gesehen. Very little movement. Wir einigen uns darauf, dass ich die nächsten Jahre keine neue Form lerne, sondern nur die little movements. Im Taiji, Bagua, Taihe 等等

24.10.2010

Wimmern und Stöhnen

Chuck, ich nenn ihn so, weil er eine gewisse Ähnlichkeit hat mit Chuck Norris, aber bartlos, ist von der Competition übrig geblieben, hat dran teilgenommen und bleibt noch eine Weile, um zu lernen. Ich weiß nicht genau, was er lernen will, am regulären Unterricht nimmt er nur partiell teil, unter anderem mit eben jenem Gerassel, das im keiner unserer Lehrer beigebracht hat, nur Zhong, der alte Haudegen hat ihm heute mal gezeigt, wie das eigentlich geht. Was kann der Kerl eigentlich nicht?
Einer von Chucks Schülern ist auch hier. War schon vorher hier und hat bei den sensibleren Übungen deutliche Wahrnehmungs- und Ausführungsdefizite offenbart. Nun seit Chuck hier ist, machen die beiden bei so einem Killefitt natürlich nicht mit. Kinderkram, Weicheiergongfu, so würde ich Chucks Mimik deuten. Statt dessen geben sich die beiden höchst interessanten homoerotischen Sadomasospielen hin. Der Schüler zum Beispiel sitzt, mit ausgestreckten Beinen, den Oberkörper vorgebeugt, auf dem Boden. Der Meister schmeißt sich von hinten auf ihn, drückt den Oberkörper vor und runter, den Kopf bis auf die Erde. Wenn dann der Scchüler abklopft, also signalisiert, dass das Ende seiner Dehnbarkeit erreicht und der Schmerz unerträglich geworden ist, dann beginnt die Übung erst richtig. Es fehlen eigentlich die Riemen und Schnallen und Peitschen, die Körper sind auch nicht nackt, aber die Positionen, die Geräusche, das Wimmern und Stöhnen, für mich hört sich das nach Sex in der Schwulendisko an.
Weder Chuck noch sein Schüler haben bisher irgendetwas gezeigt, dem ich Respekt zollen möchte. Wir haben hier durchaus einige Jungs rumturnen, die einen echt guten Job machen, denen kein Schweißtropfen zuviel ist udn die auch nach den offiziellen Trainingszeiten an sich arbeiten. Und dann gibt es diese Egotripper, hier wie im echten Leben, und ehrlich gesagt, ich gönn ihnen ihre Schmerzen. Denen kann man den Arsch nicht weit genug aufreissen.

Ruhe

gestern war es wieder aufdringlich im Tempel, außerdem wird das Dach renoviert, deshalb sind wir jetzt im Daoyuan, fern ab aller Touristenströme, trainieren in Ruhe.
Als ich seinerzeit zum ersten Mal nach Stillpoint reiste, gab mir Moni eine Ausgabe der Transatlantik mit. Ich meine, es war Enzensberger, der darin seine erste Reise nach China beschrieb. Das fing schon im Flieger an. Sein Nachbar, Chinese, schlief sofort ein, wie es sich für seine Art gehört. Gab Enzensberger die Armlehne auch nur einen Millimeter frei, rückte der schlafende Ellbogen nach, übte er dagegen leichten Druck aus, zog sich der chinesische Arm gerade genug zurück. Er blieb immer auf Kontakt. So musst du dir das auch im Tempel mit den Touris vorstellen. Sie stehen mit ihren Fotos in breiter Wand vor uns, während wir auf sie zuwandern, gemächlich, im Taiji-Schritt. Erst wenn mein Fuß fast auf ihren tritt, kurz davor, machen sie einen kleine Ausweichbewegung. Nicht mehr als nötig, gerade genug, um noch den feixenden Ehegatten vor unserer Reihe zu knipsen.
Jetzt ist Ruhe davor. So gerne ich im Tempel bin, hier unten kann man sich besser konzentrieren. Weil ich bei der Vorstellung mit meinem Schwert anscheinend nicht den nötigen Glanz auf die Akademie geworfen habe, darf ich es noch etwas verfeinern. Prima. Mach ich doch gerne. Zumal das, was mir Guan gerade zeigt eine völlig andere Form zu sein scheint. Nur die Reihenfolge der Schritte kommt mir etwas bekannt vor.
Ähnlich verhält es sich mit dem, was Guan Shifu dem jungen Letten zeigt. Es ist eine hochdifferenzierte Form des Baguazhang, welches ich im letzten Jahr über fünf Wochen gelernt habe. Der lette scheint das in fünf Tagen erledigen zu wollen. Keine Zeit und Ruhe mehr bei den jungen Leuten. Alles muss schnell gehen. Da lob ich mir doch den älteren Herrn Chinesen, der ebenfalls schon letztes Jahr Baguazhang übte und das jetzt immer noch tut. Beständig und unverdrossen. In der Ruhe liegt die Kraft.
Ganz anders der nette Chuck, der sich in Shiyan während der Kompetischn eine Sammlung Waffen zugelegt hat. Unter anderem einen Speer. Aus Metall. Mit irgendwas rasselndem im Inneren. Damit übt er nun seit Tagen. Radddaratt Ratt, Raddaradaratt Ratt,Radddaratt Ratt, Raddaradaratt Ratt,Radddaratt Ratt, Raddaradaratt Ratt,Radddaratt Ratt, Raddaradaratt Ratt,Radddaratt Ratt, Raddaradaratt Ratt,Radddaratt Ratt, Raddaradaratt Ratt ...

23.10.2010

Umkehr

Heute morgen, im Tempel, ist anscheinend Klassenfahrt der Weiterbildenden Fachoberschule aus Wuhan. Einem der Mädels muss man gestern Extasie in den Tee getan haben oder sie hat zumindest einen Tripple-Esspresso intus. Wir sind, wie berichtet, schon einiges gewöhnt. Sie war die Krönung. Vielleicht bekommt ihr auch der Vollmond nicht, jedenfalls die junge Frau war gänzlich außer sich. Bis man ihr erklärt hatte, dass sie verletzt werden könnte, hampelte sie kreischend zwischen unseren Kicks rum. Nach dem YinYang Prinzip müsste es nun umkippen. Es ist schon ruhiger geworden, aber es könnte noch.
Vom Training zurück, hocken vor meiner Tür eine Gruppe buddhistischer Nonnen. Kahlgeschorene Schädel, graue Kittel, freundliches Lächeln und Beiseiterücken. Ist das der Auftakt der Umkehr?
Heute reist eine Teilnehmerin meiner Gruppe ab. Demgemäß haben wir gestern abend ausgiebig gespiesen. Der kleine Mann hat sich geradezu selbst übertroffen.
Langsam denke auch ich an die Heimkehr, n u r noch eine Woche. Bei meinen ersten Reisen waren wir nur eine Woche hier. Dann mal zwei, später auch drei. Dieses Jahr waren es insgesamt zehn Wochen. Manche befürchten (oder hoffen) ich bleibe irgendwann hier.
Was weiß denn ich.

22.10.2010

Herr Hu, Frau Merkel und das leichte Schwert

Heute waren Hu Jintao und Angela Merkel bei uns zu Gast im Zixiaogong. Deshalb war das Training eine halbe Stunde vorverlegt worden. Die Burschen und Mädel aus der Akademie waren auch raufgekommen, um den hohen Gästen etwas vorzuführen.
Dann meinte Guan, ich solle die kurze 18er Form vorführen. Naja, wenns sein muss hab ich gesagt und mich bereitgestellt. Guan hat noch mal nachgeforscht, ob ich übermäßiges Herzklopfen habe. Nein hatte ich nicht. Warum auch. 18er Form ist einfach und kann ich vorwärts wie rückwärts und wenn es sein musss auch auf links gewendet. Auf dem roten Teppich machten die Jungs den wilden Mann. Dann standen sie alle still und begannen ...
mit der 18er Form. Na hab ich gedacht, dann bin ich ja raus. Die kann ich doch nicht anschließend noch einmal vorführen. Guan war auch etwas perplex, dann entschied er spontan, ich solle die Schwertform laufen, nur ein Stück, ich könne irgendwo aufhören. Die Schwertform, nein also, ehe ich mich versah hatte ich aber schon eine sehr leichte Ausführung von Schwert in der Hand und wurde vorgeschickt. Na dann. (jetzt doch etwas Herzklopfen) Vortreten verneigen. Aus der Nähe sehe ich, es ist nicht Angela Merkel, um so besser. Wahrscheinlich auch nicht Herr Hu. Ich fuchtel eine Weile mit dem Strohhalm in meiner Hand rum, entscheide dann auch schon bald es sei genug und schließe die Form irgendwie ab.
Irgendwer meinte ich sei David Carradine aber ich will nicht in einem Schrank gestorben sein. Könnt ihr mich bitte bald hier raus holen. Es ist zwar wunderschön hier, paradiesisch. Die Sonne scheint wieder und alle Menschen sind nett. Aber ein bisschen komm ich mir hier vor wie in der Klappse.
Bis demnächst, liebe Freunde, wenn ich wieder mal Internetausgang habe.

Was mach ich hier eigentlich

Stimmt, ich habe noch kein Wort darüber verloren, was ich derzeit hier treibe. Während das letzte jahr voll war von zökeln (kreisen) beim Erlernen des Baguazhang, laufe ich jetzt strikt auf einer Linie. Nein, nicht Xingyi, wie der Kenner meinen könnte. Ich erlerne die Taijiquan Sanfeng Shi San Shi (太极拳三丰十三式). Die dreizehnerform des Sanfengpai. Es heißt, dies sei die Ursprungsform des Taijiquan, zumindest jene, die traditionell hier überliefert sei und zurück geführt wird auf Zhang Sanfeng.
Wir waren heute beim Alten oben in der Höhle des Prinzen, der auch als Bienendaoist bekannt ist, und er freute sich riesig, mich wieder zu sehen und drückte uns neben einigem an Gebäck auch scheckkartengroße Bildchen in die Hand. "Zhang Sanfeng, Zhang Sanfeng." klärte er uns auf. Es ist ein pfiffig dreinschauender Kerl in prächtigem Gewand abgebildet. Ganz anders als ich sonst die Bilder und Statuen von Zhang Sanfeng kenne, dem die Erfindung des Taijiquan zugeschrieben wird. In einigen Schriften wird er auch der "schlampige Zhang" genannt, weil er wenig Wert auf sein Äußeres legte.
Tatsächlich hat er den Wudang-Daoismus zu seiner Zeit reformiert, er hat die Bestrebungen der Inneren Alchemie vorangetrieben und die Vereinigung der Drei Schätze - Daoismus, Buddhismus und Konfuzianis - gefördert, wie sie schon vom Lehrer seines Lehrers, von Chen Xiyi, auch als Chen Tuan bekannt, gefordert worden waren.
Ja, ich lerne eben diese Taijiform, dreizehn, weil nicht dreizehn Bilder, wie man das bei den Bezeichnungen der Formen kennt, sondern Acht Armbewegungen und Fünf Schritte. "Ach ja, die ist furchtbar lang", sagen auch alle, was überhaupt nicht stimmt, es kommt einem nur so vor, es dehnt die Zeit enorm, dabei kann man sie locker in sechs bis acht Minuten laufen. Es ist auch hier alles relativ.
Seit gestern bin ich mit der Form durch. Zwei Wochen, täglich zwei Stunden Unterricht und noch eine Stunde zusätzlich eigenes Üben. Der Rest der Zeit ist den Basics gewidmet, den Kicks und dem Taijibu und seit neuestem auch gerne dem "Stehen". Zwanzig Minuten, das ist eine gnädige Zeitspanne.
Also die dreizehner Form läuft ziemlich genau auf einer Linie, da gibt es nur wenig Abweichung von und das geht in die Hüften. In die Hüftgelenke und in die Knie. Da wird man ganz schön demütig bei. Da möchte ich bitteschön recht gesund sein in der Zukunft, was es auch koste. Meint: mehr Training. Noch mehr Training.
Jetzt hab ich hier noch anderthalb Wochen zum Feilen und bitte noch mal übers Baguazhang gucken und bitte auch mein Fuchen wieder zurecht rücken und dann ist sie schon wieder vorbei, die zeitlose Zeit im Märchenland.

18.10.2010

Puertorico

ist ein kleines, unbedeutendes Land in meiner Weltkarte. Gewesen, bis ich hier in Wudangshan letztes Jahr Eduardo kennen lernen durfte. Seitdem erklärt er mir auf Facebook täglich, wie schön, wichtig, gut etc. dieses Land sei. Das grenzt schon an Belästigung. Das weiß er auch. Er belästigt mich gerne. Aber das ist auch alles, was ich über Puertorico weiß.
Heute vormittag verabschiedeten sich die Taiwanesen feierlich, also mit Krach, Feuerwerk und "Musik". Guan Shifu kam mit einem Bündel Winkefähnchen, ich dachte die sind jetzt beim Aufräumen übrig geblieben. Dann erklärte er uns, gleich käme irgendwer Wichtiges. Hohes Tier vom Wushu Verband. Dem sollten wir winken. Ich doch nicht. Konnte mich auch lange davor drücken. Stand immer brav mit meinen beiden Fuchen rum. Es gab chinesische und eine andere Fahne. Nach einer Weile erkannte wer, das sei die puertorikanische. Was machen wir hier mit der puertorikanischen Fahne. Ein Irrtum?
Kurz bevor es richtig langweilig wurde, alle Witze mit den Fähnchen waren schon dreimal gemacht worden und auch schon von jedem, kamen endlich Leute. So Leute eben, mit einfacher Kleidung und billigen Schuhen, aber einem kleinen, unscheinbaren Gesteck am Revers. Keine Chinesen. Alle winkten, ich nicht. Dann kam ein Paar. Er in einer chinesischen Tracht, richtig aufgedonnert, sie eher westlich aufgedonnert. Beide sahen nicht richtig chinesisch aus. Sie stolpern etwas unbeholfen über die hohe Schwelle in den Tempel, es gibt Musik und nach einer Weile habe ich mich auch durchgedrängelt und das ganze sah so ziemlich nach einer Hochzeit aus.
Liebe treue Leser, die ihr bis hierhin durchgehalten habt. Was soll ich euch weiter mit Einzelheiten quälen. Der Präsident der puertorikanischen Wushu Vereinigung heiratete hier. Dem sollte ich mit Fähnchen winken. Noch schnelle ein paar Bilder für Eduardo und dann wieder runter und trainiert. Ich mach doch hier keine Ausbildung zum Grüßkasper.
Bilder, nicht nur von der Hochzeit, gibt es übrigens hier.

17.10.2010

Sonntag

Ob nun ein inhaftierter Bürgerrechtler oder ein seelenloser Ziegelstein den Friedensnobelpreis erhält, ob nun 23 ehemals hohe Parteimitglieder weniger Zensur fordern, das geht den Leuten hier so ziemlich am Allerwertesten vorbei. Man muss das auch mal so sehen und vor allem erleben. Natürlich wird das Auswirkungen haben auf das Leben dieser Menschen hier, aber sie kümmert es nicht. Sie nehmen das Leben so, wie es kommt. Vor 20 Jahren oder vielleicht auch 25 wäre es undenkbar gewesen, dass eine Gruppe Amerikaner hier im Gebirge, im Daoyuan des Zixiaogong, übernachtet, dass diese Leute hier her kommen, um eine Wushu World Competition zu erleben.

Wushu World Competition
Ich war ja dazu angemeldet. Nicht als Teilnehmer im Sinne von"führt vor" sondern um bei der Eröffnung dabei zu sein. Das hab ich aber weggenickt und an S. abgetreten. Alle die dort waren, erzählen erst mal nur vom 5***** Hotel mit all for free, sogar die Drinks und tolles Buffet etc. Aber was war denn nun bei der Kompetischen? Ich hätte einlaufen sollen als Manschaft aus Saudi Arabien. Sach mal, in was für nem Film bin ich denn hier?
Es geht nur darum, dass alle Nationen vertreten sind. Wirklich antreten tun dann hauptsächlich Chinesen. Wenn ich tatsächlich auch vorgeführt hätte, dann wäre mir wohl auch eine Medaille sicher gewesen. Egal, was ich gemacht hätte. Ich wär in dieser Disziplin dann einfach der einzige in der Altersklasse gewesen. Hätte es einen chinesischen Konkurrenten gegeben, wäre der aus Höflichkeit nicht angetreten. Ich kann mir jetzt auch ne Medaille selber schnitzen, das ist doch alles gehoppst wie gesprungen.


Wirklich wichtig
In der Mittagspause bin ich ganz entspannt in meinem schönen neuen Sonntagskittel spazieren gegangen, hab die Ruhe in einem Teegarten genossen. Aus sicherer Entfernung war der Singsang unserer Nonnen mit dem Gezimbel und Gepfeife zu hören. Nach einer Weile zog es mich dann doch Richtung Tempel. Des Menschen Neugier. In aller Ruhe durch den Tempel geschlendert, an drei ruhigen Plätzen meine Form gelaufen, gerade rechtzeitig zum Training wieder im Daoyuan.
Und dann fällt es mir ein, beim Üben, es ist Sonntag, es gab Dao-Lesson und ich habs vergessen. Ich frage mal zu in die Runde, wer denn da war. Niemand anscheinend. Trotzdem entschuldige ich mich bei Guan Shifu, immerhin hab ich das vor anderthalb Jahren selbst angeregt. Guan geht nicht drauf ein, zeigt mir die nächste Bewegung.
Nache einer Weile steht er da und schribbelt seinen Unterbauch im Kreis, hin und her. Jetzt bekomme ich meine ganz persönliche Dao-Lesson. Das bleibt auch meine persönliche Lesson. Nur soviel will ich verraten; mein neu erworbenes Bild, das Xiuzhentu (später mehr darüber) könne ich vergessen. Meine Übersetzung davon auch. Braucht man nicht. Alles falsch, man braucht nur eines, eines richtg. Wie man bei einer großen Tür das Schlüsselloch finden muss und den richtigen Schlüssel.
Wenn man den verloren hat, sucht man am besten unter der Laterne, da ist mehr Licht.

16.10.2010

Das war natürlich ein ereignisreicher Tag. Da gäb es allerhand zu erzählen, aber ich hab keine richtige Lust. Ich könnte wieder über dieses Volk reden, das sich anscheinend nur schreiend unterhalten kann, auch, wenn sie nachts um zwei Uhr zu hunderten durch ein Haus laufen, in dem zehn andere gerne noch schlafen würden.
Auch noch nicht erwähnt habe ich den Coach des japanischen Teams, ein paar Mädels, die wahrscheinlich in der Püppi-Klasse antreten. Nun, der Coach kam an und erregte viel Aufsehen, obwohl die einhellige Meinung dahin ging, dass er nicht viel drauf hat. Naja, Franzosen.
Sind ja auch inzwischen alle abgereist, runter und rüber zur Kompetischen. Sind nur noch wenige hier. Am Nachmittag traf ich im Hof zum Training unser Springbällchen und einen jungen Russen, der fuchtelt mit zwei sehr gefährlich aussehenden Geräten, zu riesigen Schlittschuhkufen gebogene Schwerter rum, Shuanggou genannt(Kuckst du hier)
Und dass auch im Tempel geklaut wird wissen wir jetzt, wenn man eine Brille halbwegs unbeobachtet rumliegen lässt. Nein, diesmal nicht mir passiert.
Also ich hab keine richtige Lust und deshalb schreib ich auch nichts. Schönen Tag noch.

Chinas schwarze Hände

man sollte die übrige Entwicklung nicht vernachlässigen.

Parteiveteranen fordern ein Ende des Zensursystems. Dreiundzwanzig (in Zahlen 23) ehemals hochrangige Funktionäre protestieren in einem Offenen Brief gegen die „Zentrale Abteilung für Propaganda“ und verlangen mehr Pressefreiheit. 500 weitere Unterzeichner haben sich angeschlossen.

Hier erfährt man nicht davon.

9.9.

Heute ist der große Tag. Doppelte Neun nach dem chinesischen Mondkalender. Als Festtag reicht er weit zurück, überliefert aus der Han Dynastie, aber vermutlich noch älter. Die 9 ist die große Yang - Zahl (s. Yi Jing), die doppelte 9 bedeutet deshalb ein zu großes Yang, welches nun übergeht in Yin. Mit dem Tag der Doppelten Neun ist das höchste Yang erreicht. Der Tag wird auch als Ehrentag für die älteren Menschen gefeiert. Man trinkt Chysanthemen- Tee oder Chrysanthemen Wein.
In Wudangshan wird der Tag auch als Datum der Erleuchtung Zhen Wus gefeiert. Im Tempel erhalten alle Pilger kostenlose Speisung, großartige Zeremonien werden abgehalten, Unmengen an Räucherwerk abgebrannt. Der ganze Berg riecht nach diesem Wasauchimmer.
Gleichzeitig eignet sich der Termin hervorragend als Auftakt für die Wushu Worldchampionship, die alle zwei Jahre in Shiyan abgehalten wird.
Heute herrscht das beste Wetter seit unserer Ankunft. Zhen Wu gibt es sich richtig. Sonne, keine einzige Wolke am Himmel, kein Dunst. Der Blick geht weit, wenn man ihn weit schickt. Aber im tempel ist einfach zu viel los, um den Blick in die Weite zu schicken. Bunte Gewänder, magische Handlungen, Gesänge, die ins Mark gehen.
Zwischendrin Mengen von Pilgern und Touristen, Stimmung wie auf dem Jahrmarkt, Prozessionen wie zu Fronleichnam.
Die Jungs und Mädels unserer Akademie geben zur Herzerquickung eines Offiziellen mit Baseballkappe einen Ausschnitt aus dem Expo-Performance-Programm. Schön machen sie das. Ich vermisse unseren Guan Shifu. Dann zeigt Moni ihn mir. Auf dem Display ihrer Kamera. Er hatte im dunklen Daoistenblau mit goldener Schärpe an der Prozession teilgenommen. Ich hatte geglaubt, das seien alles Taiwanesen.
Bei der Speisung im Kloster fand ich nicht gleich die Pappschalenausgabe, aber eine der jungen Nonnen, die ich im Frühjahr am Schwert trainiert hatte, lief mir über den Weg. "Wait for me" lautet ihre Antwort auf meine Frage nach dem Wo und sie bringt uns Porzelanschalen. Nachdem wir uns durch das Buffet gekämpft und einen Platz gefunden haben, kommt sie schon wieder an und stellt uns noch ein paar gefüllte Schalen auf den Tisch. Ja, auch im Kloster ist, gerade bei Massenverpflegung, Beziehung Gold wert. Das Essen war hervorragend. Vegetarisch aber vielseitig. Da könnte unser Hauskoch, der Einfaltspinsel, mal in die Schule gehen.
Gerade kommen die kleinen Mädels aus der Akademie ungeniert in mein Zimmer. Wollen mal gucken was der Waiguoren da macht, was er da für merkwürdige Früchte auf dem Tisch liegen hat (ich weiß auch nicht, was es ist, Lilo hat sie von Cici bekommen) und eine der Mäuse zeigt mir dann, dass sie doch prima als "Qigongkugeln" einzusetzen sind.

14.10.2010

Ursache und Wirkung

Lilo ist weg - ich konnte nicht schnell genug ihren schweren Koffer die zweihundert Stufen hochschleppen, dass sie ja auch fährt. Kaum ist sie weg, wird auch das Wetter wieder besser. Heute, bei unserem Besuch auf dem Tianzhu, öffnete sich der Himmel, als wir auf dem Gipfel ankamen und überschüttete uns mit Sonnenschauern. Ich müsste das eigentlich in ganz kleiner Schrift schreiben, quasi leise, denn sonst fühlt sie sich gleich allmächtig. Wahrscheinlich würde das aber bedeuten Ursache und Wirkung zu verwechseln. Bei einem Wetterhäuschen ist es doch auch nicht so, dass es regnet, weil das Männlein mit dem Schirm raus kommt, sondern das Männlein mit dem Schirm kommt, weil es Regen gibt.

Themenwechsel wegen aktueller Situation vor meiner Tür.
Was bei uns die Türken, das sind hier die Chinesen. Absolut nicht integriert, halten sie an ihren alten, überkommenen Lebensgewohnheiten fest. Dabei ist überall rumrotzen, ob in Bus, Restaurant oder Tempel, das geringste Übel. Ich kann auch darüber hinwegsehen, dass sie sich nicht an Messer und Gabel gewöhnen wollen, sondern auf diesen albernen Stäbchen beharren.
Wie Lilo, die ja nun weg ist, schon vor einigen Tagen berichtet hat, liebt der Chinese Renao. Findet gerade vor meiner Türe statt. Gehört, stehen dort mindestens 12 Chinesinnen, die gleichzeitig irgendwelchen anderen Menschen, die keinen Ton von sich geben, die unterschiedlichsten Geschichten erzählen, sie wegen irgendwas ausschimpfen oder sie von was überzeugen müssen. Nachgesehen sind es nur drei, die gleichzeitig reden und zuhören tut denen auch niemand. Auch nicht gegenseitig. Warum tun die dann so?
So verhalten die sich auch im Tempel. Ehrlich. Heute morgen knieten unweit von mir zweie mit vorgebeugtem, also Demut suggerierendem Oberkörper und beschimpften sich. Mann und Frau. Es drängte sich mir der Verdacht auf, das Ganze war ursprünglich mal als eine Versöhnung angesichts des Höchsten Herrn gedacht und dann ins Gewohnheitsrecht entglitten. Irgendwann war es einer Nonne auch zuviel und sie gebot Ruhe.
Kann die mal bitte herkommen. Jetzt plärren auch noch drei Kinder dazu.
Pilger! Ich sachs dir ...

13.10.2010

gong gong qi che (öffentlicher Busverkehr)

Roxy ist meines Wissens 67 und war im letzten Jar zwei Mal hier in den Bergen. Sie ist ganz verliebt in diese Landschaft, die Energie und schätzt die Übungen sehr. Kurz nach ihrem letzten Aufenthalt hatte sie einen schweren Autounfall. Sie lag einige Wochen im Koma und danach musste sie alles neu lernen: Sprechen, laufen, greifen. All die tausend kleinen Dinge, die wir wie selbstverständlich in unserem Alltag verrichten, waren für sie neu. Die eigene Wohnung war ihr fremd. Sie hat gelernt, geübt, gelernt und geübt. Hat sich selbst mit dem wenigen Qigong, zu dem sie fähig war, unterstützt und konnte nun die Reise mitmachen. Am Trainingsprogramm kann sie sich nur bedingt beteiligen, aber sie ist unermüdlich. Die motorischen Abläufe müssen gelernt werden, weil Teile des Gehirns beschädigt wurden. Das macht sich auch bei geistigen Abläufen bemerkbar. Ausserdem muss sie ein Auge schonen, bei dem ein Muskel verletzt ist, weshalb sie eine Augenklappe trägt. Das heißt, sie sieht nur zweidimensional, sieht aber ziemlich verwegen aus.

Die Treppe runter zum Daoyuan muss von einem Jazzmusiker gebaut worden sein. Keine zwei Stufen sind gleich, flache tiefe Stufen wechseln sich ab mit schmalen hohen. Der Schrittrhythmus entspricht einem Sketch von Pit Glocke oder besser noch: Helge Schneider.
Heute bin ich mit Roxy zusammen die Treppe runter und habe dabei ein Auge zugehalten. Seitdem habe ich ungeheuren Respekt vor ihren täglichen Leistungen. Wenn also ihre Aussetzer auch mal für Heiterkeit sorgen, so sehe ich dabei dennoch, was sie hier schafft.
Heute waren wir zusammen in der Stadt. Wenn man in das Wudanggebiet hinein will, hat man einen Eintritt zu zahlen. Der ist in den letzten jahren mehrfach angehoben worden. Inzwischen kostet das Ticket 210 Yuan, was beim momentanen Wechselkurs ungefähr 23,50 € entspricht. Für einen Euro mehr kann man das Ticket in ein Jahresticket umwandeln. Wenn man sich hier für länger aufhält und auch mal raus, also in die Stadt will, dann sollte man sich das Jahresticket zulegen, was wir auch alle gemacht haben. Fährt man in die Stadt ist darauf zu achten, dieses Ticket dabei zu haben. Heute vor der Abfahrt habe ich deshalb noch mal in die Runde gefragt. ob jeder sein Ticket dabei hat. "Ja."
Noch eine Erklärung. Ich weiß, das ist alles nicht ganz einfach zu verstehen, aber ohne geht es überhaupt nicht. Nun denn. Zum Wiedereintritt in die Wudangatmosphäre kann man den normalen Touristenbus nehmen. Fährt alle Naslang einer und kostet 30 Yuan.
Oder man nimmt den Einheimischenbus, fährt nur alle anderthalb Stunden und kostet nur 10 Yuan.
In der Satdt hatten wir Guan Shifu getroffen, der gerade frisches Gemüse eingekauft hatte. Er gab uns den Tipp, ein Ticket für Einheimische zu kaufen und damit zum Touristenbus zu gehen. Wenn man uns zurückweist, sollten wir uns dumm stellen, nur Englisch reden und einen Aufstand machen. Die Posten hätten dann keine Lust auf Auseinandersetzungen und wir könnten früher fahren, bräuchten nicht auf den späten Bus warten.
Auf jeden Fall braucht man aber sein Einjahresticket, um überhaupt rein zu kommen.
Ich frag Roxy nach dem Ticket und sie hält mir den Tempelausweis hin. Jenes eingeschweisste Ding am blauen Band, mit dem wir uns am Zixiaogong als Schüler der Akademie ausweisen, ohne Namen, ohne Foto. Damit kann man unten am Tor nichts anfangen.
Rein garnichts. Ich mach sie darauf aufmerksam, nein den anderen habe sie nicht, sie hätte gedacht ...
Ich entscheide; kein Versuch sich in den Touribus zu schmuggeln, wir fahren mit dem Einheimischenbus. Den Fahrschein dafür kauf ich ihr mit meinem Jahresticket und wir versuchen die Zeit zu überbrücken mit einem Tee, den wir nirgends bekommen. Wir finden uns wieder auf der runden Bank um den alten Baum, mit gesüsstem Tee in der Flasche, Cola und Wasser, schauen uns die Bilder auf unseren Kameras an und kommen gerade rechtzeitig wieder zur Bushaltestelle. Wir wissen, im Bus wird ebenfalls das Jahresticket geprüft, aber wir sind sicher Roxy so durch zu schleusen. Sie soll mir ihren Fahrschein geben, den zeige ich zusammen mit meinem vor, das wird schon klappen. Statt des Fahrscheins drückt sie mir den Kassenbon aus dem Supermarkt in die Hand. Das hätte eine Gaudi gegeben, wenn sie die Nummer beim Kontrolleur abgezogen hätte. Kurze Suche, dann habe ich ihren Fahrschein in der Hand. Kontrolle, zeige die Zettelchen und meinen Jahresausweis, der Mann will auch Roxys sehen. Ich tippe ihr auf die Schulter und sage, sie soll anfangen zu suchen. Das reicht schon, der Mann winkt ab und wir sind durch.

12.10.2010

Lost my mind

Gleich am ersten Tag in Beijing hab ich mein iPhone verloren, vor ein paar Tagen mein Schwert im Tempel vergessen, weg. Gestern bei Guan Shifu lecker gegessen und meine Tasche mit Portemonnaie und Fotoapparat vergessen. Na gut, die sind wieder da, aber irgendwann, befürchte ich, verliere ich hier noch den Verstand.

Auf der Hinreise habe ich immerhin Sebastian Fitzeks Roman "Splitter" gelesen, in dem auch jemand befürchtet den Verstand zu verlieren. Jemand, der Teilnehmer eines Amnesieexperiments ist. Man sollte die Kraft und Macht des Unbewussten nicht unterschätzen.
Heute, bei meinem morgendlichen Besuch des Tempels, während die Nonnen ihre rhythmisch-monotonen Gesänge in mich hineinzwängten, dein Geist abtöteten, zumindest stilllegten und ich vor der Tür gleichfalls in rhythmisch-monotonen Bewegungen mich zurück zum Ursprung qigongte, da kroch es in mir hoch oder wehte mir mit dem Wind in die ruhige Psyche:

Das ist alles nicht wirklich, das ist alles nur eine perfekte Illusion. Diese Steine, diese Bäume, die Vögel (hier gibt es auch den Aufziehvogel, der seinen Ruf langsam wie eine abgenudelte Spieluhr ausleiern lässt) die Wolken, die Gesänge, das ist alles nicht wirklich, das ist ein Traum, eine Phantasie. Eine überraschend reichhaltige Phantasie, sozusagen sehr phantasievoll. Ich bewundere die Liebe zum Detail. Irgendwann wachst du auf und bist ein völlig anderes Wesen, womöglich eine riesige Kakerlake oder ein Alien, ein Wesen, dessen Aussehen, dessen Form und Gestalt ich mir jetzt, in meinem halluzinierten Zustand nicht vorstellen kann. Es gibt kein Taiji, es gibt kein Qigong, es gibt keine Wudangberge.

Liebe ausgedachten Freunde da draussen im ausgedachten Internet, es gibt euch gar nicht, ich träume euch nur. Oder ich verliere den Verstand.
Wäre das so schlimm?

09.10.2010

ci, zhi, shi, jie, chi, qi, xi ...

Vor gefühlten 350 Jahren, vor einem halben Leben, auf einem Konzert chinesischer Musik im WDR, da musste ich erleben, wie ein junger Mann sich fließend mit einem älteren chinesischen Herrn unterhielt - in Chinesisch. Es könnte also möglich sein. Ich unternehm meinen ersten Versuch, diese Sprache zu erlernen. In einer kleinen Gruppe mit privater Lehrerin, die schon bald den Unterricht mit Fragen begann. Während alle anderen fleißig antworteten, rätselte ich noch, was wohl das erste Wort gemeint haben könnte und wenn das Wort an mich gerichtet wurde, dann stammelte ich nur ein Kopfschütteln zusammen. Mehr war nicht drin.
Vor zweieinhalb Jahren habe ich nun den zweiten Versuch unternommen und auch jetzt ist noch nicht viel mehr drin. Ich kann theoretisch Chinesisch, aber nicht in der Praxis. Zumindest verstehe ich selten, was die Chinesen hier reden und die verstehen mich auch nicht, zumindest nicht dann, wenn ich ihre Muttersprache anwende. Da komme ich hier auf Deutsch beachtlich weiter.
Anders Lilo. Gut, es mag daran liegen, dass sie dem Unterricht schon ein paar Jahre länger folgt. Immerhin bringt sie es fertig, in der Nudelbraterei drei Portionen mit Fleisch und eine ohne zu bestellen und von dort für den Abend per Telefon, wo also alle Pantomime nichts hilft, bei Frau Qu ein paar Flaschen Bier kaltstellen zu lassen.
Den Gipfel ihrer Sprachkunst erreichte sie am heutigen Abend, als sich uns auf dem Heimweg ein Mann anschloss, dem hörbar ein paar Zähne fehlten oder/und eine Hasenscharte vorhanden war.
Die in der Überschrift angelegten Silben werden alle als mehr oder weniger stimmhafter Zischlaut ausgesprochen (das ist jetzt sehr laienhaft formuliert), mal mit der Zunge vorne, mal hinten im Mundraum. (kann man sich hier mal anhören) Wie sich das anhört mit Zähnen zu wenig oder Hasenscharte zuviel, kann sich jeder auslautmalen. Dennoch schaffte es Lilo, so etwas wie eine Unterhaltung mit diesem Weggefährten zu führen. Wenn auch allen aktiv und passiv Beteiligten ein Sinn verborgen blieb. Tapferes kleines Teufelchen.

08.10.2010

Nachtaktive

Wir sind im Daoyuan, dem Daoistenhof. Ehemals eine Herberge für die Pilger und Gäste des Zixiaogong, sind nun auch die Gaststudenten der Wushuakademie hier und im "Policehotel" untergebracht. Aber auch weiterhin ist ein halbes Stockwerk für Pilger reserviert. Lilo berichtete bereits über deren Unterkünfte.
Ich habe so meine Vorstellungen über den gemeinen Pilger. Zunächst vermute ich eine gewisse Frömmigkeit, was sonst sollte ihn auf Pilgerschaft schicken. Ich erwarte hier keine Jakobswegwanderer. Ansonsten wähne ich vom Pilger Tagesaktivitäten. Beten, Niederwerfen, Räucherwerk und Knallfrösche abfackeln, das verrichtet er tagsüber, wenn die Tempel geöffnet sind. Was aber macht er nächtens. Du meinst, er würde schlafen. Was aber radaut da draußen rum? Schwatzt, kichert, schluft, rotzt, hustet bis auch ich es nicht mehr im Bett aushalte, im festen Glauben, es müsse doch kurz vor Aufstehen sein. Wenn vom Geräuschpegel her eine halbe Busladung Menschen im Stockfinstern vor meiner Tür und über meinem Kopf trampelt und trippelt, was soll ich sonst annehmen. als dass sie sich bereit machen für die Morgenandacht. Aber die Andacht ist fern.
Nachdem ich mir einen Tee bereitet habe um den Spinnwebwald der letzten Schlafgedanken aus meinem Hirn zu wischen, beruhigt es sich langsam in meiner Umgebung. Jetzt, anderthalb Stunden später, um zwanzig nach fünf, sind nur noch wenige Geräusche zu vernehmen. Die vermutlich von jenen, die tatsächlich sich herrichten zum frühen Tempelbesuch.
Was aber haben die anderen gemacht, die um vier Uhr einfielen? Gibt es doch Übungen im Geheimen, von denen wir ausgeschlossen sind? Wir, die Fremden, die Laowais, unwürdig tiefere Weihen zu empfangen, die wir abgespeist werden mit Schritten und Sprüngen. Ein wenig körperliche Übung schadet nicht, hat man sich wohl gedacht, und wenn es kompliziert genug ist, dann werden sie auch nicht neugierig sein, werden müde in ihren Betten liegen und nichts mitbekommen von den Vorbereitungen auf die Unsterblichkeit, Erleuchtung oder was auch immer. Woher kamen sie, mitten in der Nacht?

Du musst den Wurm scharf machen, nicht das Blatt.

ihr habt da in Deutschland wohl auch einen schönen Herbst, wir hier in Wudangshan eher einen sehr schönen Spätsommer. Grund genug, in der Freizeit etwas Schatten zu suchen. Ausflug ins Tal des sorglosen Lebens. Ich hatte ja damit geendet gestern, dass wir dort waren. Ja es ist sicher kein sorgloses Leben, was die Makaken dort teilweise führen. Man hat, um eine Touristenattraktion zu schaffen, die in den Bergen wild lebenden Affen mit Futter ins Tal gelockt und einige gefangen und dressiert. Die anderen, ganze Sippen, leben frei, die dressierten sind arme Säue, wenn man das so sagen darf, zumindest so arm wie die Säue, die gestern in der Stadt auf einem Fahrrad transportiert wurden. Sah verdächtig nach ihrem letzten Ausflug aus. 
Also die Affen werden natürlich auch von den Touristen gefüttert und das  klingt schon nach sorglosem Leben, aber, naja, ich könnt mich jetzt prima auf Karma rausreden, wenn wir hier Buddhisten wären. Sind wir aber nicht, wir haben mit dem Konzept einer Wiedergeburt, Karma, das man so mit sich rum trägt durch alle Inkarnationen etc. nichts am Hut. Daoistisch geht es um ein gutes Leben im Hier und Jetzt. Darum liegt am Bachlauf als gutes Beispiel der Herr Zhuangzi wie Goethe in Italien, überlebensgroß und aus Blech. 
hat man die ersten zweihunderfuffzig Meter hinter sich gebracht, dann braucht man auch nicht zu befürchten, weiterhin noch Chinesen zu treffen. Falls doch, dann sind die in Ordnung. Aber der normale Tourist traut sich nicht so weit vor. Es kommt dann auch nur noch Natur. Wasser, Grüns und Felsen. Schön, sehr schön. Meine Damen kamen aus dem Fotografieren nicht mehr raus. Dabei fiel dann auch mal der zur Überschrift auserkorene Satz.
Ich hatte mir das erst mal so gedacht, dass wir gegen mittag wieder aus dem Tal rauskommen, in einer mir bekannten Kaschemme zu Mittag gespiesen wird und ich dann die Damen in den Taizipo (Tempel) schicke und selber noch mal runter fahre in die Stadt, um bei meiner Lieblingsschneiderin den fünfhundertachtzigsten Übekittel in Auftrag zu geben. Lilo wollte dann auch noch in die Stadt, was die übrigen Damen zu meinem Erstaunen ebenfalls dem Taizipo vorzogen. Aber in einer Stadt kann man einkaufen, in einem Tempel weniger.
Wir waren dann erst mal essen in dem dreckigen Loch, was Lilo am Vortag entdeckt hatte. Es war sehr lecker. Handgezogene Nudeln mit Rindfleisch und Gemüse. Allein der Nudelherstellung zuzusehen war ein mehrfaches des Essenspreises wert.
Dann waren wir bei der Schneiderin. Die Mädels haben sich, was die Anzahl der persönlichen Übekittel angeht, auf die Überholspur begeben. Lilo entdeckte noch einen Wintermantel, so innen gesteppt mit Baumwollflies gefüttert und außen wollen wir nicht wissen was das ist, aber sehr elegant geschnitten. Einfach, aber das ist ja elegant, mit gerader Knopfleiste, diese Stoffknotenknöpfe und seitlich hoch geschlitzt, in vornehm hanseatischen dunkelblau. 
Aber dann sind wir doch noch schnell in den Supermarkt, wegen Putzmittel, Espresso in Dosen und vielleicht noch was Süßem. Es gibt sonen Joghurt mit roten Datteln, Red Dates (rote Verabredungen), da könnte man einen Import mit aufbauen und steinreich werden, wenn man das wollte.
Wir waren schon ansatzweise auf dem Weg zum letzten Bus, als es Lilo noch mal rumriss und sie dann doch noch mal des Mantels wegen zur Schneiderin musste. Wenn er für ihr Gepäck zu viel ist (und er wird garantiert für ihr Gepäck zu viel sein, nachdem was sie schon in Shanghai gehortet hat, hab ich versprochen, den Mantel nach Deutschland zu schleppen. 






07.10.2010

Angekommen

noch nicht so richtig, denn die drei vorinstallierten Proxys tun's
nicht, weshalb ich den Post per Email schicken muss. Deshalb ist
eventuell die Schritt verändert ud eure Kommentare kann ich nicht lesen.
Jedenfalls passt das zum Beginn der Reise. Nachdem der Sitzmonitor
nicht fähig war, ein Programm zur Auswahl zu stellen - ich
unterbreche mal den nachdem Satz - damit war ich nicht der einzige,
aber andere konnten ungehindert Filme mit Jackie Shan, unbekannten
chinesischen Wushu Stars oder auch Alice im Wunderland sehen - jetzt
geht der nachdem Satz weiter - und sich das Klebeband von der
Notausgangsanzeige löste, da lehnte ich mich dann doch etwas weiter
aus dem Fenster und betrachtete den Zustand des Fliegers etwas
genauer. Letztlich hat er uns doch fast pünktlich und unbeschadet
nach Beijing (Peking) gebracht. Von dort haben wir uns per Taxi zur
Innenstadt bringen lassen, um den Kaiserpalast zu besichtigen. Keine
gute Idee während der goldenen Woche. Zumindest hatten tausende
andere die gleich nicht gute Idee. Wir begnügten uns mit dem Kauf
einer Flasche Wasser pro Person und fuhren weiter Richtung
Westbahnhof. Verabredet war treffen vorm Eingang, angut, amn kann es
sich denken, es gibt mehrere Eingänge und mein Versuch, die anderen
Beiden Mitglieder unserer kleinen Gruppe zu kontaktieren scheiterte
mit der Feststellung, mein iPhone im Taxi verloren zu haben. Womit
die Überlegung, ob ich mir nun zur Vertragsverlängerung ein neues
leiste, sich auch erleddigt hat. Ach, das Leben ist so einfach und so
schön.
Wir entschieden, die beiden seien groß und sie hatten ihre
Zugtickets, spätestens im Abteil würden wir sie wieder treffen.
Deshalb erst mal was für den Bauch - Nudelsuppe - und ein lockerer
Spaziergang durch die Umgebung des Pekinger Westbahnhofs. Durch
kleine Gassen voller kleiner Garagenläden mit Obst, Gemüse,
Sportschuhen und vom Lastwagen gefallener Markenkleidung. Voller
Lebendigkeit und einer vollen Blase. Nicht nur bei mir, weshalb wir
beschlossen, möglichst bald in einem Restaurant oder Hotel, nach dem
Örtchen zu fragen. Ich schwenkte schon sehr bedrückt in ein
Restaurant und entschied mich dagegen, obwohl augenscheinlich die
Chancen gut standen. Fünfzig Meter weiter bot sich ein Hotel an und
ich entschied, dort hinein zu gehen. Drinnen schnurstracks Richtung
Coffebar, weil ich dort oder im Anschluss Toiletten vermutete, aber
wir fanden nur unsere beiden Verschollenen, die aber den Weg zum
Cesuo wussten.
Also mal wieder alles richtig gemacht, im Zug gut geschlafen und
morgens um halb sieben pünktlich in Shiyan eingelaufen. (Das
Geheimnis der Pünktlichkeit chinesischer Züge besteht in einer
großzügigen Kalkulation ihrer Fahrzeiten und bis zu zehnminütigem
Aufenthalt auf den Bahnhöfen. Wenns sein muss auch langsames
Eintrudeln im Bahnhof, aber so schafft man immer eine Punktlandung.
Das ist doch viel klüger als zu behaupten, man könne die Strecke in
14 Stunden schaffen und hat dann nach 15 Stunden maulende Fahrgäste.)
Coco erwartete uns schon am Bahnhof und mit einem geräumigen Bus
gings nach Laoyin zum Frühstück, anschließender Einkauf von
Reinigungsmitteln, Kaffeepulver und Süßigkeiten, dann endlich rauf
auf den Berg.
Die Begrüßungen durch die Meisters ist nicht mehr so freudig
überrascht wie in früheren Jahren sondern eher in Richtung "Ach da
bist du ja wieder, wie war's denn in Deutschland", was ich als
weitaus intimer auffasse. Zhong brachte in Erwartung meiner
schlechten Chinesischkenntnisse auch nur ein freundlich geknurrtes
"Yürgen" durch die Kehle, Guan begrüßte ich mit zusammengeknoteten
Fäusten und einer leichten Verneigung, er war ja in der Arbeit.
Überraschter war ich dagegen, Lynne anzutreffen, mit der ich vor
anderthalb Jahren den Pulp Fiction Twist getanzt hatte.
Tja Leute, dann hab ich mit meiner Reisegruppe noch ein paar
Besichtigungen vorgenommen, gestern Nanyan, danach war ich endgültig
fertig und hab nur noch geschlafen und heute das Tal des sorglosen
Lebens (Ja Lilo ich weiß, die angeketteten Affen sehen das nicht so)
und noch mal Stadt weil, ach das wollt ihr doch nicht so genau wissen.

28.09.2010

Der erste Trainingstag

Gestärkt von einem lecker Frühstück bestehend aus einer Tasse Pulverkaffee und ein paar Keksen – nach der chinesischen Variante von geschmacksfreier Reispampe steht mir noch nicht ganz so der Sinn – klettere ich hoch zum Tempel. Coco hat mich mit einem Schülerausweis zum Umhängen ausstaffiert, den glücklicherweise niemand sehen will. Ich lasse das alberne Ding sofort verschwinden und schwöre mir, es erst bei meiner Abreise wieder in die Hand zu nehmen. Ich bin angenehm überrascht, dass ich tatsächlich meinen Kopf problemlos bewegen kann. Bei meiner abendlichen Zimmerinspektion (ja, es war wirklich sauber) habe ich ein Kopfkissen vorgefunden, stramm gefüllt mit Kieseln oder Ähnlichem. Ein erstaunliches Schlaferlebnis. Hatte fest mit Genickstarre gerechnet, aber nichts dergleichen. Wenn sich das bewährt, wird das heimische Daunenkissen rausgefeuert. Kieselsteinchen haben wir auch im Gonsbachtal.

Oben im Tempelhof sind schon die ersten Schüler am Warmlaufen. Guan sieht mich und läuft mir strahlend entgegen, umarmt mich sogar entgegen chinesischer Gepflogenheiten. Welche Ehre. Wie schön, wieder daheim zu sein. Nach dem Warmlaufen geht es an die Kicks, ich werde in die erste Reihe gestellt – als wäre ich nie fort gewesen. Ich merke schon, dass ich im Sommer nur sehr wenig trainieren konnte, Spagat geht nicht mehr ganz so geschmeidig, allerdings stehe ich doch noch ganz gut im Saft, wenn ich mir so den Zustand meiner Gruppe anschaue. Ich hatte mich kurz mit einer Chinesischen Kanadierin unterhalten, die in einer Schule in Kanada trainiert. Wohl noch nicht sehr lange, nach dem, was man sieht. Nett ist sie jedenfalls, so wie die meisten, mit denen ich nach kurzer Zeit ins Gespräch komme. Nach dem Training mache ich erstmal Großeinkauf bei Frau Qu, sie entschuldigt sich noch einmal, dass sie mir nicht beim Tragen geholfen hat, hätte aber ihre Tochter angerufen, dann aber gesehen, dass ich abgeholt werde, also alles gut. Die treue Seele. Dafür stehen bei ihr wieder ein paar Anschaffungen an; die Schuhe, die ich hier gelassen habe, sind völlig verschimmelt, ich fürchte, gegen den Daoyuan war das Policehotel ein Trockenraum. Aber egal, es regnet ja nicht. Noch nicht.

Ich plaudere mit Frau Qu, da sehe ich einen Blinden, geführt von einer jungen Frau. Den Mann kenne ich, er hat mich vor ein paar Jahren einmal massiert. Und das hat er sehr gut gemacht. Ich spreche ihn an und bitte ihn um seine Telefonnummer. Wenn wir uns mit ein paar Leuten zusammentun, lohnt es sich für ihn, den weiten Weg in die Berge zu machen und an dem Preis von 100 RMB für eine Stunde kann man dann bestimmt auch noch was machen...

Aus meinem wohlverdienten Mittagsschläfen werde ich von einem sehr vertrauten, wenn auch nicht gerade geliebten Geräusch geweckt: Regentropfen, die an mein Fenster klopfen...ach, es wäre ja auch zu schön gewesen. Training findet also im Daoyuan statt, wenigstens habe ich es da nicht weit. Wir stehen alle in den überdachten Gängen zum Hof und Guan läuft uns herum. Mich schickt er raus in den Regen, weil meine Schwertform mehr Platz braucht und er will alles genau sehen. Sehr genau. Ich sehe seinen gottergebenen Augenaufschlag sehr wohl. Was ich lernen will – etwas Neues? (ja, das „etwa“ höre ich sehr wohl) Schüchtern frage ich, ob der Meister mir vielleicht, wenn es ihm nichts ausmacht, nachdem ich alle Korrekturen umgesetzt habe, die zweite Xuangongform....na gut, aber erst eine Woche Korrekturen. War ja klar...

Und da bin ich wieder!

Der Bus hat mich pünktlich von Wuhan zum heiligen Berg gebracht, Coco, die Verwaltungs-Fee, hat versprochen, mich am Eingang im Tal abzuholen. Es ist noch keiner da, ich habe keine Lust zu warten und stapfe schonmal zum Touristenzentrum, um mir ein neues Jahres-Ticket zu besorgen. Plötzlich schreit es über die Gass: „Lilooo!“ - Frau Qu, die Frau für alle Fälle, die einen kleinen Stand mit unglaublichem Vorrat am Zixiaogong-Tempel unterhält, kommt mir freudestrahlend entgegen. Wir stammeln (gut, i c h stammele) herzliche Grußworte, sie ist gerade auf dem Weg zur Stadt, um ihr geheimes Lager aufzufüllen. Gut so, ich bin ja jetzt wieder da, eine ihrer treuesten Kundinnen. Mitleidig schaut sie auf mein Gepäck, sie tritt von einem Fuß auf den anderen, weiß nicht was tun – bevor sie auf die Idee kommt, mir zu helfen, sage ich ihr, ich muss nun schnell weiter mein Ticket kaufen und wir sehen uns ja oben auf dem Berg. Erleichtert verabschiedet sie sich und ich wappne mich für den Kampf um das Ticket. Das Jahresticket kostet nur 10 RMB mehr als das normale, das mittlerweile den stolzen Preis von 210 RMB hat. Für den normalverdienenden Chinesen ein wirklich hoher Preis, erstaunlich, dass ihn sich dennoch so viele Leute leisten. Daran kann man den Stellenwert dieses heiligen Berges ablesen, den in China wirklich jeder kennt.
Um das Jahresticket zu erwerben, muss ich meinen Pass erst vorlegen. Könnte ja sonst jeder kommen und schließlich ist Wudang Shan ein Weltkulturerbe, da ist man schon recht genau mit der Prüfung wer hier rein darf und wer nicht. Die Damen bekichern mein Passfoto und versichern mir, dass ich doch sehr gewonnen habe – ich gebe das Kompliment zurück und behaupte, dass das nur die Zauberberge von Wudang sind, die mich jung und knackig halten.

Ich verlasse das Touristenzentrum und laufe direkt Herrn Li von der Akademie in die Arme, begleitet von Coco. Mein Gepäck wird in die Limousine gewuchtet und los geht’s in die Berge. Nun lasse ich mich von Coco erstmal abdaten und erfahre, dass Tatjana, genannt Mama, zu meinem ganz großen Bedauern wieder zurück nach Litauen gefahren ist. Dafür sind Niko und Simon noch da, darüber freue ich mich sehr und Herr Li ist vor 2 Wochen stolzer Papa einer Tochter geworden. Da gratuliere ich doch ganz herzlich und hoffe schwer, dass der Oster weiß, was er zu tun hat, wenn er diese Zeilen liest!

Coco erzählt mir noch eine ganze Menge, allerdings rauscht vieles an mir vorbei, der Jetlag und die hektischen Tage in Shanghai und Wuhan fordern nun doch langsam ihren Tribut. Ich filtere jedoch heraus, dass sie mich tatsächlich im Daoyuan untergebracht hat, und zwar in einem der renovierten Zimmer. Toll. Und dass sie persönlich Anweisung gegeben hat, das Zimmer besonders gründlich zu reinigen. Aha.

Wir kommen pünktlich zum Abendessen an und ich werde erstmal dem neuen Küchenpersonal vorgestellt. Ich bedauere, dass kaum noch jemand da ist, den ich kenne. Ich frage mich schon manchmal, warum die Fluktuation hier so hoch ist. Aber das werde ich wohl nie erfahren. Jedenfalls ist der neue Chef de Cuisine aus Szechuan und das lässt natürlich hoffen. Ich liebe diese Küche sehr, sie ist bekannt für ihre scharfe Würze. Coco gibt mir noch den Tipp, mir mal „Tantanmian“ kochen zu lassen. Ich bin gespannt.

27.09.2010

Neues Spiel

jetzt geht es bald wieder los hier auf dem Wudang-blog. Lilo ist schon dort und wir erwarten begierig Meldung, kommt aber nix. Wird schon. Ab dem 6. Oktober bin ich auch wieder in Wudangshan, Ab dann kracht's hier aber.

23.09.2010

Gedanken

"Das, was den Himmel in mir ausmacht ist De (德), die Kraft, das was die Erde in mir ausmacht ist Qi(氣). Wenn die Kraft fließt und sich das Qi sammelt, dann existiert Leben. Deshalb heißt es Jing, Feinststoffe, woraus sich das Leben bildet. Wenn sich die beiden Feinststoffe (von Himmel und Erde, Yang und Yin) gegenseitig festhalten, dann nennt man das Geist.
Das, was dem Kommen und Gehen des Geistes folgt, nennt man Geistseele.
Das, was ebenfalls feinststofflich ist und (am Körper) ein- und austritt, nennt man die Körper-Seele.
Das, womit die Substanz (Körper) verwaltet wird, ist das Herz. Das Herz verfügt über "Reflexion/ Erinnerung“, diese nennt man Gedanken.
Dort wo die Ideen zur Existenz kommen und verweilen, das nennt man den Willen.
Dem Willen zu folgen und das Verweilen zu verändern, das nennt man Denken.
Den Gedanken folgen (bis hin zu) weit entfernten Wünschen, das nennt man Nachdenken.
Dem Nachdenken folgen und daraufhin die Dinge anwenden, das nennt man Wissen.“

Aus dem Huang Di Neijing Lingshu (Fragen und Antworten des Gelben Kaisers zum Inneren)
Das Zeichen "de" 德 kann man mit Tugend oder Kraft übersetzen.

21.09.2010

Bagua Symbolik 1








Die fünf heiligen Gipfel:
Tai Shan im Osten 泰山, Heng Shan 衡山 im Süden, Song Shan 嵩山 in der Mitte (hier nicht symbolisiert) Hua Shan im Westen 华山 und Heng Shan 恒山 im Norden. Allerdings kann ich die Symbole nicht zuordnen.
Wudangshan zählt nicht zu den fünf heiligen Bergen sondern belegt eine Sonderstellung. Es ist der heiligste der heiligen Berge.
In der Mitte, statt dem Song Shan, finden wir die neun Paläste, die den Acht Trigrammen und dem Zentrum entsprechen. Die Acht Trigramme sind hier anscheinend dargestellt in der Ordnung des Späten Himmels (oder wie ich es lieber ausdrücke: 'Nach dem zutage treten', was der Welt der Erscheinungen entspricht). Demnach müsste die Achse, welche durch das Zentrum verläuft, die Verbindung von Feuer und Wasser herstellen. Allerdings verwirren mich die Linien, das muss ich zugeben, weil sie nicht dem Mofang (magisches Quadrat) entsprechen.
Dazu später noch ein Beitrag.

über falsche Scham

schäm dich nicht 

zu leuchten und
zu lieben


Schäm dich nicht

kraftvoll zu wirken

zum wohle anderer

und deiner selbst.

schäm dich nicht

besonnen zu reden und

zu handeln.

schäm dich nicht
von ganzem herzen
du selbst zu sein

Schäm dich -

wenn du's unterlässt.


Überarbeitete Version einer "Spur" aus Kirche&Co.de

10.09.2010

de Galloni's Rosarium

de Galloni's Rosarium from pilpop on Vimeo.



"Im Spiegel sah ich unter tausend Dingen mit Blüten beladene Rosenbüsche, die in einem besonderen Teil des Gartens standen und von einer kleinen Hecke umgeben waren. Da erfasste mich ein solcher Drang, dorthin zu gehen, wo ich die Mengen Rosen sah, dass ich nicht um Pavia oder Paris mich hätte enthalten können."

Guillaume de Lorris, Der Rosenroman

02.09.2010

Wo ist dein Herz jetzt,

fragt sie und er denkt nach. Noch nie hatte er sich gefragt, wo sein Herz sich befindet, es schlägt in der Brust. Aber wo fühlt es sich? Er sucht, in die Weite, nach einem Ort, wo er das Herz finden kann. Wo hat es sich niedergelassen, wo ist sein Platz? Weil er es in der Weite nicht verorten kann, sucht er in der Tiefe. Nach einer Weile findet er ein Gefühl, wie eine sanfte Wolke, in die sich sein Herz gebettet hat. Und er sagt:" Es ist in Frieden, mein Herz." Und er meint es so.

Dharma

Wenn du dein Dharma* nicht respektierst, dann besteht die Gefahr, dass die Sterne am Himmel sich verirren. (aus: Ulzhan- Das vergessene Licht**)

*Dharma; im Buddhismus das vom Buddha erkannte und verkündete Daseinsgesetz die Lehre von den Vier Edlen Wahrheiten. Hier aber als die hinduistische Ethik gemeint. Hindus sehen die Beachtung des Dharmas nicht nur als Voraussetzung für soziales Wohlergehen, sondern auch für eine gute persönliche Entwicklung. Von der Erfüllung des Dharmas hängt für sie das Karma ab, das die aus den Taten des Individuums entstandenen Resultate beinhaltet (Ursache und Wirkung)
Quelle

**ein Film von Volker Schlöndorff aus dem Jahr 2007

20.08.2010

Xinxinming 22

轉急轉遲  執之失度  心入邪路 

wer eilen will, wird anhalten
wer festhalten will, wird maßlos
dessen Herz betritt den heillosen Weg



Wir sprechen hier über Meditation, dass muss noch einmal erinnert werden. In der Stille der Versenkung gibt es keine Hast, dort ist Ruhe. Für den Anfänger ist das aber durchaus anders. Da juckt der Fuß, schmerzt der Rücken, schläft das Bein ein. Da kommen die merkwürdigsten Gedanken in den Kopf, womöglich dringend zu erledigende Angelegenheiten. Nein, da ist nichts von Ruhe. Will man nun diesen Zustand möglichst schnell verlassen, möchte man endlich in die versprochene Ruhe eintreten, dann wird da erst recht nichts draus. Wenn du völlig angespannt da hockst auf deinem Kissen, die Augen zusammengekniffen, dann wird alles mögliche los sein, alle Dämonen werden um dich herum tanzen. Von wegen Meditation.
Wenn der Geist erst einmal an einem haftet, dann findet er auch das nächste. Unermüdlich schaufelt er Bilder und Ideen in dein Herz, bestürmt dich mit den wildesten Spekulationen und Versuchungen.
Wir kennen in der chinesischen Medizin die Krankheit verursachenden Kräfte. Diese sind klimatische Einflüsse oder von außen kommende Gifte, aber das schlimmste sind die Einflüsterungen des Geistes, die Hass und Neid, widerwillen, Gier oder Ängste hervorbringen.
Wenn du dich denen hingibst, dann ist dein Leben verloren, ganz gleich, ob du dabei auf einem Meditationskissen sitzt oder an einer Bar.


转1急2转3迟4  执5之6失7度8  心9入10邪11路12 

1转  zhuǎn:  wenden, sich verwandeln, sich verändern; überbringen, weitergeben
2急 Ji: es eilig haben; dringend; dringlich; geschwind; hastig; gereizt, böse
3转  zhuǎn:  wenden, sich verwandeln, sich verändern; überbringen, weitergeben
4迟  chì:  spät, langsam
5执  zhí:  Bescheinigug, Bestätigung, Quittung; auf etw. bestehen, an etw. festhalten; ausführen, durchführen; etw. halten, etw. greifen, etw. packen; fangen, fassen, festnehmen; in der Hand halten; innehaben, habhaben, ausüben
6之  zhī:  dieser,
7失 shī: verlieren, vermissen, ausfallen, scheitern; fehlen, fehlschlagen;
8度  dù: Maß, Grad (Maßwort für Winkel und Temperatur), vorübergehen, passieren,
9心  xīn:  Radikal Nr. 61 = Herz
10入  rù:  hinein, herein; Radikal Nr. 11 = eintreten, betreten,
11邪  xié: dämonisch, böse, ungesunder, Krankheit verursachender Einfluss (Chin. Medizin)
12 路 lù: Straße, Weg, Pfad

18.08.2010

Sport aus Hygiene ist etwas Abscheuliches.

Ich muß zugeben, daß ich die These, Körperkultur sei die Voraussetzung geistigen Schaffens, nicht für sehr glücklich halte. Es gibt wirklich, allen Turnlehrern zum Trotz, eine beachtliche Anzahl von Geistesprodukten, die von kränklichen oder zumindest körperlich stark verwahrlosten Leuten hervorgebracht wurden, von betrüblich anzuschauenden menschlichen Wracks, die gerade aus dem Kampf mit einem widerstrebenden Körper einen ganzen Haufen Gesundheit in Form von Musik, Philosophie oder Literatur gewonnen haben. Freilich wäre der größte Teil der kulturellen Produktion der letzten Jahrzehnte durch einfaches Turnen und zweckmäßige Bewegung im Freien mit großer Leichtigkeit zu verhindern gewesen, zugegeben. Ich halte sehr viel von Sport, aber wenn ein Mann, lediglich um seiner durch geistige Faulheit untergrabene Gesundheit auf die Beine zu helfen, "Sport" treibt, so hat dies ebensowenig mit eigentlichem Sport zu tun, als es mit Kunst zu tun hat, wenn ein junger Mensch, um mit seinem Privatschmerz fertig zu werden, ein Gedicht über treulose Mädchen verfaßt. [. . .] Ich kann Ihnen eine kleine private Erfahrung mitteilen.
Vor einiger Zeit habe ich mir einen Punchingball gekauft. [. . .] Ich habe nun gemerkt, daß ich immer, wenn ich (nach meiner Ansicht) gut gearbeitet habe (übrigens auch nach Lektüre von Kritiken), diesem Punchingball einige launige Stöße versetze, während ich in Zeiten der Faulheit und des körperlichen Verfalls gar nicht daran denke, mich durch anständiges Training zu bessern. Sport aus Hygiene ist etwas Abscheuliches. Ich weiß, daß der Dichter Hannes Küpper, dessen Arbeiten wirklich so anständig sind, daß sie niemand druckt, Rennfahrer ist und daß George Grosz, gegen den ja auch keine Klagen vorliegen, boxt, aber sie tun dies, wie ich genau weiß, weil es ihnen Spaß macht, und sie würden es auch tun, wenn es sie körperlich ruinieren würde. (Etwas anderes ist es natürlich mit ungeistigen Arbeitern, wie etwa Schauspielern, die körperliches Training nötig haben, da ihre falsche Auffassung vom Theaterspielen sie zu ungeheuren Kraftleistungen zwingt.)
Ich selbst hoffe meinen körperlichen Verfall auf mindestens noch 60 Jahre auszudehnen.
Bertolt Brecht, 1926

11.08.2010

Yijing, Laozi und die anderen

Richard Wilhelm, der protestantische Geistliche, dachte in Bezug auf das Höchste, nicht das Erhabene.

Loreley

Vor 30 Jahren, im August 1980, fand auf der Loreley im Turner und Jugendheim des Deutschen Sportbundes, ein großes Taijiquan Seminar mit Gia Fu Feng statt. Ich hatte den kleinen Chinesen im Jahr davor bei den Internationalen Tanztagen in Köln kennen gelernt und anschließend ein Seminar mit ihm in Margarethenried bei München auf einem sogenannten Sanyassinhof der Baghwan Anhänger besucht. Um sicher zu gehen, weiter mit ihm arbeiten zu können, hatte ich gleich angeboten, eine Veranstaltung zu organisieren.
Ich war darin völlig unerfahren, aber erfolgreich. Es fanden sich über 60 Teilnehmer ein. Als Rahmenprogramm gab es afrikanisches Trommeln mit Rolf Exler, natürliche Heilverfahren mit Willi Trienen, der soweit ich weiß inzwischen zum tibetischen Lama wurde, und einige Stunden Kalligrafie mit einer Japanerin, deren Namen ich nicht erinnere, und Shiatsu. Nach mühsamen Verhandlungen konnte ich durchsetzen, eine eigene Küchenleiterin mitzubringen, die dem vorhandenen Personal die makrobiotische Küche näher brachte.
Mit diesem Seminar begann eine kurze Tradition von drei weiteren Jahren Seminaraktivitäten mit Gia Fu Feng. 1985 gründete ich meine erste Schule in Köln. Kurz danach verstarb Gia Fu.
Er war als Mensch mein wichtigster Lehrer.

24.07.2010

Xinxinming 21

大道體寬  無易無難  小見狐疑 


der große Weg (die wahre Lehre) ist breit,
weder leicht noch schwer,
in kleinlicher Betrachtung wachsen die Zweifel.



Wir haben uns schon lange nicht mehr mit dem Meister beschäftigt. Es gab da einiges zu verdauen. Nun, er hat ja recht. Der große Weg ist breit, hat für alle Platz. Schon Laozi hat uns Ähnliches gesagt. Aber die Menschen lieben es, auf Umwegen und Abwegen zu wandeln. Sie lieben die Schwierigkeiten in ihrem Leben, denn warum sonst gehen sie nicht den breiten Weg, folgen sie nicht dem Dao? Dem Dao folgen erfordert keine besondere Fähigkeit. Nicht, dass es leicht wäre, leichtsinnig ihm zu folgen. Es ist auch nicht schwer. Keine besondere Anstrengung nötig. Lass einfach los, gib deine kleinlichen Abwägungen, deine Zweifel auf. Lass los. Jesus hat schon gesagt, wie natürlich alles sein kann, wie einfach, in dem er auf die Vögel des Himmels, die Lilien auf dem Felde hingewiesen hat. Das ist die wahre Lehre, es ist die wahre Natur des Seins. Wie kann man daran nur Zweifeln.



大道1体宽2  无3易4无 难5  小6见7狐疑8 


1大道  dàdào:  Hauptstraße; der große Weg: die wahre Lehre
2体宽  tǐkuān: ein breiter Körper, Breite
3无  wú:  Nichts; es hat nicht; fehlen, un-; keiner,keine; nein,nicht, ohne
4易  yì:  leicht verändern; verändern; einfach; wechseln, wandeln
5难  nán:  schwer, schwierig; Nan
6小 Xiao: klein
7见  jiàn: sehen, betrachten
7狐疑  húyí:  Zweifel hegen

13.06.2010

Neigong, die »Innere Geschicklichkeit« des Taijiquan, birgt kein Geheimnis

Von Sun Jianguo
Auszüge aus WenWu Zeitschrift 1.2010 ·· S.15 ff

Im Laufe meiner Tätigkeit als Taiji-Lehrer habe ich immer wieder bemerkt, dass fortgeschrittene Schüler, die auch ihre gesundheitliche Konstitution verbessern konnten, trotzdem unzufrieden sind, weil sie den Verdacht hegen, nicht über Neigong, die „Innere Geschicklichkeit“, zu verfügen. Außerdem gibt es in Europa wie in China Menschen, die trotz jahrelanger Übung wesentliche Punkte des Taijiquan noch nicht erfasst haben. Sie sind der Meinung, dass nicht so sehr die äußeren, also die körperlichen Bewegungen, sondern allein innere Geschicklichkeit und Technik von Bedeutung seien. Dabei ist ihnen nicht klar – oder sie vernachlässigen diesen Aspekt –, dass es sich im Taijiquan um eine Kunst handelt, in der man sein Inneres und Äußeres gleichermaßen kultiviert. Dieses Missverständnis kann zum einen daher rühren, dass es ihnen an Wissen über Neigong fehlt. Ein anderer Grund ist darin zu suchen, dass es Leute gibt, die das Neigong des Taijiquan in abwegiger Weise mystifizieren und in einen Schleier des Geheimnisvollen hüllen. Auf Grundlage meiner langjährigen Übungs- und Unterrichtspraxis und des von unseren Vorfahren überlieferten wertvollen Erfahrungsschatzes, will ich versuchen, einiges darzulegen, was die Übungsmethoden des Neigong im Taijiquan betrifft.
Sucht man eine Definition des Neigong im Taijiquan, so könnte diese lauten: Die Übungen zur inneren Geschicklichkeit des Taijiquan sind ein Trainingssystem, in dem man schwerpunktmäßig an der inneren Verfassung des Geistes, der Atemtechnik und den inneren Kräften arbeitet. Dabei spielen hauptsächlich vier Fähigkeiten eine Rolle: die innere Stille (nei jing), die innere Bewegung (nei dong), das innere Qi (nei qi) und die innere Kraft (nei jin).

1. Innere Stille
Die innere Stille (nei jing) ist der beim Taiji- Training erforderliche Geisteszustand, in dem Herz und Geist friedlich und still werden, die Aufmerksamkeit konzentriert ist und sich Heiterkeit und Zufriedenheit einstellen. Von alters her haben chinesische Philosophen die Stille als ein wichtiges Prinzip in der Kultivierung des Dao und in der Pflege des Lebens betrachtet. Sie waren der Auffassung, dass „alles Gute in der Stille wurzelt“, dass „die Erlangung des großen Dao ganz auf der Stille beruht“. Dies spiegelt sich auch in Spruchweisheiten wie: „Den Weg zum Glück des langen Lebens findet, wer ihn in Klarheit und Stille ergründet.“ (Yang shou zhi dao, qing jing mingliao).
Wie also lässt sich nun die innere Stille verwirklichen? Zuerst soll man das Herz auf Eines ausrichten und keine störenden Gedanken entstehen lassen. Man begebe sich in einen Zustand, in dem man „sieht, ohne zu sehen, und hört, ohne zu hören“, und lasse sich ganz und gar auf die Übung ein. Zum zweiten soll der Geist gelöst, also weder angespannt noch nachlässig oder achtlos sein. Und drittens gilt es, im ganzen Körper Anspannung und Druck von Muskeln, Knochen und Gelenken zu nehmen.
Um in den Zustand der Ruhe zu gelangen und gute Bedingungen dafür zu schaffen, dass das Qi und das Blut und damit auch die Kraft ungehindert durch den ganzen Körper fließen können, soll man Kopf und Nacken aufrecht halten, die Schultern und Ellbogen nach unten sinken lassen, die Brust leicht zurück nehmen und den Rücken entspannen, den Unterbauch schwer und die Hüfte locker werden lassen und den Körper aufrecht und zentriert halten.
(...)

„Von alters her haben chinesische Philosophen die Stille als ein wichtiges Prinzip in der Kultivierung des Dao und in der Pflege des Lebens betrachtet.“


2. Innere Bewegung
Mit der inneren Stille als Grundlage verwendet das Taijiquan eine besondere Methode der Bewegung: Man bewegt sich entspannt und geschmeidig, langsam und gleichmäßig und in einem ununterbrochenen Fluss. Das bewirkt, dass die Qi-Kanäle, Blutgefäße und Leitbahnen sich öffnen und im ganzen Körper durchgängig
werden. Dies ist ein wesentliches Merkmal der inneren Bewegung (nei dong). Darüber hinaus ist es bei der Ausübung des Taijiquan von großer Bedeutung, dass „sich zuerst die Vorstellungskraft bewegt und der Körper ihr nachfolgt“ (yi dong xing sui). Es muss also gelingen, dass die Bewegungen erst im Herzen, d.h. im Geist, und dann im Körper stattfinden (xian zai xin, hou zai shen). Diese „Bewegung durch die Vorstellungskraft“ ist das zweite Merkmal der inneren Bewegung. Wenn etwa die Hände nach vorne schieben und drücken (tui an), braucht man erst eine Vorstellung davon, nach vorn zu schieben und zu drücken, und unmittelbar darauf bewegen sich die Hände der Vorstellung folgend nach vorn. Ob man nun in der Ausübung der Kampfkunst gerade Angriffs- oder Verteidigungsbewegungen ausführt, vorwärts oder rückwärts geht, ob Leere und Fülle
einander abwechseln oder Härte und Weichheit sich gegenseitig hervorbringen: Von Anfang bis Ende sollen die äußeren Körper bewegungen von einer „inneren Bewegung“ des Bewusstseins bzw. der Intention angeleitet sein. Das also ist die Methode, mit dem Bewusst sein die Bewegung zu dirigieren. Nur so kann das Nervensystem in seinen Koordinations- und Reaktionsfunktionen und in seiner ganzen Geschicklichkeit auf intensive Weise trainiert und verbessert werden.

weiterlesen

12.06.2010

Xinxinming 20

齊含萬像  不見精麁  寧有偏黨

die zehntausend Dinge umfassend
ist es weder fein noch grob
warum sollte man sich auf eine Seite schlagen
.



Wieder, oder noch immer und immer wieder, das Eine, nur das Eine. Nicht unterscheiden und nicht Partei nehmen. Sehen wir das Eine, das Ganze, das Allumfassende, in dem alles enthalten ist, natürlich, wie kann man da eines verwerfen und ein anderes wählen. Aber wir lieben schöne Dinge und verabscheuen Hässliches. Dabei sind die Begriffe relativ. Es gibt nicht das objektiv Schöne, nicht das Gute, nicht das Wertvolle. Wir legen es fest, jeder für sich. Es ist der unaufhörliche Konflikt zwischen dem Subjekt und dem Objekt. Die Dinge sind die Dinge, die Ereignisse sind die Ereignisse.

Die Erscheinungen des Lebens sind weder falsch noch sind sie richtig. Sie kommen und vergehen, schneller als wir uns für oder gegen sie entscheiden können. Ist es daher falsch, zu beurteilen? Könnten wir das sagen, wäre es schon wieder ein Urteil. Darum sagte Meister Feng Giafu: "Urteile nicht! Aber wenn du urteilst, dann urteile."



齐1含2万象3  不4见5精6粗7  宁8有9偏10党11


1 齐  qí:  Qi-Reich [ während der Zhou-Dynastie 11.Jh-256 v. Chr. ]; gemeinsam, gleichzeitig, zusammen; gleich hoch sein, auf einer Ebene mit etw. stehen; gleich in gleicher Weise, gleichermaßen; ordentlich, gleichmäßig, in Reih und Glied; Radikal Nr. 210 = gleich, ordnen, gleichmäßig; vollständig, alle, ausnahmslos; Qí
2 含  hán:  aufhalten, halten; beinhalten, umfassen; lutschen; inbegriffen
3 万象  wànxiàng:  Vientiane (Hauptstadt von Laos); alle Naturerscheinungen
4 不  bù:  nein; nicht
5 见  jiàn:  sehen, erblicken, treffen
6 精  jīng:  Feinstes, tüchtig; ausgezeichnet, exzellent, hervorragend; Kraft, Energie
7 粗  cū:  unfertig; derb, roh; ungehobelt
8 宁  níng:  Frieden (auch benutzt als ein Terminus des Vergleichens)
9 有  yǒu:  existieren; haben; es gibt
10 偏  piān:  sich zu einer Seite neigen; geneigt, schräg; parteiisch, voreingenommen, tendenziös; Pian
11 党  dǎng:  Partei

09.06.2010

Nachrichten aus der Goldgrube Juni 2010

Meine Tochter sollte eine kurze Definition von Kunst abgeben. Als wenn sich nicht schon Generationen von Künstlern, Kunsthistorikern, Kritikern und Laien daran versucht hätten. Genauso fällt es mir immer noch schwer, jemandem, der Taijiquan etc. nicht kennt, zu erklären, was ich da eigentlich mache. Die Methoden der daoistischen Selbstkultivierung, ganz gleich mit welchem Schwerpunkt man sie betreibt, werden definiert dadurch, dass man sie ausübt, nicht, indem man darüber redet. Hält man sich daran, dann gibt es doch sehr viel dazu zu sagen. Je tiefer du in die Materie eindringst, desto weiter wird das Feld der Zusammenhänge. Irgendwann musst du dich entscheiden, in welche Richtung du weiter gehen willst. Unsere Künste bieten dir die Möglichkeiten der Konzentration auf die kämpferischen Aspekte, die der Gesundheit, der Meditation, Philosophie und innerer Alchemie. Ganz gleich, was du zu deinem Mittelpunkt machst, du entfernst dich dabei nie von den anderen Positionen. Wenn es auch ein weites Feld ist, so liegt doch alles beieinander.
Für mich haben die letzten Aufenthalten auf dem Wudangshan auch wieder einige Perspektiven verändert. Teilweise waren es nur ein paar kleine Informationen, die letztlich ein Bild abgrundet haben. Meistens geh ich mit mehr Fragen weg, als ich bei meiner Ankunft hatte.

Ich wünsche euch allen eine schöne Zeit, bleibt gesund und vergesst nicht zu üben

Euer Yürgen Oster

In diesem Brief

• Reiseberichte
• Museum Hombroich
• Zurückkehren zum Ursprung
• Sommerakademie
• Neue Ausbildungen
• Buchtipp
• Zum Schluss


Reiseberichte

wie immer, haben Lilo und ich unsere Erlebnisse in Wudangshan fleißig in den Blog geschrieben. und begeisterte Resonanzen erhalten.
Ältere Berichte könnt ihr auch bequem als Buch lesen oder verschenken. Direkt erhältlich über die Bibliothek der dao-akademie:
Das Buch scheint ein Renner zu werden. Warum, versteh ich auch nicht.


Museum Insel Hombroich

Anfang der 80er Jahre kaufte der Makler Heinrich Müller in der Nähe von Neuss am Niederrhein eine kleine Insel in dem Flüsschen Erft. Damit legte er den Grundstein für eines der faszinierensten Museen der Gegenwart. Eingebettet in eine renaturierte Auenlandschaft beherbergen die begehbaren Skulpturen des Bildhauers Erwin Heerich eine ungewöhnliche Sammlung klassischer Moderne und ethnischer Kunst. Heinrich Müller praktizierte auch Taijiquan und war, wie ich, ein enger Schüler des daoistischen Meisters Gia Fu Feng.
Durch diese Verbindung ist es mir möglich, dort, in dieser ungewöhnlichen Umgebung, Taijiquan und Qigong zu unterrichten.
Die nächsten Termine sind am 12. und 13. Juni.
Der Preis pro Tag beträgt 60 Euro, incl. ein kleiner Mittagsimbiss.

Anmeldung per mail oder Telefon 06131 6226 910

Das Seminar habe ich inzwischen mangels ausreichender Anmeldungen abgesagt und den geplanten Termin im Herbst auch anderweitig vergeben. Geht jetzt eine Epoche zu Ende?



Zurückkehren zum Ursprung

Das erste, was ich in Wudangshan lernte, war das Qigong "Zurückkehren zum Ursprung" Xian Tian Hun Yuan Gong.
Es ist ein sehr ruhiges, esoterisches Qigong, dessen tiefe Wirkung ich sehr schätze. Entgegen meiner ersten Erwartungen unterrichte ich dieses Qigong nur gelegentlich. Es gibt ein Seminar am 26./27. Juni in Münster (wobei ich nicht weiß, ob da noch Plätze frei sind) und ich unterrichte es im Rahmen der Sommerakademie in den Wochen 19. - 23. Juli und 26. - 30. Juli
Das Buch dazu findest du ebenfalls in der Bibliothek der dao-akademie.



Sommerakademie

bestimmt schon im sechsten Jahr biete ich die Seminare im Mainzer Rosengarten an. Mit vollem Erfolg. So auch wieder in diesem Jahr mit einem umfangreichen Programm. Dieses Jahr sind in allen Wochen auch vormittags Seminare, so dass sich eine weitere Anreise lohnt. Möglichkeiten zur Übernachtung habe ich inzwischen auch auf der Karte eingetragen: http://moonroot.2ya.com
das komplette Programm kannst du als pdf Datei laden.



Neue Ausbildungen der dao-akademie

Die zweite Qigong-Ausbildung ist abgeschlossen, die dritte hat das erste Jahr hinter sich, ebenso wie die zweite Taijiquan Ausbildung. Die Ausbildungen zum Kursleiter entsprechen den Leitlinien des DDQT. Sie gehen teilweise sogar darüber hinaus. Deswegen dauern sie länger als einige andere Angebote und sind mitunter auch teurer, dafür aber von entsprechender Qualität. Im Herbst und Winter beginnen wieder neue Ausbildungen. Alle Informationen dazu sind auf der Seite der dao-akademie abrufbar.



Buchtipp

Der geheime Meister vom Drachentor
Das Buch von Chen Kaiguo und Zheng Shunchao, zuerst bei Heyne erschienen, wurde jetzt von Lotus Press neu aufgelegt. Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der 1961 als zwölfjähriger von daoistischen Magiern aus der Familie geholt wird und inmitten der Wirren jener katastrophalen Kulturrevolution ausgebildet wird zu einem der größten Schamanen, Heiler und Magier Chinas.
Im Klappentext heißtes, die Geschichte sei aufgeschrieben von zwei seiner engsten Schüler, aufgeschrieben wie ein Roman. Ich will es gleich sagen; ich halte das Buch auch für einen Roman. Sorgfältig wurde alles zusammengetragen, was man über daoistische Künste, Rituale und magische Praktiken in der umfangreichen Literatur finden kann. Insofern ist es ein wertvolles Buch, es erspart manch anderes. Sicherlich sehr unterhaltsam und teilweise lehrreich, sollte man jedoch nicht alles für bare Münze nehmen, was darin zu finden ist.
In der Bibliothek der dao-akademie.
Inzwischen habe ich einen dezenten Tipp bekommen. Es gibt vom Verlag Lotus Press ein Blog, in dem auch ein Gespräch zwischen dem Verleger Joachim Stuhlmacher und einer Schülerin des geheimen Meisters zu sehen ist. Sollte ich mich da getäuscht haben? Oder geht die Täuschung noch darüber hinaus?

Zum Schluss

die Gruppe "Improv Everywhere" macht den Alltag zur Bühne:

23.05.2010

Vortrag (Dao-Lesson 3)

wegen meines Magengrummelns am Vortag aber auch zugegeben, wegen des Scheißwetters war ich am Freitag vormittags in meinem Zimmer geblieben und hab meinem Körper die nötige Ruhe gegönnt. Am Nachmittag sind wir dann in die Dao-Lesson. Was ich nicht verstanden hatte, wir hatten wegen des Regens schon am Vormittag Dao-Lesson, am Nachmittag bekam die Gruppe der amerikanischen Kurzzeitgäste Unterweisung. Weil die aber nicht schon in den vorigen Stunden waren, hatte sich der Meister dazu ein neues Thema ausgesucht. Nicht das es schlecht gewesen wäre, im Gegenteil, aber die Fortsetzung über die Meditation des Neijingtu war schon morgens gelaufen.
Diesmal ging es wohl eher so um Erleuchtung im Allgemeinen, wie man das hinkriegt und was dem im Weg steht.
Scheinbar nichts leichter als das. Darum hier kurz zusammengefasst, sozusagen zum Mitschreiben.
Zunächst die Struktur des Bewusstseins. Die Ebene der Sinne hat für jede Sinnesfunktion ein Bewusstsein, also eines für Sehen, eines für Hören etc.
Als nächstes kommt dann der Aspekt des Bewusstseins, der die 5 Sinneswahrnehmungen aufnimmt und verarbeitet, was Meister Hu mit dem Bewusstsein der Gedanken bezeichnet. Dies fließt alles zusammen in der Person bzw. dem Ego, jenem Anteil, der sich als eigenständige Identität wahrnimmt. Das alles worde wieder nach der Baummetapher dargestellt, das Ego ist dann der Stamm und nun fehlt uns noch die Wurzel, er nennt es "Kapazität" oder auch Unbewusstes.
Weil die Sinne am Außen haften, dazu sind sie ja auch mal gemacht, hängt auch das Bewusstsein ständig am Äußeren. Dir Sinneswahrnehmung erschafft den Herzgeist, ohne Sinneswahrnehmung existiert auxch kein Herzgeist.
Daneben stellte er noch kurz das Buddhistische Modell vor:
1) Materielle Existenz
2) Gedankenwelt
3) Mentale Funktionen
4) Elemente, die nicht mit dem Geist verbunden scheinen (Raum, Zeit, Geburt, Tod etc.)
5) Leere, unkonditionierte Elemente, jenseits von Ursache und Wirkung

Wir wissen, dass alles in dieser Welt aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt ist, ganz gleich welches Modell wir heranziehen, auch in der Wissenschaft, suchwen wir immer weiter, finden die Atome, die sich aus wieder kleineren Teilen zusammensetzen, finden die Quarks, schwarze Materie und verlieren den Verstand.

Wie man den Geist erleuchtet

Was wir für das Selbst halten ist eine Komposition von Elementen, welche sich in einem vorübergehenden Zustand befinden. Die vorangegangenen Ursachen bewirken die Komposition. Zwischen Geburt und Tod besteht ebenso die Komposition des Ego. Auch das ist nur ein vorübergehender Zustand. Wo war das Ego vor der Geburt? Wir wissen es nicht. Wo ist das Ego nach dem Tod? Wir wissen es nicht.
Demnach wieder mal das Ego.
Dann liest er Zhuangzis Schmetterlingsgleichnis vor.

Wärend wir nun dabei stehenbleiben, dass es keine klare Aussage geben kann über das was ist, obwohl es doch eine Unterscheidung gibt - da ist Zhuangzi, da ist der Schmetterling - fragt uns Hu weiter und weiter. Ich denk schon,der kriegt die Kurve nicht, da ist Zhuangzi, da ist der Schmetterling, da gibt es eine Unterscheidung, wieder und wieder. Endlich rückt er damit raus. Was haben Traum und Wachzustand gemeinsam? Bewusstsein. Wir haben im Traum und im Wachzustand ein Bewusttsein und Zhuangzi will uns erzählen, dass dieses ganze Bewusstsein nur ein Traum ist.
Erleuchtung ist das Erwachen aaus diesem Traum. Wir sind nur ein Tropfen, den die Wellen vom großen Ozean gelöst haben, kurz davor, wieder in den Ozean zurück zu fallen, aber wir fürchten uns vor dem Ozean.

Damit möchte ich mich für dieses Mal verabschieden. Auch wenn ich erst am Mittwoch fahre. Ab morgen begeben wir uns in eine tiefe Meditation, ohne Computer, ohne Internet. Wir werden ganz bei uns bleiben, die Sinne nicht nach außen richten.
Bis demnächst.